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Karamba Diaby
SPD
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Frage von Isolde S. •

Frage an Karamba Diaby von Isolde S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Diaby,

werden Sie sich zum morgigen SPD-Parteikonvent persönlich gegen CETA in der aktuellen Fassung aussprechen? Sind Ihnen die Bedenken der zahlreichen CETA- und TTIP-Gegner in der großen perspektivischen Tragweite bereits bewusst? Können Sie bitte Ihre persönlichen Entscheidungsgrundlagen zu diesem wichtigen Zukunftsthema erläutern?

Nachdem ich gestern erfahren habe, dass quasi nur doch die SPD, und somit auch Sie persönlich, auf dem morgigen SPD-Parteikonvent die reale Möglichkeit der Einflussnahme auf das derzeitige CETA-Abkommen haben, bitte ich Sie und Ihre Parteikollegen hiermit dringend, den derzeitige CETA-Vertrag in seiner aktuellen Fassung zu verhindern. Das CETA-Abkommen wirkt nicht nur aus meiner Sicht übereilt. CETA ist mit den circa 1600 Seiten für den Normalbürger sachlich nur sehr schwer konkret bewertbar - es sind jedoch mehrere juristische Gutachten im Internet zugänglich, die vor dem großen Risiko nennenswerter demokratischer, sozialer und umweltpolitischer Verschlechterungen der bisherigen europäischen und mehreren langjährigen deutschen Standards warnen. Die Argumentationen für CETA erscheinen mir persönlich (auch aufgrund der Kürze der Zeit seit der CETA-Veröffentlichung) als nicht ausreichend sachlich kritisch bewertet. Bitte schließen Sie sich daher mit Ihrer Meinung der Position der SPD Leipzig-Südwest an, wenn Sie diese nicht bereits teilen:

http://www.spd-leipzig-suedwest.de/index.php/was-uns-bewegt/18-themen/grosse-politik-in-suedwest/75-gemeinsam-ceta-auf-dem-spd-parteikonvent-verhindern

Besonders wichtig ist mir dieses dringende Anliegen, da es sich bei CETA nicht um eine notfalls verlustarm korrigierbare politische Entscheidung handelt - sondern im Gegenteil um eine sehr große perspektivische Tragweite, die (nicht nur meines Erachtens nach) nicht allen beteiligten Politikern ausreichend bewusst ist.

Vielen Dank für die rechtzeitige Berücksichtigung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Isolde Schwedler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Dr. Schwedler,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum geplanten Freihandelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und Kanada. Über konstruktiv-kritische Rückmeldungen freue ich mich sehr, denn Feedback ist sehr wichtig für meine Mandatstätigkeit.

Das Thema Freihandel – insbesondere mit Blick auf TTIP und CETA – bewegt derzeit sehr viele Menschen. Für die SPD ist klar: Wir stehen zum Freihandel. Gerade die exportorientierte deutsche Wirtschaft braucht freien Handel. Millionen von Arbeitsplätzen hängen direkt oder indirekt vom Handel ab. Und auch unser Wohlstand gründet zu einem großen Teil auf freiem Handel. Aber freier und globaler Handel braucht auch fortschrittliche Regeln. Ich sehe die Europäische Union hierbei als Vorreiter: Wir können dafür sorgen, dass der globale Handel fairen Bedingungen unterliegt. Die EU muss hier mutig voranschreiten und gute Standards setzen, denn wenn wir das nicht machen, macht es niemand.

Über die Chancen und Risiken dieser Regeln und Standards diskutieren auch die Mitglieder der SPD sehr kontrovers. Ich begrüße das ausdrücklich, denn die offene Diskussion ist für mich Ausdruck gelebter Demokratie und Teilhabe. Im innerparteilichen Meinungsfindungsprozess ist es vollkommen legitim, dass der Parteivorstand dem „kleinen Parteitag“ (Parteikonvent) am 19. September 2016 Anträge vorlegt. Ziel des anstehenden Parteikonvents ist nicht die Zustimmung oder Ablehnung des CETA-Vertragstextes in seiner derzeitigen Form. Vielmehr geht es darum, die Vorschläge zu seiner Überarbeitung im Sinne sozialdemokratischer Werte und Positionen zu konkretisieren.

Die SPD hat deutlich gemacht, wo die „roten Linien“ sind, wenn wir perspektivisch dem Vertrag zustimmen sollen:
- Arbeitnehmerrechte, Arbeitsschutzstandards, das Recht auf Mitbestimmung und die Tarifautonomie dürfen nicht in Frage gestellt werden.
- Auch die Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards sind nicht verhandelbar.
- In der EU wird auch weiterhin das Vorsorgeprinzip gelten.
- Sensible Dienstleistungen wie etwa im Kulturbereich müssen geschützt werden.
- Eine Rekommunalisierung von privatisierten Dienstleistungen der Daseinsvorsorge muss grundsätzlich möglich sein.
- Und nicht zuletzt: Mit der SPD wird es keine intransparenten Schiedsgerichte geben. Wir haben klar formuliert, wie wir uns die Gerichtsbarkeit in Handelsstreitigkeiten vorstellen: öffentliche Verfahren, unabhängige Richter, Berufungsmöglichkeiten.

Diese „roten Linien“ gelten ausnahmslos auch für TTIP.

In den Nachverhandlungen wurden bereits auf Druck der SPD Teile des Vertragsentwurfs verbessert. So wird CETA absehbar als gemischtes Abkommen eingestuft werden. Ebenso sieht der Entwurf erstmals die Einrichtung eines rechtstaatlich und öffentlich-rechtlich organisierten Investitionsgerichtshofes vor. Damit kommen wir dem gemeinsamen Ziel eines Internationalen Investitionsgerichtshofs einen großen Schritt näher. Die SPD wird im weiteren parlamentarischen Prozess zudem prüfen, ob die erfolgten Präzisierungen bereits ausreichend sind oder wo nachjustiert werden muss. Hinsichtlich der regulatorische Kooperation zur gegenseitigen Anerkennung von Normen und Standards sieht der Vertragsentwurf eine Kooperation auf freiwilliger Basis vor – und ohne bindende Wirkung auf parlamentarische Entscheidungen. Das „right to regulate“ der Vertragsparteien ist also in vollem Umfang gesichert. Ebenso wird klargestellt, dass ein Dumping-Wettbewerb abgelehnt wird und Handelsziele nicht dazu dienen dürfen, Schutzstandards für Arbeit oder Umwelt auszuhebeln. Das Vorsorgeprinzip im Verbraucherschutz bleibt unangetastet. Dafür wurden in vielen Bereichen fortschrittliche Regeln und Standards für den Schutz von Arbeitnehmerrechten, Umwelt, Gesundheit und für nachhaltiges Wirtschaften insgesamt vereinbart worden. Die neue kanadische Regierung von Premierminister Trudeau hat außerdem erklärt, die beiden bisher von Kanada noch nicht ratifizierten ILO-Kernarbeitsnormen zügig zu ratifizieren. In einem Fall ist dies bereits erfolgt. Die noch fehlenden Schritte wird die SPD nachdrücklich einfordern. Ebenso gilt: Zur wirkungsvollen Durchsetzung der verankerten Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards verpflichten sich die Vertragsparteien auf ein dialogorientiertes Verfahren unter Einbindung der Zivilgesellschaft (einschließlich der Gewerkschaften und der ILO). Und nicht zuletzt: Der umfassende Schutz der Daseinsvorsorge ist für die SPD eine der zentralen Forderungen. Für viele Dienstleistungsbereiche und insbesondere die Daseinsvorsorge werden in CETA deshalb vielfältige Schutzregeln formuliert: So gelten für die Daseinsvorsorge eine allgemeine Schutzregel („public utilities“-Vorbehalt) sowie weitere weitreichende spezielle Schutzregeln etwa für Bereiche wie Wasserversorgung, Bildung, Gesundheit oder soziale Dienstleistungen. Diese Schutzvorbehalte sind im Wesentlichen im sogenannten Annex II des CETA-Vertrages aufgeführt. Und sie sind so formuliert, dass die jeweilige Vertragspartei die volle politische Gestaltungsfreiheit hat.

Sehr geehrte Frau Dr. Schwedler, ich werbe dafür, dass wir die Chancen und Risiken von Freihandelsabkommen sorgfältig abwägen. Für Ihre konstruktiv-kritischen Rückmeldungen danke ich Ihnen. Der Austausch von Sachargumenten ist für mich zentraler Bestandteil gelebter Demokratie. Und auch wenn ich kein Stimmrecht beim SPD-Parteikonvent habe, stehe ich in engem Kontakt mit vielen Delegierten und werde Ihre Hinweise weiterleiten.

Es grüßt Sie herzlich

Dr. Karamba Diaby, MdB

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