Frage an Jutta Blatzheim-Roegler von Dr. Jürgen K. bezüglich Recht
Sehr verehrte Frau Blatzheim-Roegler!
Auch alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging. Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht, sondern nur ausgerechnet diese harmlose Minderheit?
Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben? Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?
Wir würden Sie gerne auch mal zu einem kleinen Rundflug bei uns einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, dass wir keine berechtigt verdächtigen Kamikazeterroristen sind. Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz! Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.
An Anruf Ihrerseits bei mir (06747/932127) würde genügen
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. med. Jürgen Koch
Sehr geehrter Herr Dr. Koch,
die von Ihnen gestellte Frage versuche ich gerne zu beantworten. Ich musste mich da erstmal selber schlau machen, daher bekommen Sie die Antwort auch erst jetzt.
Ich kann Ihren Unmut teilweise verstehen, aber Piloten sind nicht die
einzigen Betroffenen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen.
Zuverlässigkeitsüberprüfungen gab es bereits vor Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes für Personen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiteten (z.B. Kernkraftwerke). Alle, die beruflich regelmäßig in sicherheitsrelevante Bereiche der Verkehrsflughäfen tätig sind, z.B. Personal der Flughafenbetreiber und Luftfahrtunternehmen, sowie die Mitarbeiter der Flugsicherung müssen sich einer regelmäßigen Sicherheitsüberprüfung unterziehen.
Da m.W.nach diesen Kriterien auch Hobbypiloten Zutritt zu den relevanten Sicherheitsbereichen haben, werden sie deshalb in die Überprüfung einzubezogen. Ich habe recherchiert: Die Innenministerkonferenz ist im Mai 2003 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Luftverkehr gegenüber anderen Verkehrsträgern einer besonderen Gefährdung unterliegt. Durch die Nutzung eines Kleinflugzeuges als Tatwaffe können massive Schäden angerichtet werden, wenn diese z. B. mit Sprengstoff beladen werden. Und immerhin war einer der Attentäter vom 11.9. im Besitz einer Privatpilotenlizenz. Ich denke auch nicht, dass Zuverlässigkeitsprüfungen ein Allheilmittel gegen Bedrohungen sind. Aber die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hat nunmal in vielen Bereichen zu einer Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen geführt. Ich würde mich allerdings dafür einsetzen, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird.
Der Staat hat die Verantwortung, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen. Ich halte es daher grundsätzlich für verhältnismäßig, dass die Zuverlässigkeitsüberprüfung auf die Piloten des privaten Luftverkehres ausgedehnt wurde. Wenn erst auf der Grundlage eines Anfangsverdachtes überprüft wird, kann es im Ernstfall zu spät sein. Ich gebe Ihnen aber Recht: die Regelungen im Luftsicherheitsgesetz sind zu bürokratisch. In den Verhandlungen hatte sich die grüne Fraktion dafür eingesetzt, die Zuverlässigkeitsüberprüfung lediglich alle 5 Jahre vorzunehmen (nach EU-Verordnung). Eine jährliche Überprüfung halte ich auch für übertrieben und für die Betroffenen offensichtlich mit nicht verhältnismäßigen Kosten verbunden. Die Zuverlässigkeitsüberprüfungen werden übrigens im Auftrag des Bundes von den Ländern durchgeführt. Die Gebühren sind im Bundesgesetz nicht festgelegt. Ich halte es für sinnvoll, die Gebühren möglichst bundeseinheitlich festzulegen, aber da steht mal wieder der Föderalismus vor.
Danke für Ihr Angebot des Mitfliegens, aber das ist ehrlich gesagt nicht meins.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten. Falls Sie Nachfragen haben, mailen Sie mich doch einfach nochmal an.
Mit bestem Gruß
Jutta Blatzheim-Roegler