Frage an Johannes Remmel von Bernd W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Remmel,
anbei erhalten Sie die Fragen eines betroffenen Bürgers zur geplanten Änderung des Windenergierlasses
1 Welchen Abstand müssen Konzentrationszonen benachbarter Gemeinden zueinander einhalten?
2 Können Gemeinden laut Windenergieerlass ihre Konzentrationszonen im gemeinsamen Grenzgebiet zusammenfügen?
3 Sind laut Windenergieerlass die betroffenen Bürger über die Gemeindegrenzen hinweg in die Planung einer solchen Windfarm einzubinden oder sind nur die Verwaltungen als Gebietskörperschaften zu beteiligen?
4 In welcher Form und ab wann sind betroffene Bürger in die zeitgleiche Planung einer Gemeindegrenzenübergreifenden Windfarm einzubinden?
5 Ist es laut Windenergieerlass möglich, dass eine Gemeinde einen FNP aufstellt, ohne die direkt angrenzend, zeitgleich geplante Konzentrationszonen der Nachbargemeinden in den eigenen FNP einzuzeichnen?
6 Erfordert ein Gemeindegrenzenübergreifendes aneinanderfügen mehrerer Konzentrationszonen einen gemeinsamen FNP?
7 Sind mit Ausweisung der FNP durch die Gemeinden die Standorte möglicher Windräder im FNP einzuzeichnen, um die betroffenen Bürgern einzubinden und um das „Vollaufen lassen“ einer solchen Konzentrationszone in Salamitaktik zu verhindern?
8 Ist die Genehmigungsbehörde verpflichtet, wenn erkennbar mehr als 19 Windräder in einer Konzentrationszone errichtet werden können, eine UVP mit umfassender Bürgerbeteiligung einzufordern, oder sind die Bürger erst mit Beantragung des 20 ten Windrades umfassend in die Planung einzubinden?
9 Sind Gemeinden verpflichtet die im FNP festgeschriebene Höhenbegrenzung mit Änderung dieser Vorgabe (Repowering) die betroffenen Bürger über die Gemeindegrenzen hinweg in die FNP Änderungen einzubinden.
10 Warum ist bei der Erweiterung einer Windfarm, für die bereits eine UVP durchgeführt wurde,, eine UVP nur noch dann erforderlich, wenn eine Erweiterung um 20 oder mehr Anlagen beantragt wird?
mit freundlichen Grüßen
Bernd Wanders
Sehr geehrter Herr Wanders,
Die Fragen sind beim Erlass des Windenergieerlasses geprüft worden.
Der Großteil der Fragen zielt darauf hin, wie gemeindliche Planungen mit den Nachbargemeinden abzustimmen sind, welche Beteiligungsrechte die Bürgerinnen und Bürger der Nachbarkommunen haben.
Diese Fragen sind im Windenergieerlass nicht angesprochen worden. Es ist lediglich unter 4.3.1 am Ende auf die Möglichkeit des gemeinsamen Flächennutzungsplanes nach § 204 Baugesetzbuch (BauGB) hingewiesen worden.
Grund dafür war, dass die Regelung des § 2 Abs. 2 BauGB, wonach die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen sind, die Nachbargemeinden deswegen ein Beteiligungsrecht an einer Planung haben und gegen ein Vorhaben klagen können, wenn der zugrundeliegende Bauleitplan nicht ausreichend die Belange der Nachbargemeinde berücksichtigt, allgemeine Fragen des Baurechts betrifft und nicht spezifische Fragen der Windenergienutzung.
Für eine Antwort auf Ihre baurechtlichen Fragen bitte ich, sich an das dafür zuständige Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen zu wenden.
Ich kann Ihnen im Folgenden nur die beiden Fragen zur Umweltverträglichkeitsprüfung beantworten.
Frage 8:
Die Frage zielt auf eine Fallkonstellation, bei der bisher noch keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt worden ist.
Abgestellt wird bei der UVP immer auf die konkret errichteten bzw. beantragten Anlagen, nicht darauf, wie viele Anlagen errichtet werden können.
Eine automatisch verpflichtende UVP ist erst ab 20 Anlagen (errichtete und beantragte Anlagen zusammengezählt) vorgesehen. Dabei ist - siehe Ziffer 5.1.2 des Windenergieerlasses - nicht immer nur auf die jeweilige Konzentrationszone, in der die Anlagen errichtet werden sollen, abzustellen. Liegen Anlagen in mehreren Konzentrationszonen so nah beieinander, dass sie sich in einem räumlichen Zusammenhang befinden und die Einwirkungsbereiche sich im Hinblick auf die Schutzgüter der UVP berühren oder überschneiden, werden diese Anlagen zusammen betrachtet, kann also auch eine gemeindegrenzenüberschreitende Gesamtbetrachtung erforderlich sein.
Schon bei einer geringeren Anzahl von Anlagen kann eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig werden.
Das UVP-Recht kennt eine standortbezogene Vorprüfung für 3 bis 5 Anlagen und eine allgemeine Vorprüfung ab 6 Anlagen, ob eine UVP erforderlich ist.
Bei einer standortbezogenen Vorprüfung ist nur relevant, ob bestimmte schützenswerte Gebiete erheblich beeinträchtigt sein können. Nur wenn dies der Fall sein kann, ist eine UVP durchzuführen.
Bei einer allgemeinen Vorprüfung ist zu prüfen, ob hinsichtlich Art, Größe und Standort mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist und deswegen eine UVP durchgeführt werden muss. Je näher der Wert an der Schwelle von 20 Anlagen liegt, bei der eine UVP automatisch verpflichtend ist, um so eher ist von möglichen erheblichen Umweltauswirkungen auszugehen. Die von Ihnen genannte Zahl von 19 Anlagen führt in der Regel zur UVP-Pflicht.
Nur der Klarheit halber, es wird immer die Zahl an Anlagen zugrunde, die insgesamt vorhanden ist, wenn die beantragte Zahl von Anlagen realisiert würde. Befinden sich z.B. in der Konzentrationszone 6 Anlagen und werden 6 weitere beantragt, ist in der allgemeinen Vorprüfung auf die möglichen Umweltauswirkungen von 12 Anlagen abzustellen.
Und es wird bei jeder erneuten Überschreitung der Vorprüfungsschwelle erneut für die neue Anlagenzahl geprüft. Sollen zu den 12 Anlagen des obigen Beispiels 2 weitere Anlagen errichtet werden, findet erneut eine Allgemeine Vorprüfung für jetzt 14 Anlagen statt.
Frage 10
Diese Frage betrifft im Unterschied zu Frage 8 die Fallkonstellation, dass schon einmal eine UVP stattgefunden hat.
Richtig ist, dass dann, wenn zusätzlich weitere 20 Anlagen errichtet werden, immer automatisch eine erneute UVP durchgeführt werden muss. Dies ist aber nicht der einzige Fall, der zu einer neuen UVP führt.
Bei jedem neuen Antrag ist im Rahmen einer allgemeinen Vorprüfung zu prüfen, ob sich dadurch gegenüber den Umweltauswirkungen der durchgeführten UVP neue erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ergeben können. Dabei sind immer die Anlagen, die seit Durchführung der UVP errichtet worden sind, und die Anlagen, die jetzt beantragt sind, zusammenzuzählen.
Werden beispielsweise nach einer für 20 Anlagen durchgeführten UVP 3 weitere Anlagen beantragt, ist zu prüfen, ob durch die 3 neuen Anlagen neue erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgelöst werden können. Unterstellt, die Allgemeine Vorprüfung führt zu einem negativen Ergebnis, und dann werden 5 weitere Anlagen beantragt, ist für jetzt 8 weitere Anlagen zu überprüfen, ob dies gegenüber den Umweltauswirkungen der 20 Anlagen zu neuen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen kann.
Auf diesem Weg soll eine Salamitaktik verhindert werden.
Das Ergebnis der Vorprüfung ist in einem öffentlichen Bekanntmachungsblatt zu veröffentlichen. Sie haben dann die Möglichkeit, die Unterlagen über die durchgeführte Vorprüfung einzusehen.
Ich hoffe, Ihnen die Rechtssituation einigermaßen verständlich dargelegt zu haben.
Sie haben mit Ihren beiden Fragen die mit kompliziertesten Regelungen des UVP-Rechts angesprochen.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Remmel