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Josefine Paul
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Frage von Clemens v. •

Laut Koalitionsvertrag soll ein drittes gebührenfreies Kita-Jahr in NRW eingeführt werden. Wann kann man damit rechnen bzw. wie ist der aktuelle Bearbeitungsstand.

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Vor allem der Fachkräftemangel setzt die frühkindliche Bildung, aber auch unsere gesamte Gesellschaft enorm unter Druck. Es ist anzunehmen, dass sich einerseits die ohnehin angespannte Personalsituation wie auch die gesamtgesellschaftlich ansteigende Zahl der krankheitsbedingten Ausfalltage in dieser Entwicklung niederschlagen. Wir arbeiten deshalb jeden Tag daran, mehr Menschen für die Arbeit in den Kitas und in der Kindertagespflege zu gewinnen. Wichtig ist hier, dass das Land gemeinsam mit den Trägern und Kommunen die Personalverordnung prüft – und gegebenenfalls weiterentwickelt. Denn Träger melden uns immer wieder zurück, dass sie ihr Personal flexibler einsetzen möchten, um etwa auf Krankheitsfälle besser reagieren zu können. Wir werden auf diese Weise Instrumente entwickeln, mit denen wir den Betreuungsausfällen sehr kurzfristig begegnen können. Dass solche Instrumente wirken, zeigt unter anderem das bewährte und erfolgreiche Programm der Kita-Helfer:innen, welches wir fortsetzen, um pädagogische Fachkräfte bei nicht pädagogischen Tätigkeiten zu unterstützen und zu entlasten. Den flexibleren Personaleinsatz und weitere Schritte zur Stabilisierung werden wir auch im Rahmen der Anpassung des Kinderbildungsgesetztes (KiBiz) beraten

Das Land Nordrhein-Westfalen refinanziert derzeit zwei beitragsfreie Jahre, das gilt landeseinheitlich und ganz prinzipiell. Ganz grundsätzlich besteht zudem die Möglichkeit, nach § 90 Absatz 3 SGB VIII, vom Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise befreit zu werden, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. So ist nach bundesgesetzlicher Regelung der Kita-Besuch beispielsweise beitragsfrei, wenn die Eltern Bürgergeld oder Sozialgeld nach dem SGB II, Sozialhilfe nach dem SGB XII, Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder von Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetzt beziehen. Darüber hinaus obliegt die Beitragsgestaltung grundsätzlich den Kommunen, jenseits der vom Land refinanzierten beitragsfreien Kita-Jahre.

Es ist richtig, dass die Beitragsfreiheit für das dritte Kindergartenjahr seitens der regierungstragenden Fraktionen aus CDU und GRÜNEN im Koalitionsvertrag aufgenommen wurde. Der Koalitionsvertrag bezieht sich auf den Zeitraum der gesamten Legislaturperiode, sprich 2022 bis 2027. Es ist unser Bestreben, die dort festgelegten Ziele in diesem Zeitraum umzusetzen. Allerdings halten wir für einzelne Maßnahmen kein konkretes Umsetzungsdatum fest. Wann welche Ziele aus dem Koalitionsvertrag wie umgesetzt werden, unterliegt vielfältigen Faktoren. 

Wie Sie möglicherweise persönlich erleben oder anderweitig mitbekommen haben, stehen wir im Bereich der Sozial- und Erziehungsberuf, im Besonderen auch in der Kita-Landschaft, vor vielfältigen Herausforderungen. Der Fachkräftemangel und finanzielle Schwierigkeiten seitens der Kita-Träger belasten das System stark.

Mit Blick auf die zusätzlich angespannte Finanzlage des Landes, die kaum Spielraum zulässt, müssen und werden derzeit sehr klare Prioritäten gesetzt, wie dieser komplexen Problemlage in der Kita-Landschaft begegnet werden kann.

Aufgrund der zuvor beschriebenen Herausforderungen kann ich zum aktuellen Zeitpunkt keine konkreten Angaben dazu machen, wie es sich im weiteren zeitlichen Verlauf der Legislaturperiode mit der Umsetzung des dritten beitragsfreien Kindergartenjahres verhält.

Jedoch möchte ich darauf hinweisen, dass wir uns derzeit in den vorbereitenden Arbeiten zur Novellierung des Kinderbildungsgesetzes befinden. Im Rahmen der Beratungen werden auch über weiterer Entlastungsmöglichkeiten für Eltern und Familien beraten. 

Die beabsichtigte Novellierung des Kinderbildungsgesetzes hängt jedoch auch nicht zuletzt von externen Faktoren wie der Fortführung der Bundesmittel aus dem „Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Verbesserung der Teilhabe in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege“ (KiQuTG) ab. Diese stehen den Bundesländern bis Ende 2024 zur Verfügung. Aktuell ist noch ungewiss, ob und inwieweit diese Mittel fortgeführt werden. Die Weiterführung der Bundesförderung ist entscheidend für die zukünftige Finanzierung und Sicherung der Qualität der Kindertagesbetreuung in NRW.

Ich bedauere sehr, dass ich Ihnen derzeit keinen konkreten Umsetzungszeitpunkt nennen kann. Ich möchte Ihnen jedoch versichern, dass ich mich in den kommenden Haushaltsberatungen für die soziale Infrastruktur starkmachen werde und die finanzielle Entlastung von Familien, insbesondere in Zeiten multipler Krisen, ein besonderes Anliegen der regierungstragenden Fraktionen aus CDU und GRÜNEN und der Landesregierung ist.

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