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Frage von Gerd S. •

Frage an Karin Jöns von Gerd S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Jöns,

bei vielen Berufsfeuerwehrleuten in Deutschland geht die Angst um. Nach Äußerungen des Bundesarbeitsministers strebt Deutschland eine Anhebung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 65 Std/Wo für Feuerwehrleute und Klinikärzte an. (Quelle: http://feuerwehr.verdi.de/themen/arbeitszeitrichtlinie/eu-kommission/defaultView?rnd=2737834.08117 )
(Quelle: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Pressestelle http://www.sozialticker.com/scholz-erste-amtshandlung-arbeitnehmerschutz-verhindern_20071208.html )

Die Richtlinie wird in Deutschland von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausgelegt. Mal sind 24 Std Schichten möglich und mal nicht, mal nur 12 (Hamburg) mal 52 (Berlin).
Die sozialen Interessen der Berufsfeuerwehrleute werden parteiunabhängig mit Füßen getreten. Der Beitrag zur Inneren Sicherheit in unserem Land, den die Berufsfeuerwehrleute erbringen wird offensichtlich nicht wahrgenommen.

Nun zu meinen eigentlichen Fragen:
a.) Halten Sie es für möglich, dass die Europ. Arbeitszeitrichtlinie auf 65 Std/Wo angehoben wird?
b.) Sind 24 Std Schichten gem. Richtlinie verboten?
c.) Was halten Sie davon , dass Hamburger Berufsfeuerwehrleute bis zu 72 Std/Wo Dienst leisten könnten, nur um alle 3 Wochen ein Wochenende frei zu bekommen?

Hochachtungsvoll
Gerd Schröder

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schröder,

gerne antworte ich Ihnen auf Ihre Anfrage zur Arbeitszeit in Bezug auf die Berufsfeuerwehrleute.

a.) Auf die Frage, ob die Wochenarbeitszeit für Arbeitnehmer/innen in der EU durch die Revision der europäischen Arbeitszeitrichtlinie auf 65 Stunden pro Woche angehoben wird kann ich Ihnen zum derzeitigen Stand der Beratungen mitteilen, dass das Europäische Parlament im Mai 2005 in erster Lesung beschlossen hat grundsätzlich an einer Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche im Jahresdurchschnitt festzuhalten.

Darüber hinaus hat das Parlament beschlossen, die bestehende "opt-out"-Regelung abzuschaffen, wonach es zur Zeit jedem Mitgliedstaat möglich ist, Arbeitnehmer/innen, sofern sie sich hierzu schriftlich bereit erklärt haben, länger als 48 Stunden die Woche arbeiten zu lassen. Das hat in Großbritannien, das auf diese Regelung bestanden hatte, leider sogar dazu geführt, dass dort sogar mehr als 1% der Beschäftigten über 70 Stunden die Woche arbeitet, was für uns als Parlament völlig inakzeptabel ist.

Das heißt also, die jetzige Regelung, wonach schon heute mit individueller Zustimmung mehr als 65 Stunden gearbeitet werden kann, soll nach dem Willen des Europäischen Parlaments nicht eingeführt sondern abgeschafft werden.

Das jedoch will der Ministerrat nicht. Die nationalen Regierungen wollen an der oben genannten "opt-out"-Möglichkeit festhalten, d.h. an der Möglichkeit einer Überschreitung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche. Zum Schutz der Arbeitnehmer/innen soll allerdings die Überschreitung auf durchschnittlich 60 Stunden pro Woche beschränkt werden und der Bezugszeitraum statt 12 Monate nur 6 Monate betragen. Dadurch würde es in der Tat den Arbeitgebern erschwert werden auch in Zukunft ihre Arbeitnehmer/innen derart auszubeuten, bzw. Neueinstellungen zu umschiffen. Im Übrigen soll eine einmal gegebene Zustimmung nicht länger als ein Jahr gültig sein und nicht in den ersten vier Wochen eingefordert werden dürfen.
Im Ministerrat herrscht aber Einstimmigkeit und von daher steht es zur Zeit noch völlig in den Sternen, wann mit einer Neuregelung zu rechnen ist und wie ein Vermittlungsverfahren zwischen Parlament und Rat ausgehen wird.

b.) Was die 24-Stunden-Schichten angeht, so sind diese in der Tat zunächst einmal verboten. Leider aber sind nach geltender Arbeitszeitrichtlinie Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen, zu denen auch die Feuerwehr zählt, möglich, es sei denn nationale gesetzliche Regelungen oder Tarifverträge schreiben etwas anderes vor. D.h. die Europäische Union regelt im Gesetzgebungsverfahren zwischen Europäischem Parlament und Ministerrat nur Mindeststandards. Bessere Regelungen sind jedem Mitgliedstaat unbenommen.

Der Parlamentsbeschluss zur Novellierung der Arbeitszeitrichtlinie vom Mai 2005 sieht in der Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes vor, dass Bereitschaftsdienst grundsätzlich als Arbeitszeit zu gelten hat. Eine Trennung des Bereitschaftsdienstes, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, in eine aktive und eine inaktive Bereitschaftszeit, hat das Europäische Parlament abgelehnt. Wohl aber sieht der Beschluss des Europäischen Parlaments die Möglichkeit vor, durch Tarifverträge spezifische Regelungen zu treffen. Auch hier wird noch weiter hart mit dem Ministerrat verhandelt werden müssen, in dem zudem das Prinzip der Einstimmigkeit gilt.

c.) Für mich sind 72-Std/Wo Dienste, um alle 3 Wochen ein freies Wochenende frei zu haben, völlig inakzeptabel. Hier sind aber nicht zuletzt die Tarifpartner gefordert, dringend Abhilfe zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen,

Karin Jöns