Wie sollte man Ihrer Meinung nach mit dem Problem der Polizeigewalt in Deutschland umgehen? Trägt die politische Führung dafür Verantwortung?
Sehr geehrte Frau Söhne,
in einem polemischen und kontrovers diskutierten Artikel [1] träumt Hengameh Yaghoobifarah von der Abschaffung der Polizei und überlegt in welchen Berufen man Ex-Cops unterbringen könne. Yaghoobifarah kommt schließlich zum Ergebnis Mülldeponie. Nun scheint es laut Saskia Esken tatsächlich ein Rassismusproblem der Polizei zu geben [2], aber offenbar nicht alleine gegenüber der Herkunft von Menschen: Der UNO-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, leitet ebenfalls (zum zweiten Mal) Ermittlungen zum Vorgehen der Berliner Polizei ein [3], wobei es hier offenbar keinen Bezug zu Rassismus gibt [4].
[1] https://taz.de/Abschaffung-der-Polizei/!5689584/
[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/rechtsextremismus-polizei-hessen-esken-1.4967676
[3] https://twitter.com/NilsMelzer/status/1432271750830637056
[4] https://www.youtube.com/watch?v=tm6W1b8m6n0&t=7s
Mfg,
Reiner Ziegler
Hallo Herr Z.,
zunächst einmal bin ich der festen Überzeugung, dass Polizeigewalt nicht umgangen, sondern angegangen werden muss. Das Thema muss offensiv besprochen werden, was in den letzten Wochen und Monaten erfreulicherweise immer mehr geschehen ist. Konkret möchte ich mich für eine unabhängige Meldestelle einsetzen, bei der sich jede:r, dem:der Ungerechtigkeit widerfährt, melden kann. In vielen Bundesländern gibt es das bereits, auf Bundesebene in dieser Form noch nicht. Damit komme ich auch zum zweiten Punkt: Die Polizei ist zu großen Teilen Angelegenheit der Bundesländer. Lediglich die Bundespolizei ist direkt dem Bund unterstellt. Trotzdem trägt die politische Führung natürlich immer eine Teilverantwortung, auch auf Bundesebene. Allerdings weniger für konkrete Straftaten und Übergriffe, als für das allgemeine Versäumnis, das Thema Polizeigewalt anzuerkennen und anzugehen.
Viele Grüße und danke für ihre Frage
Julia Söhen