Frage an Johannes Wiegelmann von Rainer G. bezüglich Staat und Verwaltung
Was halten Sie von der Einrichtung von Bürgerräten zu bestimmten Themen und werden Sie das unterstützen.
Sehr geehrter Herr Gerst,
vielen Dank für Ihre Nachricht, die ich gerne beantworte.
Grundsätzlich stehe ich der Idee von Bürgerräten positiv gegenüber, soweit sie als Ergänzung zu dem in Deutschland bewährten System der repräsentativen Demokratie verstanden werden. Die Parlamente müssen dabei der Ort der Entscheidung bleiben, weil nur für diese eine Legitimierung durch allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und geheime Wahlen besteht.
Bürgerräte können ein ergänzendes Stimmungsbild sein und Bürger temporär zu bestimmten Fragestellungen in Entscheidungsprozesse einbinden. Dies kann zu einer Steigerung der Akzeptanz von politischen Entscheidungen beitragen.
Gleichwohl warne ich davor, zu hohe Erwartungen und Hoffnungen in solche Bürgerratsverfahren zu setzen. Zwar sind die gesammelten Erfahrungen in Bezug auf Bürgerratsverfahren auf Bundesebene noch gering, jedoch zeigen diese bereits heute, dass eine enge Einbindung in das parlamentarische Verfahren geboten ist - bspw. in Bezug auf die Ausgestaltung der Fragestellung, mit der sich Bürgerräte beschäftigen sollen. Eine „Entscheidung" in einem Bürgerrat kann lediglich eine Empfehlung sein. Die Entscheidung muss im demokratisch legitimierten Parlament fallen, denn das Losverfahren schließt oftmals diejenigen aus, welche sich zu bestimmten politischen Fragestellungen engagieren und positionieren. Es darf nicht zu einer Konkurrenz zwischen Bürgerräten und Parlamenten kommen.
Kurzum, es ist einen Versuch, der klug ausgestaltet sein muss, wert.
Mit freundlichen Grüßen nach Linsengericht
Johannes Wiegelmann