Frage an Johannes Saalfeld von Matthias G. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Saalfeld,
herzlichen Dank für Ihre Antwort. Jedoch sind Einzelheiten weder beantwortet noch überzeugend dargelegt worden.
Sicherlich gibt es auch eine Kausalität zwischen einer steigenden Geburtenrate und dem Ausbau der Autobahn, doch das wahllose zusammenfügen von Maßnahmen und Effekten zeugt nicht sonderlich von wirtschaftlichem Sachverstand. Gefragt war nicht danach, ob Sie irgendeine Kausalität zwischen den genannten Bereichen erkennen, sondern ob Sie mit den beschriebenen Instrumenten (wovon die vereinfachten verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen nur eine Maßnahme ist) tatsächlich eine solche Wirkung entfalten können? Denn nur zu sagen es soll Anreize geben und man möchte die Verfahren zur Genehmigung vereinfachen, ist ein bisschen wenig um als Begründung für einen 11.000 Stellen Aufwuchs herzuhalten.
Anreize zu bieten bedeutet wirtschaftliche Vorteile auf lange Sicht zu geben. Unternehmen die am Aufbau und Betrieb von Windkraft verdienen, werden sich nicht erst in M-V gründen und anfangen Fachkräfte auszubilden, die erst in 3 Jahren bereit stehen, wenn sie das Geschäft auch von außerhalb M-Vs tun können. Insofern stellt sich noch immer die Frage, welche Maßnahmen sie zusätzlich umsetzen möchten?
Zudem sind die EU-Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sehrwohl an Projekte gebunden. In der Förderperiode 2007-2013 sind die Mittel über das Land an Projekte bereits vergeben und damit gebunden. Diese Zuwendungen kann man nicht inmitten der Förderung umwidmen und neu verteilen. Insofern muss bis nach 2013 gewartet werden. Ob dann aber ab 2013 die EU-Zuweisungen in der selben Höhe fortgesetzt werden, bleibt aufgrund der EU-Osterweitung zu bezweifeln. Sich nur darauf zu verlassen erscheint etwas kurzsichtig. Insofern auch hier die Nachfrage, ob es alternative Finanzierungsquellen gibt, um die prognostizierten Stellen wirtschaftlich zu beatmen?
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Galier
Sehr geehrter Herr Gallier
Wie ich Ihrer ersten Frage entnehmen kann, haben Sie sich möglicherweise nur die Zusammenfassung der Studie angesehen. Ich hatte aber auch die umfangreichere Präsentation in der Antwort an Herrn M. verlinken lassen. Dort sehen Sie, dass die prognostizierten Arbeitsplätze aus den Ausbauzielen für Erneuerbare Energien, energetische Gebäudesanierung etc. resultieren. Sie müssen unsere Ausbauziele natürlich nicht teilen, wir denken aber, das diese Ziele angesichts des Atomausstiegs und des Klimawandels nicht nur geboten, sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoll sind.
Wie Sie sicherlich den Medien entnommen haben, haben die Unwetter der vergangenen Wochen Schäden im hohen dreistelligen Millionenbereich in unserem Bundesland verursacht. Nach den Schneemassen zu Jahresbeginn und der Trockenperiode im Frühjahr mit verheerenden Sandstürmen sind nun die extremen Regenfälle zu bewältigen. Die Mehrzahl der Klimastudien sagen eine Zunahme der Extremwetterereignisse voraus. In diesem Sinne ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie die energetische Gebäudesanierung aus unserer Sicht in diesem Umfang - auch volkswirtschaftlich - geboten.
Dabei kommt M-V eine besondere Rolle zu, weil sich die Produktionsorte für Energie aus dem Süden Deutschlands (Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke) in den Norden verlagern (insbesondere Windkraftanlagen, leider auch Kohlekraftwerke, weil die Kohle nicht mehr aus dem Inland, sondern aus Übersee über Häfen bezogen wird). M-V kann und soll die Erneuerbare Energie auch für Großstädte wie Berlin und Hamburg produzieren. Es bedarf dazu nun einer Reihe von Anreizen, um tatsächlich diese Ausbauziele durch produzierendes Gewerbe im eigenen Bundesland umzusetzen. Wenn wir nichts machen, werden die Windkraftanlagen natürlich im Ausland produziert und nur noch hier aufgestellt.
Unternehmen kann man zum Beispiel durch die Förderung von Forschung und Entwicklung am Standort stärken. Dazu gehört der Ausbau der Energieforschung in M-V (siehe Studie), aber auch die Ausweisung sogenannter Testflächen, auf denen örtliche Unternehmen zu Testzwecken neue Entwicklungen ohne Zwang zur Rentabilität ausprobieren können. Im Übrigen ist es beschämend, dass es nur eine Professur in M-V zu den Erneuerbaren Energien gibt und diese ist nicht vom Land, sondern von der Wirtschaft selbst finanziert.
Die Grünen wollen sich auch dafür einsetzen, dass die Eignungsflächen für Windkraftanlagen von bisher 0,7 Prozent der Landesfläche auf 2 Prozent erhöht wird. Allein die kürzlich erfolgte Steigerung der Eignungsfläche auf jetzt 0,7 Prozent generiert laut Bundesverband Windenergie e.V ein Investitionsvolumen von 1,5 Milliarden Euro in Mecklenburg-Vorpommern.
Den Grünen ist also insbesondere wichtig, die örtlichen Unternehmen zu stärken. Gerade der Fall NORDEX zeigt, wie wichtig ein starker heimischer Markt ist, um auch auf den risikoreichen internationalen Märkten bestehen zu können. Die IHK in Rostock und Schwerin sieht die Erneuerbaren Energien als Zukunftsbranche. Nun müssen wir viele Anstrengungen unternehmen, dass wir von dieser wirtschaftlichen Lokomotive nicht wieder abgehängt werden.
Bezüglich der EU-Mittel haben oder wollten Sie mich missverstehen. Deswegen kann ich nur nochmals wiederholen, was ich bereits zuvor geschrieben hatte: Das Land kann EU-Mittel auch für die Förderung von Unternehmensansiedungen und zur Stärkung der Unternehmen (z.B. bei FuE) im Bereich der regenerativen Energien verwenden. Ganz so, wie es diese und vorhergehende Landesregierungen für andere Branchen bereits praktiziert haben. Die EU-Mittel machen 7 Prozent des Landeshaushalts aus und sind DAS Finanzierungsinstrument für Investitionsmaßnahmen des Landes.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Saalfeld