Frage an Johannes Selle von Heidrun J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Im Zuge von Digitalisierung und Globalisierung fordern viele Unternehmen, dass Mitarbeiter flexibler und auch zu unüblichen Zeiten für die Kommunikation mit Lieferanten und Kunden zur Verfügung stehen und auch sonst flexibler einsetzbar sind. Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zum deutschen Arbeitszeitgesetz und was würden Sie ganz konkret ändern, wenn Sie gewählt würden?
Sehr geehrte Frau J.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne möchte ich dazu Stellung nehmen.
Die Digitalisierung der Arbeitswelt stellt Deutschland vor eine große Herausforderung. Aber sie bietet auch Chancen auf neue Arbeitsplätze, Märkte und Technologien, um das Leben der Menschen zu verbessern.
Mit neuen Arbeitszeitmodellen wollen wir als CDU die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Dabei kann uns die Digitalisierung helfen. Was zum Beispiel früher nicht denkbar oder eine Ausnahme war, ist heute für viele selbstverständlich – das Arbeiten von zuhause aus.
Außerdem wollen wir das Arbeitszeitrecht so modernisieren, dass die Tarifpartner zusätzliche Spielräume zur Flexibilisierung im Rahmen von Tarifverträgen nutzen können. Die Obergrenze der Gesamt-Wochenarbeitszeit soll dabei aber nicht erhöht werden.
Maximal acht bis zehn Stunden Arbeitszeit pro Tag schreibt das derzeit geltende Arbeitszeitgesetz vor. Diese dürfen in der Regel nicht überschritten werden. Gleichzeitig ist eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden nach Feierabend vorgeschrieben.
Im Raum steht eine Anpassung an EU-Richtlinien in dieser Frage. Es wird überlegt, die bisherige Arbeitszeitgrenze am Tag aufheben. Als Maßstab soll die EU-Arbeitszeitrichtlinie dienen. Diese sieht eine wöchentlich Höchstarbeitszeit von maximal 48 Stunden vor. Die Vorgaben zur täglichen Arbeitszeit würden entfallen. Solche Änderungen werden jedoch je nach Berufsstand unterschiedlich aufgenommen. Hierzu werden wir im Bundestag Anhörungen mit den verschiedenen Berufsgruppen, Gewerkschaften und Arbeitgebern durchführen.
Mutmaßungen über eine Zunahme des Arbeitsdrucks durch eine Reform des Gesetzes kann ich nur zurückweisen. Es geht nicht um Mehrarbeit, sondern um eine flexiblere Einteilung im Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften.
Einer von den Gewerkschaften befürchteten Erreichbarkeit rund um die Uhr, würden wir nicht zustimmen. Dafür gibt es im Übrigen zu viele bewährte, juristische Schutzmechanismen für Arbeitnehmer, als das man diese umgehen könnte.
Ich kann Ihnen versichern, dass wir als Union dafür eintreten, das Arbeitsrecht so weiterzuentwickeln, dass es seine Schutzfunktion für die Arbeitnehmer auch unter veränderten Rahmenbedingungen erfüllt.
Wir wollen den Wünschen der Beschäftigten nach mehr Arbeitszeitsouveränität und den Flexibilitätsanforderungen der Arbeitgeber Rechnung tragen, ohne den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gefährden. Dazu werden wir das Arbeitszeitrecht so modernisieren, dass die Tarifpartner zusätzliche Spielräume zur Flexibilisierung, wie sie die europäische Arbeitszeitrichtlinie eröffnet, im Rahmen von Tarifverträgen nutzen können. Die Gesamt-Wochenarbeitszeit erhöht sich dadurch nicht.
Für CDU und CSU haben dabei Lösungen auf betrieblicher und überbetrieblicher Ebene Vorrang vor gesetzlicher Regulierung. Eine generelle gesetzliche Begrenzung der Einsatzmöglichkeiten mobiler Kommunikation lehnen wir ab. Wir wollen Beschäftigten und Arbeitgebern ein hohes Maß an Arbeitszeitverantwortung und Freiheit bei der Arbeitsgestaltung ermöglichen. Es ist Aufgabe von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie der Sozialpartner, miteinander auszuhandeln, wie mit neuen Arbeitsformen angemessen umzugehen ist, um permanenter Erreichbarkeit und (Selbst-) Überforderung vorzubeugen.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben und freue mich über Ihr Interesse an der politischen Arbeit in Berlin.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Selle