Frage an Jürgen Kucharczyk von Torben S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hi !
Mein Name ist Torben Stamm, ich studiere Sonderpädagogik mit FS emotionale und soziale Entwicklung. Ich habe eine Frage: Es gibt eine Schulpflicht. Die Schulpflicht ist andersherum gelesen ein Recht auf eine schulische Ausbildung. Wieso gibt es in Jugendarrestanstalten dann keine Lehrer, wenn die Motivation der Arrestanten sehr hoch ist und es außer Frage steht, dass gerade jene Jugendlichen ein Bildungsdefizit aufweisen?
Mit freundlichen Grüßen
Torben Stamm
Sehr geehrter Herr Stamm,
Jugendarrest kann als Freizeitarrest (höchstens zwei wöchentliche Freizeiten), als Kurzarrest (zusammenhängender Vollzug an Stelle des Freizeitarrests) oder als Dauerarrest (ein bis vier Wochen) verhängt werden.
Der Jugendarrest wird in speziellen Jugendarrestanstalten oder in Jugendarrestabteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen. Jugendarreststrafen werden bei Jugendlichen als letzter Schuss vor den Bug verwandt, wenn in vorherigen Fällen Sozialstunden erfolglos waren.
Zum Erreichen der Ziele des Arrestvollzugs haben die Länder jeweils eigene Konzepte entwickelt, deren Durchführung jeweils am Erfordernis der erzieherischen Gestaltung des Vollzugs gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 JGG ausgerichtet ist. Aufgrund der in der Regel kurzen Verweildauer von maximal bis zu vier Wochen können im Jugendarrest allerdings vielfach nur Impulse und Denkanstöße für Änderungen gegeben werden. Die erzieherische Gestaltung umfasst insbesondere intensive sozialpädagogische Einzel- und Gruppengespräche, zum Beispiel zur Aufarbeitung der Straftat, zur Erörterung der schulischen, beruflichen und familiären Situation und der speziellen Probleme wie Alkoholmissbrauch, Drogenkonsum und Aggressionen und das Erlernen sinnvoller Freizeitbeschäftigungen.
Eine schulische Bildung im Sinne einer Vermittlung des schulischen Curriculums mit der Möglichkeit der Vorbereitung auf Abschlussprüfungen ist aufgrund der kurzen Verweildauer im Jugendarrestvollzug nicht möglich. Soweit Jugendliche noch zur Schule gehen und am Ort der Jugendarrestanstalt wohnhaft sind, erhalten sie in den meisten Bundesländern die Möglichkeit, im Rahmen von Vollzugslockerungen weiterhin am Schulunterricht teilzunehmen. Auch wird nach Möglichkeit der Jugendarrest in den Schulferien bzw. in unterrichtsfreien Zeiten vollzogen, sofern erzieherische Gründe dem nicht entgegenstehen.
Im Rahmen der Betreuung und Behandlung erhalten die Jugendlichen in den Ländern die Möglichkeit zur Teilnahme an unterschiedlichen Unterrichtsveranstaltungen wie beispielsweise Grund- und Elementarkursen, Lern- und Konzentrationsübungen aus dem Deutsch- oder Mathematikunterricht, stundenweise Deutsch-, Mathematik- und Gemeinschaftskunde, fachpraktischem bzw. berufsorientiertem Unterricht. Daneben werden arbeitstherapeutische Maßnahmen und Sportmöglichkeiten angeboten. Im notwendigen Umfang erfolgen Hinweise für schulische oder berufliche Möglichkeiten nach der Entlassung, ggf. auch Kontaktaufnahmen zu Ämtern und Schulen oder die Vermittlung von Beratungsstellen.
Für die Betreuung der Jugendlichen stehen Mitarbeiter/innen von Fachdiensten, insbesondere der Sozialdienste, der psychologischen und der pädagogischen Dienste, die teilweise gleichermaßen für Jugendarrest und Jugendstrafvollzug zuständig sind, zur Verfügung. In einigen Ländern wird darüber hinaus die Tätigkeit der Fachdienste durch Mitarbeiter/innen verschiedener externer Einrichtungen unterstützt. Ferner stehen in einigen Ländern für die Durchführung der Betreuungs- und Behandlungsangebote nebenamtliche Lehr- und Honorarkräfte zur Verfügung.
Ich hoffe, hiermit Ihre Frage beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Kucharczyk