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Jörg van Essen
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Jörg van Essen von Wilfried M. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr van Essen,

mir fällt auf, daß in letzter Zeit zunehmend politisch Propaganda gemacht wird für eine neue Art der Erziehung. Es hat den Anschein, als würde den Eltern grundsätzlich nicht mehr zugetraut, ihre Kinder eigenverantwortlich zu erziehen, Experten könnten das grundsätzlich besser.
Es gibt in den letzten Jahren zunehmend - von Münchner Staatsinstituten propagiert - Aufforderungen, die Erziehung zu "optimieren" z.B. durch eine Vielzahl von -m.E. durchaus auch regelrcht dubiosen, jedenfalls tenndenziell anmaßenden - Familienbildungsmaßnahmen. Beim genaueren Hinsehen entsteht der Eindruck, daß die Empfehlungen auf schwachem, wenn nicht fehlendem wissenschaftlichem Fundament ruhen und daß sich eher eine Ideologie breit macht, welche den Elternvorrang in Vergessenheit geraten läßt, die Folgen von Trennungen und Scheidungen eindeutig bagatellisiert und mit allerlei kostspieligen Angeboten aufwartet. Letzter Schrei scheint zu sein, daß auch die Geschlechtsidentität in Frage gestellt bzw. in Mainstreamings- Aktivitäten (Klamauk, Begutachtungen, Gender- Training) gesteckt wird.

Meine Fragen: Teilen Sie meine Einschätzung, wonach die kindliche Entwicklung bzw. die familiären Beziehungen als Geschäftsfeld entdeckt worden sein könnten und daß sich eine Ideologie breit machen könnte, welche die schädlichen Konsequenzen der Destabilisierung von Familien und der Infragestellung von Identitätenvergessen machen will, weil sich so - an den Langzeitfolgen frühester Gängelung und z.B. Eltertrennung - Geld verdienen läßt?
Welche konkreten Maßnahmen würden Sie gegebenenfalls vorschlagen, um die Bedeutung und den staatliichen Schutz von Familien wieder klarer herauszustellen.
Welche Maßnahmen hatten Sie sich z.B. vorgestellt, um die Medien zu einer kindgerechten Programmgestaltung zu bringen, wie Sie oben sinngemäß schrieben.

Meine letzte Frage: Welches war Ihre bedeutsamste Leistung/ Rede im Bundestag?

Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Meißner,

Ihre zweite Frage beantworte ich gerne zuerst. In Strafverfahren spricht man immer nur über die Täter, selten über das Opfer. Ich freue mich besonders, wenn ich durch mein politisches Handeln den Opferschutz verbessern und die Rechte der Opfer in Strafverfahren vergrößern kann.

Ich teile Ihre Einschätzung zur Bedeutung der Familie für die kindliche Entwicklung: In erster Linie tragen die Eltern die Verantwortung für ihre Kinder. Mit dem Sorgerecht der Eltern geht zwingend auch die Sorgepflicht einher. Kindererziehung ist und bleibt daher eine zentrale elterliche Aufgabe. Die Bedeutung der Familie für das Kind und die erzieherischen Leistungen der allermeisten Familien sind ausgesprochen groß: Wissenschaftliche Untersuchungen identifizieren die Familie als zentralen Lernort für Kinder, an dem Kompetenzen und Einstellungen vermittelt werden, die für das ganze weitere Leben wichtig und prägend sind. Erziehung muss sich an den Entwicklungsbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientieren und ihnen eine entwicklungsfördernde Unterstützung geben. Eckpfeiler einer solchen Erziehung sind emotionale Wärme, Achtung, Respekt, kooperatives Verhalten, Struktur und Verbindlichkeit und eine allseitige Förderung des Kindes.

Allerdings gelingt nicht allen Eltern gleichermaßen eine solche Erziehung ihrer Kinder, zumindest nicht ohne Hilfestellungen. Mit der Verantwortung und den Belastungen, die das Heranwachsen der Kinder zu verantwortlichen Bürgern von morgen mit sich bringt, darf die Gesellschaft die Eltern daher aus meiner Sicht nicht alleine lassen. Vielmehr gibt es auch eine öffentliche Verantwortung für Kinder und Jugendliche. Neben dem ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapital, das Eltern für das Aufwachsen und den Weg ihrer Kinder in die Selbständigkeit einsetzen, muss bei Bedarf eine Ergänzung durch pädagogische Angebote und soziale Dienste erfolgen. Deshalb sollen die Eltern in der Erfüllung ihrer familiären Aufgaben gestärkt und unterstützt werden. Gleichzeitig ist die ergänzende soziale Infrastruktur bedarfsgerecht regional weiter zu entwickeln. Eine familienunterstützende Infrastruktur entspricht nach meiner Überzeugung dem Bedarf und den Wünschen vieler Eltern. Dass entsprechende Angebote heutzutage zum Teil kommerziell sind, kann ich keineswegs grundsätzlich als negativ einstufen. Ich gebe Ihnen jedoch insofern Recht, als ich mir selbstverständlich wie Sie wünsche, dass die Angebote, die Eltern und Kindern gemacht werden, seriös und qualitativ hochwertig sind. Dass dies, wie Sie beobachten, derzeit nicht immer der Fall ist, bedeutet auch aus meiner Sicht dringenden Handlungsbedarf. Die FDP fordert daher beispielsweise, dass alle Angebote der Kindertagesbetreuung, auch die Tagespflege, auf die Qualität hin geprüft und mit Gütesiegeln versehen werden sollten. Für die Kinder - und Jugendhilfe haben wir ebenfalls ein Konzept zur Qualitätssicherung angemahnt. Solche Gütesiegel und Ähnliches sollen Eltern die Entscheidung für oder gegen einzelne Unterstützungsangebote erleichtern - abnehmen kann und will ich ihnen diese Entscheidung zwischen einer Vielfalt von Angeboten jedoch nicht.

Den Liberalen ist das Thema Jugendschutz sehr wichtig. Kinder und Jugendliche müssen wir vor Gefahren schützen, die Medien für sie mit sich bringen können. Dabei ist uns aber klar: Medien bringen keineswegs nur Gefahren, sondern auch großen Nutzen und deshalb muss mit Einschränkungen der Medienfreiheit sehr vorsichtig umgegangen werden. Neue gesetzliche Regelungen zur Kontrolle oder Zensur von Medieninhalten wollen die Liberalen nicht. Wir brauchen sicher den öffentlichen Diskurs zu den Werten und Normen, die uns überhaupt schützenswert sind - aber nicht allein den Staat als obersten Wächter.

Wir bauen grundsätzlich im Jugend-Medienschutz auf Selbstkontrolle und Verantwortung von Anbietern - im Rahmen der vom Staat gesetzten Ordnung, die mit dem neuen Jugendschutzgesetz und dem Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien zum 1. April 2003 neu geregelt wurde. Der Staat kann und soll nicht jedes Medium bis ins Detail kontrollieren. Wir brauchen verantwortungsvolle Anbieter, die ihre Produkte nach den staatlichen Vorgaben selbst bewerten und dazu in ständiger Kommunikation mit staatlichen Instanzen stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB