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Jürgen Kucharczyk
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Frage von Bernd B. •

Frage an Jürgen Kucharczyk von Bernd B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Kucharczyk,
es gibt seit Gründung der BR Deutschland 2 Versorgungssysteme. Seit Jahrzehnten ist klar, das diese aufgrund demographischer Probleme aus dem Ruder laufen. Ich möchte von Ihnen als Volksvertreter Fragen beantwortet bekommen. Warum gibt es eine 2-Klassengesellschaft, was die Altersvorsorge betrifft ? Gibt es seitens des Grundgesetzes keine Zweifel, warum 2 verdienstmäßig gleichlaufende Berufskarrieren am Ende in sehr unterschiedlichen Renten- bzw. Pensionszahlungen enden ? Warum sind Beamtenpensionen im Schnitt weitaus höher als bei Rentnern, selbst wenn diese Jahrzehnte eingezahlt haben ? Und die entscheidenden Frage: Warum wird diese Ungerechtigkeit
totgeschwiegen und warum wird bei allem, was in diesem Land an Gerechtigkeiten geschaffen wird, diese schreiende Ungerechtigkeit gerade im Hinblick auf die zukünftige Besteuerung auch der Renten nicht abgeschafft Dazu : Als selbständiger Finanzberater bin ich Zwangsmitglied der IHK. Seit Jahren bekommt diese von mir Mitgliedsbeiträge ohne einen Nutzen für mich darzustellen. In einem Gespräch mit der Geschäftsführung der IHK W/SG/RS wurde mir dies mit allgemeinem Nutzen erklärt, den ich auch nicht sehe.
Eine desolate Verkehrspolitik (Anbindung der Stadt SG an die A3 in Langenfeld) sehe ich seit Jahren. Warum muß ich (und viele andere auch) Beiträge zahlen ohne jemals eine Gegenleistung zu bekommen ? Meiner Ansicht nach verstößt das gegen das Grundgesetz, wenn z.B. Kommunen Vorteile durch eine solche Körperschaft haben, Selbständige diese aber finanzieren müßen. Das Gleichheitsprinzip ist nicht gewahrt. Ebenso könnte ich doch als selbständiger Finanzberater gerade in diesen schwierigen Zeiten der Weltwirtschaft und des Finanzwesens Unterstützung erwarten. Seitens der IHK meldet sich aber niemand, wie schon seit 7 Jahren. Der einzige Kontakt, der regelmäßig hergestellt wird ist der Beitragsbescheid. Sehen Sie dort nicht Handlungsbedarf ?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bremer,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 01. Juni 2009. Nachfolgend möchte ich sowohl auf die Versorgungssysteme der Altersvorsorge, als auch auf die Pflichtmitgliedschaft von Gewerbetreibenden bei der Industrie- und Handelskammer eingehen.

Änderungen im Rentenrecht werden möglichst wirkungsgleich auf Bestimmungen zum Pensionsrecht übertragen. Jedoch gibt es Grenzen, da beide Systeme auf verschiedenen Voraussetzungen aufbauen. Mit dem Tarifabschluss für den Bund zum 1. Januar 2008 hat sich die Bundesbeamtenversorgung erhöht. Sie wird gemindert durch den Riesterfaktor, der für die Rentenversicherung zwei Jahre ausgesetzt ist. Weil die Anpassung 2008 höher war, als die der gesetzlichen Rente, haben die Medien hier sehr viel Unfrieden gestiftet. Das ist bei sachlicher Betrachtung jedoch nicht gerechtfertigt.

Rente und Beamtenversorgung haben sich bisher durchaus vergleichbar entwickelt. Zuletzt wurde die Beamtenversorgung 2003 und 2004 erhöht. Gleichzeitig wurde ab 2004 die Jahressonderzahlung mehrmals gekürzt. Heute erhalten Versorgungsempfänger des Bundes noch 12,25 Monatsbezüge. Die Sonderzahlung selbst ist keine Bevorzugung gegenüber den Rentnern, weil auch in die Rentenberechnung alle beitragspflichtigen Einkommen einfließen. Dreizehnte Monatsgehälter sind damit anteilig in jeder monatlichen Altersrente enthalten. Die aktiven Bundesbeamten erhielten von 2005 bis 2007 statt einer Besoldungserhöhung Einmalzahlungen von je 300 Euro. Diese wurden auf Beamtenversorgungen nicht erstreckt. Damit lag die Bundesbeamtenversorgung 2007 um ca. 2,14 Prozent unter 2002, die gesetzliche Rente hingegen um ca. 1,59 Prozent darüber. Die Steigerung der Bundesbeamtenversorgung in 2008 deckt überwiegend einen Nachholbedarf ab.

Renten und Pensionen lassen sich aus verschiedenen Gründen nur schwer direkt miteinander vergleichen. Zum einen ist die Beamtenversorgung eine Vollversorgung, die nicht nur die Rente ersetzt, sondern auch die ganz oder teilweise arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung. Innerhalb der Beamtenschaft überwiegen zudem die Bezieher relativ höherer Arbeitseinkommen, was sich zwangsläufig auf die Höhe der durchschnittlichen Versorgung auswirkt. Im höheren und gehobenen Dienst sind ca. 75 Prozent der Beschäftigten verbeamtet. Im einfachen und mittleren Dienst jedoch nur ca. 30 Prozent.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind schon immer steuerpflichtig. Steuern wurden bis 2005 allerdings nur für einen Ertragsanteil fällig. Pensionen wurden dagegen in voller Höhe besteuert.

Als Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion setze ich mich auch weiterhin für Rahmenbedingungen ein, die die Versorgungssysteme in Deutschland gerecht und verlässlich gestalten.

Zur Pflichtmitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern führen Sie Ihren Unmut aus.
Die Industrie- und Handelskammern erfüllen die gesetzliche Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden wahrzunehmen. Sie fördern die gewerbliche Wirtschaft, wägen die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe ab und berücksichtigen diese ausgleichend. Dabei stellen die Beiträge an eine IHK kein Entgelt für individuell in Anspruch genommene Dienstleistungen dar. Sie sind eine Gegenleistung, damit die IHK die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben erfüllen kann.

Betrachtet man die Tätigkeit der IHKs im öffentlichen Auftrag, erscheint die Kritik an einem jährlichen Pflichtbeitrag nicht gerechtfertigt, denn die Angebote der IHKs kommen allen Gewerbetreibenden zugute - Wettbewerbern wie Geschäftspartnern. Gerade die kleinen und mittelständischen Betriebe profitieren von einer Mitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern. Die Kammern betreuen über 850.000 Auszubildende, nehmen jährlich 250.000 Zwischenprüfungen und 330.000 Abschlussprüfungen in der beruflichen Bildung ab, beraten jährlich etwa 350.000 Existenzgründer. Die IHKs erteilen Auskünfte zu steuerlichen Fragen, nehmen Stellung in Fragen der Bauleitplanung und erteilen fast 200.000 Auskünfte pro Jahr zu Innovations- und Umweltfragen. Als Selbstverwaltungseinrichtung der Wirtschaft entlasten die Industrie- und Handelskammern den Staat von einer Reihe von Aufgaben und sind deshalb notwendig. Aktuell sind die IHKs bei der Umsetzung des Konjunkturpaketes II intensiv eingebunden.

Das Engagement der IHKs hilft darüber hinaus Kosten - auch für die Wirtschaft – zu senken: Allein der Aufwand für die jährlichen Abschluss- und Zwischenprüfungen in den IHKs entspricht etwa 1 Milliarde Euro. Diesen Aufwand müsste sich der Staat erstatten lassen. Die Steuer- und Abgabenlast für die Wirtschaft würde wachsen und die Mitgliedsbeiträge an die IHKs bei weitem übersteigen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im übrigen seine Zustimmung zur Pflichtmitgliedschaft mit Urteil vom 7. Dezember 2001 erneut bekräftigt.

Aus diesen Gründen befürworte ich das System der Pflichtmitgliedschaft in der IHK. Es wird nach meiner Einschätzung in absehbarer Zukunft keine Änderungen an der Pflichtmitgliedschaft geben.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Kucharczyk MdB