Jutta Blatzheim-Roegler, Mitglied des Landtags Rheinland-Pfalz
Jutta Blatzheim-Roegler
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Uli L. •

Frage an Jutta Blatzheim-Roegler von Uli L. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Blatzheim-Rögler,

mit großem Interesse aber auch Verwunderung beobachte ich die Aktivitäten von Ihnen als auch Ihrer Partei.
Dabei stelle ich fest, daß Ihrer Äußerungen bezüglich Bürgerbeteiligung im Hinblick gegen den Bau der Hochmoselbrücke aber auch gegen Stuttgart 21 nur eines zum Ziel haben, nämlich mit nicht realisierbaren Forderungen auf Stimmenfang zu gehen. Beide Projekte durchliefen bereits seit Jahren die Beschlußgremien von Stadt und Land.

D.h. es wurde demokratisch beraten und abgestimmt. Es dürfte auch Ihnen noch bewußt sein, daß die Bürgerinnen und Bürger durch Ihre Stimmabgabe die Zusammensetzung der Parlamente bestimmen also auch beschlussfähig macht.

Warum also akzeptieren Sie keine demokratischen Entscheidung und wie soll Ihre Arbeit im Landtag vonstatten gehen??

Mit besten Grüßen

U.Lehnen

Jutta Blatzheim-Roegler, Mitglied des Landtags Rheinland-Pfalz
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lehnen,

herzlichen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.

Viele schon durch verschiedene politische Gremien beschlossenen Projekte wurden letztlich nicht realisiert, vom Schnellen Brüter in Kalkar bis zum Transrapid in München. Insofern hoffe und kämpfe ich für ein Umschwenken auch in Sachen Hochmoselbrücke.

Bitte erlauben Sie mir einen kleinen Rückblick auf die Gegebenheiten zu Beginn der Planungen und die inzwischen geltenden Bedingungen.

Das Projekt B50neu/ Hochmoselübergang ist mittlerweile seit über 40 Jahren im Gespräch. Ursprünglich als schnelle Verbindung im "Kalten Krieg" für miltitärische Transporte von den Nordseehäfen zum damaligen Eisernen Vorhang ("Fulda Gap") gedacht,war die seinerzeit noch als Autobahn A 60 geplante Trasse nach dem Mauerfall zunächst in der Versenkung verschwunden.

Der Bund (CDU/ FDP-Regierung) und das Land Rheinland-Pfalz (SPD/ FDP-Regierung) schlossen dann jedoch im Sommer 1998 eine Vereinbarung ab, nach der je 20% - damals je 51,5 Mio. DM - als Anschubfinanzierung für die insgesamt rund 17 km lange Mautstrecke der B50neu zwischen Platten und Longkamp inklusive des Hochmoselübergangs von den Vertragspartnern übernommen werden sollten. Der Rest sollte von privaten Investoren übernommen werden, die dann einen noch nicht näher bezifferten "Brückenzoll" hätten erheben können (Modell nach dem Fern-straßenbauprivatfinanzierungsgesetz als „Mautvorhaben“). Das Planfeststellungsverfahren sollte Ende Mai 1999 eröffnet werden. Initiator der Vereinbarung war der damalige rheinland-pfälzische Minister für Wirtschaft, Verkehr und Weinbau, Rainer Brüderle, der damit die Realisierung eines „großräumig ortsdurchfahrtenfreier Ost-West-Straßenzug...der auf direktem Weg den niederlän-disch-belgischen Raum einschließlich seiner Seehäfen mit dem Rhein-Main-Gebiet verbindet“ verfolgte.

Auf Grund des von Rot-Grün geänderten Bundesnaturschutzgesetzes war es dem BUND e.V. als anerkannter Naturschutzverband möglich, gegen das Projekt zu klagen. Am 9. 1. 2003 befand das OVG Koblenz, dass Teile des Planungsabschnitts II in einem Vogelschutzgebiet lagen. Am 1.4. 2004 stoppte das Bundesverwaltungsgericht die Planungen für den Hochmoselübergang/B50neu. Das Land Rheinland-Pfalz erhielt jedoch die Möglichkeit, „nachzubessern“. Am 22.11.2007 erlangte das Land Rheinland-Pfalz endgültig Baurecht, nachdem das OVG Koblenz eine Klage des BUND e.V. gegen den geänderten Planfeststellungsbeschluss abgelehnt und auch keine Revision zugelassen hatte. Die angekündigte Suche des Landes nach einem privaten Betreiber der Brücke nach dem F-Modell war jedoch nicht erfolgreich. D.h. kein privater Betreiber hat sich bei diesem Projekt eine gute Rendite ausgerechnet. Damit war das Projekt aus wirtschaftlicher Sicht bereits "tot".

Im Jahr 2008 beschlossen die SPD-Landesregierung und die regierende Berliner Große Koalition jedoch eine vollständige Finanzierung aus Steuergeldern.

Der 1992 festgestellte Kosten-Nutzen-Faktor lag bei 3,4 %, inzwischen (Dezember 2010) wurde er lt. Bundesverkehrsministerium auf 1,8% heruntergestuft. Die offiziellen Verkehrs-Gutachten der Landesregierung liegen bei 13000 KFZ, was eine 4-spurige Bundesstraße nicht gerechtfertigen würde.

Ich bin der Ansicht, dass das Straßenprojekt B50neu/ Hochmoselbrücke mit momentan geschätzten Kosten von insgesamt 330 Millionen Euro, die ja nun komplett steuerfinanziert werden sollen, schlichtweg nicht nötig und volkswirtschaftlich unsinnig ist. Es gibt inzwischen in Rheinland-Pfalz andere (Autobahn)-Verbindungen, die den Verkehr aufnehmen.

Ich habe mit anderen zusammen bereits 1999 eine Bürgerinitiative gegen das Projekt B50neu/ Hochmoselbrücke gegründet und bin nachwievor der Meinung, dass diese Straßenverbindung aus vielerlei Gründen für unsere Mittelmoselregion nur Nachteile bringt und im Übrigen auch keine Vorteile für den Verkehrsfluss in Eifel und Hunsrück, denn die vor zig-Jahren angenommenen Fahrtzeitverkürzungen gibt es mittlerweile nicht mehr. Ein von den Winzern gefordertes Gutachten zur möglichen Beeinträchtigung der Wasserversorgung hochwertiger Weinberge wurde nie gemacht. Der zu erwartende Schaden für den Tourismus in den betroffenen Orten wird von offizieller Seite marginalisiert.

Deshalb versuchen wir, mit unseren Informationsveranstaltungen darauf hinzuwirken, dass das Projekt unter den heute vorliegenden Fakten nochmals geprüft wird. Die im April 2010 beim Bundestag eingereichte Petition hat mittlerweile über 24000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner. In diesem Sinne nutzen wir unsere demokratischen Rechte.

Bei Großprojekte müssen von vorneherein die Menschen mit einbezogen werden. Das ist u.E. bei dem Projekt B50neu/Hochmoselübergang nicht geschehen.

Sollte ich in den Landtag gewählt werden, werde ich alles in meiner Kraft Stehende tun, um das Projekt aufzuhalten. Noch stehen die Pfeiler nicht! Bereits begonnene Bauten auf der Eifelseite könnten in ein regionales Verkehrskonzept integriert werden. Von den geschätzten 330 Millionen Euro Planungs- und Baukosten sind lt. Bundesverkehrsministerium ca. 50 Millionen ausgegeben worden. Wir sollten uns den Hochmoselübergang im wahrsten Sinne des Wortes "er"-sparen!

Mit freundlichen Grüßen
Jutta Blatzheim-Roegler

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