Frage an Jürgen Heinen von Karl-Heinz H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Heinen, wie ich sehe, haben Sie Großes vor: Worin unterscheidet sich eigentlich das Wahlprogramm der GRÜNEN von dem der LINKEN? Viel Erfolg
Sehr geehrter Herr H.,
die Linke bietet das Bild einer zerrissenen Partei: zerrissen zwischen Gestaltungsanspruch und Fundamentalopposition. Zerrissen zwischen Anbiederung an rechtspopulistische Ressentiments und Haltung in der Flüchtlings- und Europapolitik. Zerrissen zwischen dem Wunsch nach einer rot-grün-roten Koalitionsoption und dem Abarbeiten an SPD und uns.
Es wäre schön, wenn die Linke ein Partner für eine soziale, ökologische und tolerante Politik wäre. Das liegt an ihr. Die Linkspartei muss erklären, ob sie bereit ist Verantwortung zu übernehmen. Sie müsste dazu auch ihr Verhältnis zu Deutschlands Rolle in Europa, der UN und der NATO klären.
Der Programmentwurf der Linken ist ein breites Sammelsurium linker Reformvorschläge, meist ohne konkrete Konzepte, geschweige denn mit durch gerechneten Finanzierungsvorschlägen. Die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung sind ihr egal. Wahrscheinlich rechnet sie selber nicht damit, dieses Programm jemals umzusetzen.
Ein klares Bekenntnis zu Europa und seinen Errungenschaften sucht man vergebens bei der Linken. Anstatt klar die Mitgliedstaaten zu adressieren, wird die EU als Ganzes verteufelt. In Zeiten, in denen Rechtsnationalisten die europäische Einigung zerstören wollen, ist das brandgefährlich. Wie sie Steuerbetrug beenden, die Jugendarbeitslosigkeit in Europa bekämpfen, die Krise in Griechenland überwinden und den sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft angehen will, bleibt unklar. Den Euro beschreibt sie als Auslaufmodell und nicht als Errungenschaft.
Die europäische Einigung ist eine große historische Errungenschaft und Projekt des Friedens. Sie bedeutet: Zusammenarbeit statt Nationalismus. Wir GRÜNE sind die politische Kraft, die Europa gegen den Rechtsnationalismus verteidigt und den Weg der europäischen Integration weitergeht. Deshalb wollen wir Europa mit einem Green New Deal für mehr Jobs und besseren Umweltschutz voranbringen. Wir wollen das EU-Parlament stärken, Lobbymacht offenlegen und mit einem Zukunftspakt zwischen der EU und Afrika dort neue Perspektiven eröffnen und Fluchtursachen effektiv bekämpfen.
Außenpolitisch propagiert die Linke eine radikale Politik gegen die NATO, gegen jegliche Auslandseinsätze der Bundeswehr, gegen jegliche sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Europa. Eine solche Politik ist unverantwortlich und untergräbt die Bemühungen, die kollektive Friedenssicherung mit Hilfe der EU und unter dem Dach der Vereinten Nationen zu stärken. Mit diesen Positionen stellt sie sich gegen die Friedenssicherung im Rahmen der Vereinten Nationen.
Außerdem fehlt den Forderungen im Umweltbereich der Linkspartei Tiefe. Richtige Konzepte in konkrete Politik umzusetzen ist nicht vorgesehen. Die Linke will ein „Zukunftsprogramm für den sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft“. Doch außer schönen Worten wird wenig geboten. Die Linke bekennt sich auf dem Papier zum Kohleausstieg, doch das Handeln sieht anders aus. Weiter geht es beim Verkehr: Wenn die Benzinpreise hoch lagen, forderte sie in der Vergangenheit schnell staatliche Eingriffe oder eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Im Zweifel wirft die Linke ökologische Positionen als erstes über Bord.
Wir GRÜNE haben einen Plan für die Energiewelt der Zukunft. Es ist möglich, die Energieversorgung der Menschen komplett mit Sonne, Wind, Wasser, nachhaltig erzeugter Bioenergie und Erdwärme zu decken. Wir wollen vollständig auf Erneuerbare umsteigen, Energieeffizienz, energetische Sanierungen und Energiesparen fördern und Atomkraft endgültig abschalten.
Wir GRÜNE wollen es für jeden einfach machen, sein Ziel so umweltfreundlich und nachhaltig wie möglich zu erreichen. Verkehr 2017 heißt für uns: Immer mehr Menschen steigen um auf Bus, Bahn und Fahrrad – vor allem in den Städten. Deshalb wollen wir einen Mobilpass einführen, mit dem sämtliche Angebote des öffentlichen Verkehrs wie auch Car- und Bikesharing aus einer Hand gebucht und bezahlt werden können. Wir schaffen mehr Radwege und wollen ab 2030 nur noch abgasfreie Neuwagen zulassen. Denn wer auf das Auto angewiesen ist, muss in Zukunft sauber und umweltfreundlich fahren können.
Nur mit Grün gibt es den echten Politikwechsel vom orientierungslosen Abwarten der Großen Koalition hin zu ökologischem Fortschritt und einem sozialen Europa.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Heinen