Frage an Josef Winkler von Dr. Nils J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Winkler,
Sie und einige andere Katholiken Ihrer Partei regen in einem aktuellen Papier an, Konfessionslose mit einer "Kultursteuer" zu belegen. Dabei beziehen Sie sich auf ein in Italien praktiziertes Modell.
Ist Ihnen bekannt, dass das italienische Modell von der Evangelischen Kirche bereits im Jahr 2007 für Deutschland als verfassungswidrig eingestuft worden ist? Wie bewerten Sie die mit Ihrem Vorschlag auftretenden verfassungsrechtlichen Fragen?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Nils Jena
Sehr geehrter Herr Dr. Jena,
das Debattenpapier, das von mir und anderen katholischen Grünen veröffentlicht worden ist, hat eine Menge Aufruhr verursacht. Besonders die Forderung nach Ersetzung der Kirchensteuer durch eine Kulturabgabe ist medial verbreitet worden.
Das von uns veröffentlichte Papier soll innerkirchliche Debatten anstoßen. Es ist absichtlich ein Na-menspapier von Katholikinnen und Katholiken, die zugleich Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen sind. Es ist eine kircheninterne Forderung, die der Tatsache Rechnung trägt, dass gegen die Amtskirchen eine Veränderung des Status quo schwer wäre. Zudem wäre ein konfrontatives Vorgehen politisch unklug. Die Diskussionen über Veränderungen der rechtlichen Situation müssen in den Kirchen beginnen. Nur dann werden wir politisch in der Lage sein, Neues zu wagen. Dabei ist die Frage der Kirchenfinanzierung nur eines unter vielen Themen, die angesprochen werden.
Weil die Kirchensteuer in Deutschland heftiger Kritik unterliegt, halten wir eine innerkirchliche De-batte über dieses System für notwendig. Dabei geht es mir und den anderen Unterzeichnern nicht um eine neue Steuer, sondern darum, einen kleinen Teil der bestehenden Steuerlast zweckgebunden einsetzen zu können, aber nicht zu müssen. Neben den Kirchen werden davon auch andere Institutionen profitieren, die dann die Kulturabgabe erhalten dürfen.
Wir haben für eine Reformdiskussion innerhalb der katholischen Kirche eine Orientierung an diesem Modell angeregt, nicht eine direkte Übernahme. Man wird die spezifische Situation in Deutschland berücksichtigen müssen. Traditionell halten die Kirchen Strukturen vor, die für das soziale und kulturelle Leben wichtig sind. Mit sinkenden Mitgliederzahlen müssen wir in der Kirche und in der Gesellschaft darüber nachdenken, wie vor allem soziale Institutionen auf anderem Wege finanziert werden können. Denn eine Übernahme des sozial-karitativen Bereichs durch kommerzielle Anbieter führt zu einer weiteren Ökonomisierung des Wohlfahrtsbereichs, die dem Wohl der Betroffenen zuwiderläuft.
Damit ist hoffentlich deutlich geworden: Die Unterzeichner fordern keinen Parteitags-Beschluss zur Frage der Kulturabgabe, sondern wollen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Situation Ideen in die vom gesellschaftlichen Wandel betroffenen Institutionen, vor allem die Kirchen, hineintragen.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Winkler