Frage an Karamba Diaby von Reinhard G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Diaby,
wenn ich richtig informiert bin, wird in dieser Woche im Bundestag über das EPA-Handelsabkommen gesprochen. Die „Europäischen „Partnerschafts“abkommen“ mit bestimmten Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten sollen derzeit ratifiziert werden. Sie wurden nicht auf Augenhöhe abgeschlossen.
Brauchen nicht wirtschaftlich schwächere Staaten die Möglichkeit, ihre Wirtschaft durch Schutzzölle und Einfuhrbeschränkungen zu schützen? Nur ein Beispiel: Geflügelteile, die sich in Europa nicht verkaufen, werden tief gefroren und nach Afrika exportiert. Dort machen sie den Afrikanischen Geflügelzüchtern zu starke Konkurrenz. Außerdem gefährden sie die Gesundheit, da die Kühlkette unterbrochen wird.
Bei den EPAs geht es nicht nur um Zölle, sondern unter anderem auch, ähnlich wie beim geplanten Handelsabkommen TISA, um Dienstleitungen. Zum Beispiel: internationale Leiharbeit und Finanzdienstleistungen. Ärmere Länder werden jetzt schon ausgeplündert, indem von ausländischen Banken hohe Kreditzinsen (30 % und mehr) verlangt werden. Glauben Sie, dass westliche Großbanken durch die EPAs an den „südlichen Ländern“ noch stärker verdienen werden?
Was sagen Sie zu dem Lohndumping durch internationale Leiharbeit - wenn dabei nach dem schlechteren Tarif bezahlt wird? Und zu den Hungerlöhnen, die westliche Konzerne in den südlichen Ländern zahlen? Flüchten Menschen nicht auch, weil ihnen wirtschaftlich die Lebensgrundlage genommen wird? Was sagen Sie zu dem Vorschlag, dass Flüchtlinge in Deutschland nicht mal den Mindestlohn erhalten sollen?
EPA hat noch viel mehr negative Auswirkungen. (Einige werden auf den „EPA Factsheets“ der „Stop EPA“-Kampagne angesprochen.) Wie stehen Sie zu den Auswirkungen der EPA-Abkommen?
Bestimmt kennen Sie das „Alternatives Handesmandat“. Dabei haben sich Experten von Gewerkschaften und anderen Organisationen zusammengeschlossen, um Alternativen zur Handelspolitik zu erarbeiten. Was halten Sie von den Vorschlägen vom Alternativen Handelsmandat?
Sehr geehrter Herr Großmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „European Partnership Agreement“ (EPA) bzw. „Wirtschaftspartnerschaftsabkommen“ (WPA). Hierbei geht es um (mehrere) von der EU verhandelte Abkommen über Freihandelszonen zwischen der Europäischen Union und insgesamt 78 Staaten aus Afrika sowie dem karibischen und dem südpazifischen Raum.
Dieses Thema wurde jedoch nicht im Deutschen Bundestag, sondern am 14.10.2015 im Bundeskabinett besprochen. Federführend für die Bundesregierung begleitet das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Verhandlungen.
Bereits im Jahr 2000 wurde das Cotonou-Abkommen zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) vereinbart, um die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen durch entwicklungspolitische Partnerschaften auf eine neue Grundlage zu stellen. Dabei wurde vereinbart, WTO-konforme Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) auszuhandeln. Für die SPD ist das oberste Ziel solcher Partnerschaftsabkommen, Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen, besser am Welthandel teilnehmen zu können – unter fairen Bedingungen. Dazu sollen der Süd-Süd-Handel sowie die regionale und die interregionale Kooperation gestärkt werden. Zudem sollen die Kapazitäten der AKP-Staaten bei internationalen Verhandlungen und bei Produktions- und Handelsfragen ausgebildet werden.
Unser Anspruch ist: Den AKP-Staaten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, sensible Produkte von der Liberalisierung auszunehmen und dauerhaft zu schützen. Für alle anderen Produktbereiche müssen die Vertragspartner die Möglichkeit erhalten, Übergangsfristen zu vereinbaren. Nur so können sich die im Aufbau befindlichen Industrie- und Dienstleistungssektoren in Entwicklungsländern wettbewerbsfähig entwickeln.
Im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU-Fraktion wurde unser Anspruch an Freihandelsabkommen eindeutig formuliert: Wir setzen uns für verbindlich festgeschriebene, international anerkannte menschenrechtliche, ökologische und soziale Mindeststandards, wie z.B. die ILO-Kernarbeitsnormen, als festem Bestandteil aller Handelsabkommen der EU ein. Dieser Anspruch gilt für alle Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Das verpflichtet auch die Partnerländer dazu, die politischen, kulturellen und sozialen Menschenrechte zu achten und diese Mindeststandards zu gewährleisten. Die SPD steht für freien und fairen Handel.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Karamba Diaby, MdB