Frage an Josef Winkler von Isabell N. bezüglich Gesundheit
Guten Tag, Herr Winkler!
Ich bin als Kleinunternehmerin seit 8 Jahren selbstständig tätig und erwirtschafte als 1-Frau-Betrieb ein bescheidenes Einkommen. Ich ärgere mich jeden Monat darüber, an meine gesetzliche Krankenversicherung 224,00 Euro an Beitrag bezahlen zu müssen. Dieser Betrag erscheint nicht besonders hoch, belastet mich finanziell jedoch erheblich. Das Problem: Als Selbstständige werde ich nach einem vom Gesetzgeber willkürlich festgesetzten mtl. Einkommen zur Beitragsbemessung veranlagt, aber NICHT nach meinem tatsächlichen Einkommen. Für mich gilt ein mtl. fiktives Einkommen von 1.800 Euro, dass ich aber bisher noch nie (!) auch nur annährend als tatsächliches mtl. Einkommen erzielt habe. Oft sind meine mtl. Einkünfte gerade mal halb so hoch. Angesichts dessen stellt es für mich eine ungeheure finanzielle Belastung dar, weiter Beiträge an meine KV zu zahlen, die mein tatsächliches Einkommen überhaupt nicht berücksichtigen. Es wäre DRINGEND notwendig, diese Regelung zu ändern und zur Beitragsermittlung die tatsächlichen Einkünfte zugrunde zu legen. Das muss doch machbar sein, oder?
Ich habe schon oft überlegt, aus der gesetzlichen KV ganz auszusteigen. Da ich jedoch chronisch krank bin, bin ich auf eine KV dringend angewiesen. Aber irgendwann kann ich mir diese einfach nicht mehr leisten. Anspruch auf staatliche Hilfe habe ich lt. Auskunft des zuständigen Amts nicht, denn dafür seien meine mtl. Einkünfte zu hoch (!).
Das ist ein unhaltbarer Zustand für mich. Und ich bin mir sicher, ich bin nicht die einzige Betroffene, die in dieser Misere steckt! Hier ist DRINGEND Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers geboten!!!
Besten Dank im Voraus für Ihre Antwort.
Freundliche Grüße,
I. Nickenig
Sehr geehrte Frau Nickenig,
Die Problematik ist uns bekannt, allerdings werden wir innerhalb dieser Legislaturperiode wegen der Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag keine Änderungen durchsetzen können. Langfristig sieht dies anders aus, da die grüne Bürgerversicherung für dieses Problem Lösungen zur Verfügung stellt. Informationen zur grünen Bürgerversicherung finden Sie unter: http://www.gruene-bundestag.de/cms/gesundheit/dok/212/212303.buergerversicherung_eine_fuer_alle.html
Zugangsbeschränkungen und Mindestbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind der Preis für die Zweiteilung unseres Krankenversicherungssystems. Wir Grüne möchten deshalb alle Selbstständigen und Angestellten in das Solidarsystem einbeziehen. Innerhalb des grünen Modells einer Bürgerversicherung würde für alle gelten, dass Beiträge strikt einkommensbezogen erhoben werden. Mindestbeiträge würden überflüssig.
Ein Verzicht im bestehenden Krankenversicherungssystem auf eine Mindestbemessungsgrundlage und die Öffnung der heutigen Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Selbstständige würde hingegen zu massiven Selektionseffekten führen: Selbstständige mit geringen Einkommen und hohen Krankheitsrisiken würden sich für die GKV entscheiden, alle anderen weiterhin für die Private Krankenversicherung (PKV). Dies würde zu enormen Belastungen des Solidarsystems führen, die die jetzigen Versicherten über (höhere) Zusatzbeiträge zu finanzieren hätten. Das würden gerade die abhängig Beschäftigten mit kleinen Einkommen überproportional belasten. Erschwerend kommt im bestehenden System hinzu, dass das beitragspflichtige Einkommen bei hauptberuflich Selbstständigen anders ermittelt wird als bei ArbeitnehmerInnen. Bei den Selbstständigen gilt das Nettoprinzip des Einkommenssteuerrechts. Dagegen werden bei den sonstigen freiwillig Versicherten die Bruttoeinnahmen zur Beitragsberechnung herangezogen. Damit kommen ihnen bei der Beitragsbemessung Steuererleichterungen, wie z.B. Werbungskosten, nicht zugute. Die höhere Mindestbemessungsgrenze für Selbstständige dient auch dazu, diesen Vorteil wieder auszugleichen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2001 die höhere Mindestbemessungsgrenze für Selbstständige als verfassungsgemäß bezeichnet.
Eventuell besteht bei Ihnen die Möglichkeit, mit dem Wechsel zu einer anderen Krankenkasse einen geringfügig geringeren Versicherungsbeitrag zu zahlen. Denn die Kassen können den im Gesetz festgelegten Mindestbeitrag per Satzungsregelung unterschreiten, aber auch hierfür ist eine Untergrenze festgelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Winkler