Nachfrage zu Frage vom 08.10.2022: Warum will die CDU Schul-Absolventen Zwangasarbeit zumuten?
Hallo Herr Steiniger,
sie haben das Befürworten eines Gesellschaftsjahres u.a. mit der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen begründet. Warum glauben sie, dass junge Menschen nur unter staatlichem Zwang ihre Persönlichkeit entwickeln können? Sind ihre Aussagen mit dem Grundgesetz Art 2 vereinbar? Haben sie keine weiteren juristischen Bedenken bei der Umsetzung (Stichwort Zwangsarbeit)? Sollten in einem freien Land nicht die Leute selbst entscheiden können, welche Tätigkeiten sie ausüben?
Ich hatte Ender der 90er meinen Wehrdienst geleistet. Geblieben ist der Frust über fehlendes Gehalt, fehlende Wehrgerechtigkeit, verlorene Zeit in der berufsbegleitenden Weiterbildung, was sich im Gesellschaftsjahr in ähnlicher Form wiederholen wird. Wertschätzung vom Staat? Fehlanzeige. Hinzu kamen die unerträglichen Zustände bei der Musterung. Sollte nicht die alte Werhpflicht erst einmal öffentlich komplett aufgearbeitet werden, bevor man sich an ein solches Projet wagt?
Sehr geehrter Herr G.,
Danke für Ihre Frage. Es ist sehr schade, dass Sie Ihren Wehrdienst vor über 20 Jahren als so negativ empfunden haben. Mich erreichen aber auch eine Vielzahl anderer Berichte, in denen genau das Gegenteil berichtet wird: Menschen, die sich im Nachhinein gerne an Ihre Zeit in der Bundeswehr oder beim Zivildienst zurückerinnern und bestätigen, dass sich dieses einen großen Mehrwert für die eigene Entwicklung hatte.
Beim Gesellschaftsjahr soll es nach unserer Vorstellung eine Vielzahl an Möglichkeiten geben, sich nach der Schulzeit für unsere Gesellschaft einzusetzen: im Sport, im Katastrophenschutz, im digitalen Bereich, in Kunst und Kultur, bei der Aufforstung und im Umweltschutz usw. Eine Musterung wird es also gar nicht geben, außer man möchte freiwillig den Dienst bei der Bundeswehr absolvieren. Ihre Sorgen sind hier deshalb nicht berechtigt. Ich bin sicher, dass wir so auch viele Menschen für ein Ehrenamt begeistern werden, welche durch ihre Familie bzw. Umfeld hier sonst keine Berührungspunkte hatten.
Eine für das Gesellschaftsjahr notwendige Verfassungsänderung würde zudem auch bedeuten, dass die finanzielle Ausstattung dieses Dienstes gewährleistet sein müsste und nicht von Haushaltszwängen abhinge, wie dies derzeit bei den Freiwilligendiensten der Fall ist.
In den vielen Gesprächen zu dem Thema bekomme ich auch eine Vielzahl an positiven Rückmeldungen – insofern freue mich auf die weitere Diskussion zum Gesellschaftsjahr in den kommenden Jahren.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Steiniger