Frage an Johannes Selle von Julius K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Selle,
Dem Stenographischen Bericht der 175. Sitzung des Bundestages vom 15. Mai 1997 (Plenarprotokoll 13/175) ist zu entnehmen, dass Sie, vereinfacht gesagt, gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe gestimmt haben. Welche Gründe hatten Sie für Ihr Abstimmungsverhalten? Warum hielten Sie es für sinnvoll die §§ 177 und 178 auf außereheliche sexuelle Handlungen beschränkt zu lassen? In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es: "Das Erzwingen sexueller Handlungen innerhalb der Ehe kann bisher nur nach §§ 223 ff., 240 StGB - die erheblich mildere Strafrahmen vorsehen - bestraft werden." Hielten Sie diesen milderen Strafrahmen für das Erzwingen sexueller Handlungen innerhalb der Ehe für angemessen? Und wie denken Sie heute zu diesem Sachverhalt? Hat sich die Gesetzesänderung in Ihren Augen als richtig oder falsch erwiesen?
Mit freundlichen Grüßen
J. K.
Sehr geehrter Herr Krämer,
um gleich alle Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, ich bin ganz klar gegen jegliche Gewalt, ob physisch oder psychisch, gegen Frauen. Nein heißt Nein! Das gilt damals wie heute.
Ich erinnere mich an die Debatte, die Sie anführen. Es handelt sich um das Strafrechtsänderungsgesetz- §§ 177 bis 179 StGB, das überfraktionell in den Deutschen Bundestag eingebracht und verabschiedet wurde.
Im Kernpunkt waren und sind wir uns einig, dass sexuelle Gewalt inner- und außerhalb der Ehe ein sehr schweres Vergehen ist, das zur Anzeige gebracht werden muss. Es gab eine Diskussion zur sogenannten „Widerspruchsklausel“, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Das Opfer soll selbst entscheiden, ob eine Strafverfolgung eingestellt werden soll oder nicht. Da dies im Gesetz nicht berücksichtigt wurde, habe ich dagegen gestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Selle