Frage an Johannes Remmel von Erich M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Remmel,
Die Dichtheitsprüfung in NRW ist in aller Munde, viele Rentner und Hausbesitzer wie ich fragen sich was da auf sie zukommt. Kann ich das Haus noch weiter halten oder muss ich jetzt mit 67 Jahren das Haus in dem ich geboren bin verkaufen, Sozialhilfe beantragen und ins Seniorenheim ziehen? Ich kann keine tausende von Euros für kostspielige und unsinnige Sanierungen mehr aufbringen. Und zur Miete kann ich von meinen 578 € Rente/Monat auch nicht wohnen.
Deshalb bitte ich Sie um eine Antwort zu den folgenden Fragen, die mich zur Zeit sehr beschäftigen:
Teilt das Umweltministerium NRW die Auffassung, dass die §§ 60,61 WHG die Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Abwasseranlagen und deren Selbstüberwachung vorschreibt?
Teilt das Umweltministerium die Auffassung, dass nach LWG NRW unterschiedliche Regelungen zu privaten Abwasseranlagen (§ 61a) und öffentlichen Abwasseranlagen (§§ 61, 58) bestehen?
Teilt das Umweltministerium die Auffassung, dass die NRW-Regelungen von den Regelungen des WHG insofern abweichen (Art. 72 Abs.3 Nr.5 GG)?
Teilt das Umweltministerium die Auffassung, dass § 61a LWG seit 1.März 2010 vor diesem Hintergrund nicht mehr anwendbar ist?
Mit freundlichen Grüßen
Erich Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
für Ihr Schreiben möchte ich mich bedanken. Ihre Sorgen nehme ich sehr ernst. Dennoch glaube ich, dass Sie mir zustimmen, dass wir alle gesundes Trinkwasser für die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen und wir alle die Umwelt schützen wollen.
Deshalb brauchen wir auch eine breitere Akzeptanz dafür, dass Abwasserkanäle dicht sein müssen. Viele Eigentümer von Grundstücken verbinden die Notwendigkeit einer Überprüfung privater Kanäle ausschließlich mit hohen Kosten. Daneben besteht häufig auch der Eindruck, nur in NRW müsse eine solche Überprüfung erfolgen.
Erlauben Sie mir deshalb folgende Hinweise:
Die Pflicht zur Überwachung privater wie auch öffentlicher Abwasseranlagen ergibt sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes (§ 61 WHG). Die Überwachung muss nach den Regeln der Technik erfolgen. Für private Abwasserleitungen gilt die DIN 1986-Teil 30. Die Notwendigkeit und die Art der Dichtheitsprüfung wird in der DIN 1986 Teil 30 vorgegeben. Diese Vorgaben gelten insoweit bundesweit.
Der Bund kann die Frage, wie im Detail die Überwachung privater wie auch öffentlicher Abwasserleitungen zu erfolgen hat, in einer Rechtsverordnung festlegen. Solange er das nicht macht, müssen die Länder entsprechende Regelungen treffen. Für NRW sind die entsprechenden Regelungen für den Bau und den Betrieb von privaten Abwasseranlagen im § 61a des Landeswassergesetzes (LWG) formuliert. Eine Abweichung vom WHG ist damit nicht verknüpft.
Richtig ist, dass für die Überwachung von öffentlichen Kanalnetzen andere Vorgaben existieren, als für private Abwasserleitungen. Beispielsweise ist das Überwachungsintervall für öffentliche Kanalnetze kürzer. Auch diese unterschiedlichen Regelungen widersprechen nicht dem WHG. Sie tragen nur den unterschiedlichen technischen Randbedingungen Rechnung.
Die systematische Überwachung der öffentlichen Kanalnetze findet seit vielen Jahren statt. Sie hat sich bewährt und ist vollkommen unumstritten. Sie hat dazu geführt, dass Sanierungen vorsorgend und zielgerichtet durchgeführt werden können. Die Sanierungskosten werden reduziert, weil Maßnahmen ergriffen werden können, bevor das Schadensausmaß größer wird.
Nachhaltig ist die Überwachung und ggf. Sanierung des Gesamtsystems jedoch nur, wenn neben den rd. 70.000 km öffentlicher Kanäle auch die 200.000 km private Abwasserkanäle in NRW überprüft und ggf. saniert werden. Deshalb ist nach § 61a LWG jeder Hauseigentümer verpflichtet, eine Dichtheitsprüfung durchzuführen. Diese Prüfung ist nach spätestens 20 Jahren zu wiederholen. Dies entspricht den bundesweit in der DIN 1986-30 verankerten Regeln.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass der möglicherweise aufgrund der durchgeführten Dichtheitsprüfung erkannte Handlungsbedarf nicht zur Folge hat, dass eine sofortige Sanierung vorgenommen werden muss. Die Entscheidung, ob und wann eine Sanierung erforderlich ist, trifft – vorbehaltlich wasser- und bodenschutzrechtlicher Entscheidungen der zuständigen Ordnungsbehörden - die Gemeinde.
Für geringe Schäden sollten grundsätzlich keine Sanierungsfristen vorgegeben werden; die Beurteilung einer Notwendigkeit der Sanierung kann im Rahmen der wiederkehrenden Prüfung erfolgen.
Sofern die Dichtheitsprüfung ergibt, dass die private Abwasseranlage starke oder mittlere Schäden aufweist, ist sie grundsätzlich zu sanieren. Für die Festlegung des Zeitpunktes gibt es einen großen Spielraum. Damit kann sichergestellt werden, dass soziale Härtefälle vermieden werden können.
Sehr geehrter Herr Müller,
Die Kosten für eine alle 20 Jahre durchzuführende Dichtheitsprüfung belaufen sich in der Regel auf 300 – 500 €.
Die Dichtheitsprüfung von Hausanschlussleitungen schützt den Hausbesitzer vor möglichen Nässeschäden seines Hauses, die durch ein zu spätes Erkennen von sanierungsbedürftigen Abwasserleitungen entstehen können. Sie stellt auch sicher, dass keine Grundwasserschäden auftreten können und sie führt dazu, dass eintretendes Fremdwasser erkannt wird.
ich hoffe dass meine Hinweise helfen, die fachliche Notwendigkeit einer alle 20 Jahre durchzuführenden Dichtheitsprüfung zu erkennen. Und Ihnen die Sorge zu nehmen, dass mit der Dichtheitsprüfung eine sofortige Sanierung verbunden ist.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Remmel MdL