Portrait von Karamba Diaby
Karamba Diaby
SPD
100 %
35 / 35 Fragen beantwortet
Frage von Susan G. •

Frage an Karamba Diaby von Susan G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Karamba-Diaby.

Es geht um Ihre Pro-Fracking-Abstimmung.
Herr Laschet (CDU) behauptet, dass das Gesetz Fracking QUASI ausschließt. Die morgige Abstimmung erfolgt jedoch nachdem die Wirtschaft Druck gemacht hat. Dies klingt nicht danach, dass es kein Fracking geben wird. Wöllte man das, dann würde man ein Verbot erlassen.
Bitte begründen Sie mir sachlich Ihre Entscheidung. Eine Abwägung der Pro- und Kontra-Argumente und wie letzten Endes die Pro-Argumente überwiegen wäre dafür sicher sehr hilfreich. Wie relativieren Sie die messbaren und beobachtbaren Argumente, welche eindeutig gegen das Fracking sprechen?
Die Verantwortung wird vom Bund an die Länder verwiesen. Wie kann der Bund dann noch die Kontrolle ausüben? Und wenn er es nicht kann, wie kann man dann auf Bundesebene die Aussage treffen, dass es kein F. geben wird? Die Länder sollen über Probebohrungen (und anschließende Förderung?) entscheiden. Aber nach welchen Kriterien? Sind wirtschaftliche Interessen (Arbeitsplätze) völlig legale Kriterien, hinter welchen zB. Umweltbelange, Sicherheitsbedenken u.a. zurückstecken müssen? Wird das in dem Gesetz überhaupt geregelt? Haben Anwohner ein Mitspracherecht? In welchem Umfang liegen deutschlandweit Daten über Menge, Verlauf usw. der grundwasserführenden Gesteinsschichten vor?
Negative Folgen betreffen viele, den Gewinn fahren einige wenige ein. Gibt es eine Haftungsregelung für direkte und Folgeschäden? Oder schöpfen die Unternehmen Gewinne und der Steuerzahler zahlt Schäden?
Ca. 200 verschiedene Chemikalien und Biozide werden eingesetzt, darunter auch BTEX-Chemikalien (Benzole, Toluol, Ethyle, Xoluol). Ich bin Biochemikerin und weiß was das bedeutet! Was können Sie über deren Einsatz, Verbleib oder Entsorgung/Lagerung sagen?
Die Förderung einer weiteren Methode zum Abbau fossiler Brennstoffe steht dem Ziel der Energiewende diametral entgegen. Was ist die parteiliche Meinung dazu?

Danke für die Beantwortung der Fragen im Voraus.

Portrait von Karamba Diaby
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Gruner,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Verabschiedung des Gesetzes „zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie“. Die jetzt gefundene Regelung zum Fracking ist ein Riesenerfolg und der Durchbruch nach jahrelangen Verhandlungen. Das war nur dank des großen Engagements der Zivilgesellschaft und mit Hilfe der vielen Rückmeldungen von zumeist kritischen Bürgerinnen und Bürgern in den Wahlkreisen möglich. Die SPD-Bundestagsfraktion hat diese Anregungen aufgenommen und das vorliegende Gesetzespaket durchgesetzt. Fracking wie in den USA wird damit verboten.

Es hat sehr lange gedauert bis nach der Einbringung des Gesetzespakets im Mai 2015 jetzt die abschließende Beratung erfolgen konnte. Von einem Eilverfahren, wie von einigen behauptet, kann also keine Rede sein. Im Gegenteil: Ein Skandalisieren von politischen Entscheidungen im Bundestag im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft, wie sie von wenigen Umweltverbänden betrieben wird, hilft in der Sache nicht weiter. Vielmehr offenbart sie nur die Schwäche der Argumentation. Es war höchste Zeit, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen und wir sind froh, dass uns der Abschluss gelungen ist.

Nun zur Sache selbst: Die SPD-Bundestagsfraktion hat auf der Grundlage des Koalitionsvertrages mit CDU und CSU ein optimales Ergebnis erzielt. Und das gegen heftige Widerstände der Wirtschaftspolitiker in der CDU/CDU-Bundestagsfraktion. Im Ergebnis gibt es jetzt eine doppelte Sperre gegen das Fracking im Schiefergestein, wie wir es aus den USA kennen. Zum einen gibt es ein unbefristetes Verbot, das Ende 2021 vom Bundestag überprüft werden soll. Nur eine Mehrheit des Bundestages kann das Verbot wieder aufheben. Ansonsten besteht das Verbot weiter. Bis dahin können maximal vier Probebohrungen durchgeführt werden. Zum anderen haben – als zweite Absicherung – die jeweiligen Bundesländer die Möglichkeit die Probebohrungen zu untersagen. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen Hannelore Kraft (SPD) hat bereits erklärt, davon Gebrauch zu machen.

Für uns als SPD-Bundestagsfraktion war zentral, dass der Deutsche Bundestag über das weitere Verfahren zum Fracking im Schiefergestein entscheidet. Auch damit haben wir uns gegenüber CDU und CSU durchgesetzt. Das war uns wichtig, weil wir nicht wollten, dass sich demokratisch legitimierte Abgeordnete ihrer Verantwortung entziehen. Wir sind insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern in unseren Wahlkreisen verantwortlich. Und wir SPD-Abgeordneten stellen uns auch dieser Verantwortung.

Bevor die Fracking-Debatte vor einigen Jahren begann, gab es bereits Erdgasförderung in Deutschland, hauptsächlich in Niedersachsen. Dort wird seit über fünfzig (!) Jahren ebenfalls eine Art Fracking betrieben, die sich aber fundamental von dem Fracking unterscheidet, das wir aus den USA kennen. Wir wissen, dass auch die herkömmliche Erdgasförderung mit Risiken verbunden ist. Unser Ziel war und ist es aber nicht, die Erdgasförderung in Deutschland komplett zu beenden. So sehen es auch die Landtagsfraktionen von Bündnis90/Die Grünen in Niedersachsen und Baden-Württemberg, wo sie in Regierungsverantwortung sind. In entsprechenden Entschließungen bzw. in Koalitionsverträgen unterscheiden die jeweiligen Landesregierungen klar zwischen unkonventioneller und konventioneller Erdgasförderung.

Mit dem neuen Gesetzespaket gibt es aber neue Regelungen auch für diese (konventionelle) Form der Erdgasförderung. Dazu gehören mehr Prüfungen auf umweltverträgliche Formen der Förderung und der Entsorgung von Abfällen und eine bürgerfreundlichere Regelung bei Erdbebenereignissen durch eine Umkehrung der Beweislast.

Zur Einschätzung des Erfolges empfehle ich die Kommentare in der Süddeutschen Zeitung und der TAZ vom 21. Juni 2016:
http://taz.de/Kommentar-Geplantes-Fracking-Gesetz/!5315884/
http://www.sueddeutsche.de/politik/fracking-bohren-verboten-1.3044606

Sehr geehrte Frau Gruner, die SPD-Bundestagsfraktion war sehr erfolgreich. Für Deutschland ist das Gesetzespaket ein Stoppschild für Fracking. Das ist der Wille der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Und wir setzen damit auch ein international vielbeachtetes Signal: Deutschland treibt die Energiewende ohne Fracking voran.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Karamba Diaby, MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Karamba Diaby
Karamba Diaby
SPD