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Johann Wadephul
CDU
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Frage von Regina F. •

Sehr geehrter Herr Wadephul, Ihrer Partei oblag das Verteidigungsministerium bis 2021, wie erklären Sie sich den desolaten Zustand im Bezug auf die Ausstattung der Bundeswehr?

Warum beharren Sie auf der Lieferung der Taurusraketen, obwohl lt. Umfrage die Deutschen mehrheitlich dagegen sind ? Damals sollte schon der Leopard die Wende im Ukraine Krieg bringen, was auch nicht geklappt hat. Woher sollen in der Zukunft die Mittel für die Unterstützung kommen ?
M.E. wäre es ganz sicher besser, solche Debatten
nicht zur Profilierung Ihrer Spitzenpolitiker, sondern dem Ernst der Lage geschuldet sachlich und überparteilich
zu lösen. Auch der geplante Unters.ausschuss zum Abhörskandal Bedarf einer sachlichen Auseinandersetzung, die auch ruhig etwas leiser geführt werden dürfte, um Putin nicht noch mehr Gründe zu geben, sich ins Fäustchen zu lachen.

Mit freundlichen Grüßen
Regina F.

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Sehr geehrte Frau F.,

herzlichen Dank für Ihre Fragen, auf die ich gerne wie folgt eingehen möchte:

Zunächst zum Zustand der Bundeswehr, der leider in der Tat desolat ist. So bescheinigt es auch der in der vergangenen Woche veröffentlichte Jahresbericht der Wehrbeauftragten der Bundesregierung, Eva Högl. Die Defizite, die der Bericht auflistet, sind nicht irgendwelche, sondern sie treffen den Kern einsatzbereiter Streitkräfte. Die Infrastruktur ist marode, Material fließt eher in die Ukraine ab, als dass es signifikant zufließt und die personelle Lage stimmt, in den Worten von Frau Högl, sorgenvoll. Unsere Streitkräfte sind derzeit nicht für die Landes- und Bündnisverteidigung einsatzbereit und laufen in den kommenden Jahren auf einen Personalkollaps zu. Diese Mängelliste - so fair muss man sein – geht auf Einsparungen verschiedener früherer Bundesregierungen, sowohl unter CDU- als auch unter SPD-Führung zurück. Dies war unter den damaligen außen- und sicherheitspolitischen Umständen, in denen europäische Staaten von der Friedensdividende nach Ende des Kalten Krieges profitiert hatten, eine nachvollziehbare Entscheidung. Deren Folgen stellen uns heute jedoch vor enorme Herausforderungen. Darum müssen sowohl die jetzige als auch alle künftigen Bundesregierungen gewährleisten, dass der Spar- und Streichkurs der vergangenen Jahrzehnte kein Rezept für eine sichere Zukunft sind. Ganz im Gegenteil.  Denn zur Realität gehört, dass wir uns seit dem Angriffskrieg Putins auf die Ukraine in einer außen- und sicherheitspolitischen Gemengelage in Europa befinden, die einsatzbereite oder, wie der Bundesverteidigungsminister im wieder betont, kriegstüchtige Streitkräfte erfordert.

Die Bundesregierung hat seit der "Zeitenwende"-Rede von Bundeskanzler Scholz im Februar letzten Jahres bisher keine nennenswerten wirksamen Maßnahmen ergriffen, um die Bundeswehr adäquat auf eine sich massiv verändernde europäische und internationale Sicherheitsarchitektur vorzubereiten. Der Druck auf Deutschland wächst, als zentraler Staat in Europa innerhalb der NATO mehr sicherheitspolitische Verantwortung in unserer unmittelbaren europäischen Nachbarschaft und darüber hinaus zu übernehmen. Unsere Partner erwarten von Deutschland außen- und verteidigungspolitische Handlungsfähigkeit und die Erfüllung des NATO-2%-Zieles, welches vorsieht, jedes Jahr mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. All dies wurde auch auf dem letzten NATO-Gipfel im litauischen Vilnius wieder nicht nur von der Bundesregierung bekräftigt, sondern noch verschärft, da man sich den anderen NATO-Mitgliedsstaaten in ihrer Vereinbarung anschloss, 2 Prozent zukünftig als Basis und nicht nur als Endziel zu verstehen.

Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion stehen wir in ständigem Austausch mit dem Bundesministerium der Verteidigung, um mit konstruktiven Vorschlägen noch in dieser Legislaturperiode auf eine Verbesserung der finanziellen, vor allem aber auch der materiellen Situation unserer Streitkraft hinzuwirken. Als Oberstleutnant der Reserve bin ich selbst in diese Diskurse eng mit eingebunden und pflege zahlreiche Kontakte ins Ministerium und in die Truppe selbst. Ich bedauere sehr, dass die Bundesregierung weder der von Verteidigungsminister Pistorius geforderten Erhöhung des Wehretats um 10 Milliarden Euro zugestimmt hat, noch seine Ideen für eine Wehrpflicht debattiert hat. Das von Pistorius geforderte Geld wird zur Modernisierung unserer Streitkräfte und zum Erhalt ihrer Einsatzbereitschaft dringend benötigt. Doch er hat nur einen Bruchteil der geforderten Summe bekommen: nur rund 1,7 Mrd., die ausschließlich der Deckung höherer Gehalts- und Soldzahlungen dienen werden. Das ist ein herber Rückschlag für die Soldatinnen und Soldaten und eine politische Niederlage für Pistorius. Dabei droht der Personalstruktur der Bundeswehr der Kollaps.

Nun zum zweiten Teil Ihrer Frage nach der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Die Debatte darüber, welche Waffen an die Ukraine geliefert werden sollen, führen wir bereits fast seit Beginn des Ukrainekrieges. Erst ging es um den Flugabwehrpanzer Gepard, dann um den schweren Kampfpanzer Leopard. In allen Debatten hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Eskalationsgefahr bei der Zusage und Lieferung solcher Güter beschworen. Er hat damit dem grundlegenden Angstszenario einer Eskalation oder einer unmittelbaren Kriegsbeteiligung Deutschlands den Boden bereitet. Und dies in zunehmendem Maße mit Blick auf Umfragewerte seiner Partei und die nahenden Europa- und Landtagswahlen. Dabei ist es für die Ukraine in der gegenwärtigen Situation fatal, wenn wir für marginale innenpolitische Geländegewinne unsere außenpolitische Geschlossenheit auf das Spiel setzten. Und auch Putin spielt dies nur in die Hände. Denn zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wird die europäische Friedensordnung durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine grundlegend infrage gestellt. In einer solchen Lage ist es verheerend, wenn Führungsstärke für Olaf Scholz bedeutet, zunächst gegenüber der eigenen Bevölkerung ein Angstszenario aufzubauen, um die eigene Zögerlichkeit anschließend als besonnenes Abwägen darzustellen. Seine Weigerung, Taurus zu liefern, ist eine strategische Fehlentscheidung, die einen negativen Wendepunkt markieren kann. Scholz lässt die Ukraine zu einem Zeitpunkt im Stich, in der aufgrund der militärischen Lage eigentlich von Berlin ein kraftvolles Signal der Unterstützung ausgehen sollte. Damit isoliert er sich in EU und NATO. Verheerend ist, dass seine Argumente zur Nichtlieferung mehrfach widerlegt sind. Das sieht bekanntermaßen auch die Mehrheit der Abgeordneten der Regierungspartei SPD so. 

Glücklicherweise tragen wir die Verantwortung für die fortlaufende Unterstützung der Ukraine nicht alleine. Ich bin davon überzeugt, dass auch in Zukunft unsere europäischen und unsere transatlantischen Partner mit uns fest an der Seite der Ukraine stehen werden. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wird derzeit beraten, wie weitere Waffen und vor allem Munition für die Ukraine finanziert werden sollen. Bereits zu Beginn der Woche haben die EU-Außenministerinnen und -minister beschlossen, einen Fonds außerhalb des EU-Haushalts um fünf Milliarden Euro aufzustocken. Gegenwärtig gibt es darüber hinaus Pläne innerhalb der EU-Kommission, für die ukrainische Militärhilfe Zinserträge zu nutzen, die auf in der EU eingefrorenes Vermögen aus Russland anfallen. Wir dürfen nicht länger zögern. Russlands Wirtschaft ist in der Stärke etwa vergleichbar mit der Spaniens oder Italiens. Finanziell sind wir damit in der Unterstützung der Ukraine gemeinsam mit unseren europäischen und transatlantischen Partnern bei weitem überlegen. Nur, wir müssen es auch nutzen!

Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Interesse an meiner Arbeit. Bei weiteren Rückfragen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Johann Wadephul

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