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Karamba Diaby
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Frage von Günter M. •

Frage an Karamba Diaby von Günter M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Herr Dr. Diaby,

ich habe durch Anstrengung erreicht, dass ich trotz gesundheitlicher Einschränkungen mein Geld selbst verdiene. Ich erzog meine Kinder zu vorbildlichen Mitbürgern, die auch ehrenamtlich tätig sind.

Nunmehr bin ich etwas über 50 Jahre alt. Da ich meinen Arbeitsplatz wechseln musste, weil die gesundheitlichen Einschränkungen zu enorm wurden, hatte ich keinen Kündigungsschutz. Mein Arbeitgeber sagte mir unmissverständlich, dass er lieber Spanier einstellt.

Kürzlich war nun den Medien zu entnehmen, dass die Zuwanderung auf über 1 Mio. im Jahr 2012 angestiegen ist. Wie Sie dem Link entnehmen können, begrüßte das Frau von der Leyen und bezeichnet das als Glücksfall:

http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_63287564/deutschland-zuwanderungsstrom-fuer-ursula-von-der-leyen-gluecksfall-.html

Ich bin es leid, dass die offiziell 3 Mio. Erwerbslose, plus die Erwerbslosen die die Statistik nicht erfasst, als Bagatelle abgetan werden. Viele Menschen sind schon lange erwerbslos, auch durch widrige Umstände. Eine marktnahe Qualifizierung bzw. individuelle Lösungen erfolgen meistens nicht.

Wie kann es sein, dass man nach den hier lebenden Menschen kaum schaut, aber die Bundesagentur für Arbeit z.B. gezielt in Spanien Menschen anwirbt? Ich bin kein Ausländerfeind, aber ich finde es unverschämt, dass die jungen und gesunden Zuzügler die anderen langsam verdrängen bzw. andere gar keine Möglichkeiten haben am Erwerbsleben teil zu nehmen.

Zwei Drittel der Renten sind Versicherungsleistungen, 1/3 der Renten werden aus Steuermitteln bezahlt. Wenn die Zuzügler als Rentner wieder nach Hause gehen, wird ihnen aber genauso viel überwiesen, wie den Leuten die hier leben.
Warum bekommen z.B. Thailänder die dort 20% der hiesigen Lebenshaltungskosten haben, 100% der Rente? Kann es sein, dass die Entvölkerung im südl. Europa zu Problemen führt?

Mit freundlichen Grüßen

Günter Möder

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Sehr geehrter Herr Möder,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Zuerst möchte ich Ihnen meinen Respekt dafür aussprechen, dass Sie trotz der von Ihnen angeführten gesundheitlichen Einschränkungen immer bestrebt sind, Ihr Leben eigenständig zu gestalten und dass Sie vor allem auch erfolgreich sind.
Sie sprechen in Ihrem Schreiben unterschiedliche Sachverhalte an. Unter der Maßgabe, betreffend Ihrer Situation nicht alle Details zu kennen, komme ich zu folgenden Einschätzungen: Ihr Arbeitsplatzwechsel führte vermutlich wie bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dazu, dass sie zunächst „auf Probe“ arbeiten. Die Probezeitdauer beträgt üblicherweise bis zu sechs Monate. In dieser Zeit besteht eine Kündigungsfrist von zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB). Die Kündigungsfristen nach der Probezeit regelt ebenfalls § 622 BGB. Weitere Details regelt das Kündigungsschutzgesetz (z.B. bei sozial ungerechtfertigte Kündigungen, Abfindungsansprüche usw.). Neben dem Allgemeinen Kündigungsschutz, der nur bestimmte Gründe zulässt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG) existiert für bestimmte Personengruppen (werdende Mütter, Schwerbehinderte, Auszubildende usw.) ein besonderer Kündigungsschutz.
Bezüglich der Aussagen von Frau von der Leyen möchte ich Folgendes bemerken: Angesichts des zunehmenden branchenspezifischen Fachkräftemangels ist Deutschland durchaus auf den Zuzug von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus anderen Ländern angewiesen. Ich persönlich empfinde es auch als Bereicherung für unser Land, wenn Menschen zu uns ziehen. Und ja: Es muss uns ein wichtiges Anliegen sein, diesen Menschen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern, so dass sie sich in unsere Gesellschaft integrieren können.
Aber das entbindet uns nicht von der Verpflichtung, alles daran zu setzen, die derzeit Erwerbsarbeitslosen in Arbeit zu bringen, von der sie leben können. Deshalb hat sich die SPD-Fraktion bei den Koalitionsverhandlungen für wichtige Verbesserungen im Bereich Arbeit und Soziales eingesetzt. Dazu zählt auch, dass wir mittels einer aktiven Arbeitsmarktpolitik für Langzeitarbeitslose die Zugangschancen zum Arbeitsmarkt verbessern wollen. Dazu zählen passgenaue Qualifizierungen, bei Bedarf nachgehende Betreuung sowie die Herstellung der entsprechenden Rahmenbedingungen, damit die Teilhabe am Erwerbsarbeitsleben (wieder) möglich wird. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende soll dabei verstärkt darauf abzielen, Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Es ist also wichtig, dass wir beide Bereiche beachten (Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland und Maßnahmen zur Integration von Erwerbslosen in den Arbeitsmarkt) und politisch die notwendigen Rahmenbedingungen setzen. Gegeneinander ausgespielt werden dürfen diese Bereiche nicht. Ich glaube auch nicht, dass ein verantwortlicher Politiker die immer noch hohe Anzahl an Erwerbsarbeitslosen bagatellisiert.
Bezüglich Ihrer Anmerkungen zum Thema Auszahlung von Renten sage ich, dass rechtmäßig erworbene Rentenansprüche auch ordnungsgemäß entsprechend der gesetzlichen Regelungen ausgezahlt werden müssen. Die entsprechenden Regelungen für Leistungen an Berechtigte im Ausland finden sich im Unterabschnitt 7 des SGB VI.
Zu Ihrem letzten Punkt möchte ich festhalten, dass ich nicht von einer „Entvölkerung“ Südeuropas sprechen würde. Richtig ist, dass insbesondere aus Mittelmeeranrainerstaaten derzeit ein verstärkter Zuzug nach Deutschland festgestellt wird – insbesondere von jüngeren und qualifizierten Menschen. Die Erfahrung zeigt, dass diese Menschen ihre Heimat vor allem aus wirtschaftlichen Gründen (Arbeitslosigkeit etc.) verlassen. Deshalb hat sich die SPD-Fraktion auch in den Koalitionsverhandlungen dafür stark gemacht, dass europaweit die (Jugend-)Arbeitslosigkeit nachhaltig bekämpft wird. So möchten wir nicht nur die Zukunftschancen der Menschen generell verbessern, sondern vor allem auch größer werdende Migrationsströme vermeiden, denn wir helfen den Ländern nicht, indem wir ihnen den gut qualifizierten Nachwuchs „streitig machen“.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Karamba Diaby

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