Frage an Karamba Diaby von Philipp R.
Sehr geehrter Herr Dr. Diaby,
ich wollte Sie fragen wieso Sie für die PKW-Maut gestimmt haben. Soweit der Eindruck stimmt, der von medialer Seite vermittelt wird, ist nur die CSU an deren Einführung interessiert. Auch in der jetzt beschlossenen Form lehnt sie die Mehrheit der Bundesbürger ab (soweit man hier den Artikeln der Medien vertrauen kann), darüber hinaus bringt sie kaum Einnahmen und ist mit hohem bürokartischen Aufwand verbunden.
Wenn jeder weiß, dass - wenn ich das mal so salopp sagen darf - die PKW Maut Quatsch ist, warum muss sie dann beschlossen werden? Ich weiß, dass man in einer Koalition immer Kompromisse machen muss, aber weder CDU noch SPD wollen die PKW Maut, hätte man also nicht versuchen können seinen kleinsten Koalitionspartner davon abzubringen? Wenn es eine Maut gibt, müsste man meiner Meinung nach die KFZ-Steuer komplett abschaffen.
Ganz konkret gefragt: Was bringt uns die PKW-Maut positives, sodass sie dafür gestimmt haben?
Nach dieser Abstimmung bin ich etwas enttäuscht und auch in meinem Umfeld führt grade diese Debatte, die viele Menschen betrifft (alle die ein Auto haben) zu noch mehr Politikverdrossenheit. Das ist sehr schade.
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Recko
Sehr geehrter Herr Recko,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 27. März 2015, in der Sie mich um eine Stellungnahme zu meinem Abstimmungsverhalten bezüglich des „Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen“ bitten. Gern komme ich dem nach.
Ihre Anfrage beinhaltet bereits die Antwort, warum der Großteil der SPD-Abgeordneten für das Gesetz gestimmt hat: Demokratie heißt kompromissfähig zu sein. Die Regierungskoalition besteht aus drei Partnerinnen: CDU, CSU und SPD. Jede Partnerin hat in die Koalitionsverhandlungen prioritäre Projekte und Vorhaben eingebracht, die aus ihrer Sicht wichtig sind. Für die SPD waren und sind das u.a. die Einführung des Mindestlohns, eine BAföG-Reform, die Verbesserung der Pflege, die abschlagsfreie Rente mit 63, die Entlastung der Kommunen, die Sicherstellung bezahlbaren Wohnens, mehr Zeit für Familien und nicht zuletzt der Neustart der Energiewende.
Einige unserer Kernanliegen haben wir bereits gemeinsam mit CDU und CSU umgesetzt. An der Umsetzung weiterer Schwerpunkte arbeiten wir derzeit gemeinsam. Am Beispiel Mindestlohn wird deutlich: Manchem Abgeordneten der Unionsfraktion ist dieser Kompromiss nicht leicht gefallen. Auch die Union hat sich sehr auf die SPD zu bewegt. Ohne die Unionsfraktion hätten wir diese aus Sicht der SPD wichtigen Anliegen nicht umsetzen können.
Hinsichtlich der „PKW-Maut“ gilt dieses Prinzip umgekehrt. Die PKW-Maut ist kein Kernanliegen der SPD. Mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages haben sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion jedoch verpflichtet, dem Gesetz zuzustimmen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
Die SPD hat dem Vorhaben, dem sie immer kritisch gegenüber stand und das die CSU in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat, in den Koalitionsverhandlungen unter drei Bedingungen zugestimmt: es darf kein/e deutsche/r Autobesitzer/in zusätzlich belastet werden (deswegen ist die Einführung der „PKW-Maut“ im Zusammenhang mit der Verabschiedung des „Zweiten Verkehrssteueränderungsgesetzes“ zu sehen), die gesetzliche Regelung muss mit europäischem Recht vereinbar sein und es muss ein substantieller Beitrag für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirtschaftet werden.
Im parlamentarischen Verfahren hat die SPD-Bundestagsfraktion zudem weitreichende Änderungen an dem Gesetzentwurf für die Einführung der PKW-Maut gegen den Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durchgesetzt:
• Wir haben verhindert, dass die geplanten Zeitvignetten zu einer Diskriminierung von EU-Ausländerinnen und EU-Ausländern führen.
• Wir haben für ein Mehr an Datenschutz gesorgt und die Speicherfristen für persönliche Daten der Halterinnen und Halter von drei Jahren auf ein Jahr reduziert.
• Wir haben dafür gesorgt, dass ein verbindlicher Bürokratie- und Einnahmencheck zwei Jahre nach der technischen Einführung der PKW-Maut gesetzlich festgeschrieben wurde. Dabei sollen auch Auswirkungen der PKW-Maut auf die Grenzregionen untersucht werden.
Damit sind die Bedingungen des Koalitionsvertrags erfüllt. Und deswegen habe ich trotz meiner generellen Skepsis gegenüber einer PKW-Maut den Gesetzentwürfen zugestimmt.
Sehr geehrter Herr Recko, Sie schreiben, dass die Debatte um die PKW-Maut bei vielen Menschen zu noch mehr Politikverdrossenheit führt. Man kann es auch anders sehen: Die Debatte um die PKW-Maut politisiert die Menschen; bringt sie dazu, über politische Themen zu diskutieren. In Bayern hat die CSU mit 49,3 % fast die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten; die CSU hat alle Direktmandate geholt. Und das, obwohl sie mit der klaren Aussage des bayrischen Ministerpräsidenten, Horst Seehofer, in den Wahlkampf gezogen ist: „Ohne die PKW-Maut unterschreibe ich keinen Koalitionsvertrag.“ Es gibt somit auch viele Menschen in unserem Land, die anscheinend für die Einführung der PKW-Maut sind.
Die Debatte um die PKW-Maut ist nicht beendet. Die SPD-Bundestagsfraktion hat aus meiner Sicht am vergangenen Freitag einem tragfähigen Kompromiss zugestimmt. Über die Erträge und Auswirkungen wird zwei Jahre nach ihrer Einführung ein Bericht detaillierte Auskünfte geben. Auf dieser Grundlage können dann weitere Entscheidungen getroffen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Karamba Diaby, MdB