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Josef Winkler
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Frage von winfried h. •

Frage an Josef Winkler von winfried h. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Winkler,
Klar, in Zeiten allgemeinen Niederganges, wie wir ihn in der zurückliegenden Zeit zu verkraften hatten, müssen alle, auch die Rentner ihr Schärflein beitragen. Die Rentner haben das getan.
Jetzt, trotz Aufschwung, steht eine weitere indirekte Rentenekürzung an, gegeben durch die beabsichtigte Reform der Pflegeversicherung.
Während bei den Arbeitenden der erhöhte Beitrag zur Pflegeversicherung einerseits durch den anteiligen Beitrag des Arbeitgebers, andererseits durch die Reduzierung der Beiträge zur Rentnenversicherung kompensiert wird, ist dies bei den Rentern nicht der Fall, da diese weder von Arbeitgeberbeiträgen profitieren noch einen Ausgleich durch niedrigere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erhalten da sie dazu keinen Beitrag leisten.
Ist das politisch gewollt oder ein "handwerklicher Fehler" ?
Wie ist Ihre persönliche Meinung dazu und werden Sie persönlich dem Gesetzentwurf von Frau Schmidt in dieser Form zustimmen ?

Mit freundlichen Grüßen

Winfried Heinkele

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heinkele,

ich habe mit der Beantwortung Ihrer Anfrage warten wollen, bis die große Koalition sich auf ein endgültiges Finanzierungskonzept zur Pflegeversicherung einigt. Inzwischen ist der Kabinettsentwurf verabschiedet worden. Von einem stabilen und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Konzept kann dabei jedoch nicht die Rede sein. Es wurde lediglich ein halbherziger Kompromiß gefunden, weil man sich weder auf eine Kapitaldeckung noch auf eine Bürgerversicherung einigen konnte. Der Beitragsatz soll ab dem 1.7.2008 um 0,25% steigen. Zuvor, zum 1.1.2008, soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt werden. Sie haben also recht, dass die Rentner von einer Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages nicht profitieren. Dies können sie natürlich auch nicht, da Rentner/innen keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichten. Allerdings werden auch Rentner/innen durch die gleichzeitige geringfügige Rentenerhöhung voraussichtlich nicht mehrbelastet werden.
Die Strategie, die die Große Koalition damit verfolgt, ist verantwortungslos. Die Koalition möchte damit nämlich die Botschaft senden: "Die Reform der Pflegeversicherung kostet nichts." Das ist falsch, denn trotzdem erhöht sich für alle gesetzlich Pflege-Versicherten der Beitrag zur Pflegeversicherung - für Rentner/innen wie für Arbeitnehmer/innen. Denn die gleichzeitige Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung wie auch die Rentenerhöhung haben damit nichts zu tun. Dies alles wird von der Koalition lediglich zum selben Zeitpunkt umgesetzt.
Ein Taschenspielertrick, der sich bald rächen wird. Denn schon in wenigen Jahren werden die Mittel aus der Beitragserhöhung zur Pflegeversicherung wieder verbraucht sein. Und was dann?

Wir als Grüne haben schon weit im Vorfeld der Reform für eine Pflege-Bürgerversicherung plädiert, in die alle Bürger je nach Ihrer Leistungsfähigkeit einzahlen und bei der alle Einkommensarten zur Beitragsbemessung herangezogen werden, also auch Einkommen aus Mieten und Zinsen. Wir fordern auch, dass die heutige Trennung zwischen privater Pflegeversicherung und gesetzlicher Pflegeversicherung aus Gerechtigkeitsgründen aufgehoben werden muss. Auch haben wir uns für den Aufbau einer Demographiereserve ausgesprochen um zu garantieren, dass auch nachfolgende Generationen Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen können.
Für fatal halten wir, dass sich SPD und CDU/CSU um den Aufbau einer solchen Demographiereserve drücken. Hierdurch wächst die Gefahr, dass heute noch junge bzw. jüngere Menschen zukünftig im Fall der Pflegebedürftigkeit weit weniger Leistungen erhalten, als ältere und alte Menschen heute. Zu bedenken ist auch, dass die Zahl älterer und alter Menschen und damit auch die Zahl der Pflegebedürftigen wächst. Ich kann verstehen, dass Sie es als ungerecht erleben, dass die Rentner schon nach den sogenannten "Nullrunden" der letzten Jahre nun auch durch die Reform der Pflegeversicherung wieder Abstriche hinnehmen müssen. Eine Demographiereserve, eingebettet in ein nachhaltiges Finanzierungskonzept, könnte für Stabilität in der Pflegeversicherung sorgen und damit auch solche Benachteiligungen, von denen sie betroffen sind vermeiden, zumindest im Rahmen der Pflegeversicherung. Allerdings ist auch für uns Grüne eine Beitragserhöhung für alle Versicherten kein Tabu, sofern die Mittel einer Pflege-Bürgerversicherung nicht ausreichen. Angesichts der demographischen Entwicklung und der steigenden Zahl Pflegebedürftiger ist davon auszugehen, dass der Finanzbedarf steigen wird.
Die jetzige Situation führt eher dazu, Generationen gegeneinander auszuspielen. Viel wichtiger erscheint es mir nach Lösungen zu suchen, die die Solidarität zwischen den Generationen wieder stärken. Das braucht auch, aber nicht nur, eine stabile und verlässliche finanzielle Grundlage.
Wir werden unsere Kritik am jetzigen Reformvorhaben vor allem gegen die fehlende Nachhaltigkeit der Finanzierung sowie auf die Mängel im Bereich der Nutzerorientierung und dem Verbraucherschutz bei geplanten inhaltlichen Maßnahmen richten.

Mit freundlichen Grüßen
Josef Winkler

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