Frage an Karin Jöns von Jörg M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Jöns,
Ich organisiere Skigruppenreisen ins Ausland nach Italien. Um unseren Gästen eine Rundumbetreuung zu bieten nehmen wir Übungsleiter mit die ihre Ausbildung beim Deutschen Skiverband absolviert haben. Wir unterrichten also unser eigenen Gäste selbst. Bei den Übungsleitern gibt es ein sogenannte Oberstufe der Instrucktor der international anerkannt ist. Dann gibt es eine unterstufer der Basic Instrucktor der nicht international anerkannt ist. Immer wieder kommt es vor das uns die Italienische Polizei auf der Skipiste anhält um unsere Ausweise zu sehen weil wir angeblich nicht unterrichten dürfen. Ist es nicht so das ich die freie Wahl des Arbeitsplatzes in Europa habe? Ich glaube die Polizei ist sich selbst nicht sicher und spricht immer nur Verwarnungen aus. Hat uns aber schon eine Geldstrafe angedroht. Ist es nicht korrekt das wenn ich in meinem Land eine Ausbildung gemacht habe und unterrichten darf, das ich diese gleiche Tätigkeit auch im europäischem Ausland betreiben darf ,egal ob ich Unter oder Oberstufe habe?
Ich wäre Ihnen sehr verbunden wenn Sie mir diese Frage beantworten könnten.
MFG
Jörg Mankowski
Sehr geehrter Herr Mankowski,
entschuldigen Sie bitte vielmals, dass ich Ihnen erst jetzt auf Ihre Anfrage antworte. Leider ist durch ein technisches Versehen, die schon lange an Sie verfasste Antwort, schlicht nicht abgeschickt worden, was ich erst jetzt zu meinem großen Bedauern feststelle, wo mich eine ähnliche Anfrage wieder erreicht. Ich bitte nochmals höflich um Entschuldigung.
Es ist natürlich vollkommen richtig, wenn Sie schreiben, dass in der EU die freie Wahl des Arbeitsplatzes gilt. Dass die EU-Bürger und Bürgerinnen überall in der EU eine Beschäftigung aufnehmen, sich niederlassen oder eine Dienstleistung anbieten können, ist ein ganz wesentlicher Grundsatz des Gemeinschaftsrechtes. Dennoch unterliegt dieser Grundsatz des freien Personenverkehrs auf der einen Seite natürlich gewissen Spielregeln, um EU-weit hohe Standards - wie beispielsweise das Angebot von qualitativ hochwertigen Dienstleistungen - sicherzustellen, die sowohl Verbraucher/innen, als auch Arbeitnehmer/innen schützen sollen. Auf der anderen Seite lassen es sich die einzelnen Mitgliedstaaten, soweit es Ihnen möglich ist, oft nicht nehmen, auf bestimmte nationale Sonderwege zu pochen.
So verhält es sich auch bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen, um die es ja in Ihrem Fall geht. Gemäß der Richtlinie über "die Anerkennung von Berufsqualifikationen" (2005/36/EG) dürfen zwar EU-Bürger/innen unter der Berufsbezeichnung ihres Heimatlandes in einem anderen EU-Mitgliedstaat arbeiten, ohne zuvor ihre Berufsqualifikationen anerkennen lassen zu müssen. Die EU-Mitgliedstaaten können aber von dieser Regelung abweichen, wenn sie dies aus "Gründen des Allgemeininteresses" rechtfertigen können. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es sich um einen Beruf handelt, der mit einem besonderen Risiko verbunden ist und die öffentliche Gesundheit und Sicherheit betrifft (s. unten aufgeführter Link zur Richtlinie 2005/36/EG, Artikel 5 und Artikel 7).
Um nun zu Ihrem speziellen Fall zu kommen: Der Beruf des Skilehrers ist in Italien, wie auch in Deutschland und Österreich, ein so genannter "reglementierter Beruf", d.h. er fällt nach Artikel 11 Buchstabe c unter die genannte Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (s. unten aufgeführter Link). Italien hat aber, wie u.a. auch Deutschland und Österreich, für Skilehrer eine Ausnahme zu dieser Richtlinie beantragt, da es sich bei dem Beruf des Skilehrers eben um einen Beruf handelt, der mit einem besonderen Risiko verbunden ist, insbesondere hinsichtlich des Gesundheitsschutzes und der Unfallverhütung. Die Europäische Kommission hat diesem Ausnahmeantrag stattgegeben (s. unten aufgeführter Link).
Demnach muss sich Italien leider nicht an das Gebot der "automatischen" Anerkennung halten, sondern ist berechtigt, von ausländischen Skilehrern/innen, die in Italien unterrichten wollen, einen Eignungstest zu verlangen. So könne man sich am besten vergewissern, dass der Antragsteller die Tätigkeit technisch beherrscht und ggfs. zur Organisation von Rettungsmaßnahmen fähig ist.
Damit Ihnen die italienische Polizei künftig keine Schwierigkeiten mehr machen kann, ist es am besten, wenn Sie und Ihre Skilehrer/innen sich bei der zuständigen örtlichen Behörde zuvor schriftlich melden (siehe Artikel 7 der Richtlinie).
Wenn Sie beispielsweise Skigruppenreisen nach Südtirol anbieten, finden Sie unter folgendem Link der Skischule Südtirol, die nötige Kontaktadresse und Formulare, um sich bei der örtlichen Behörde in Südtirol zu melden: http://www.suedtiroler-skischule.it/start.php?page=infos_ausland_20&lang=DE
Für alle weiteren Reiseziele in Italien, möchte ich Sie bitten, sich direkt an die zentrale italienische Kontaktstelle zu wenden, die Ihnen sicherlich weiterhelfen wird und wo man übrigens auch Englisch spricht:
Ms. Lucia Monaco
Presidenza del Consiglio dei Ministri
Dipartimento Politiche Comunitarie - Ufficio Mercato Interno e Competitività
Piazza Nicosia, 20
I-00186 Roma
Tel: +39 06 67795322; Fax: +39 06 67795064
Email: lu.monaco@palazzochigi.it
Web: http://www.politichecomunitarie.it
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Jöns
Nützliche Links:
- Richtlinie über "die Anerkennung von Berufsqualifikationen" (2005/36/EG): http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:255:0022:0142:DE:PDF
- Seite der Europäischen Kommission, die alle reglementierten Berufe auflistet: http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/regprof/index.cfm?fuseaction=profession.regProfs&profId=8009&mode=desc&cId=0&quid=2
- Von der Europäischen Kommission genehmige Ausnahmeregelung für Italien: http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/general-system_otherprof_ski_instructors_de.htm