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Jörg van Essen
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Frage von Heidi W. •

Frage an Jörg van Essen von Heidi W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr van Essen,

wie ich heute aus der "Rheinpfalz" entnehmen konnte, spricht sich die FDP, nach Aussage Ihres Parteikollegen, Herrn Mertin, weiterhin für ein dreigliedriges Schulsystem und Studiengebühren aus. Da in unserem Land, dem Land "der Dichter und Denker", das Bidungssystem total am Boden liegt, kann ich diese Aussage nicht befürworten, da es Kindern aus Arbeiterfamilien sämtliche Aufstiegschancen verwehrt. Es muss doch möglich sein, Kinder aus allen gesellschaftlichen Schichten individuell zu fördern, um ihnen, nach skandinavischem Vorbild, eine berufliche oder akademische Ausbildung zu ermöglichen. Meine Frage ist: warum handeln alle Parteien hier nach parteilichen Vorgaben und nicht nach den Anforderungen der Gesellschaft? Sie sind von den Bürgern ins Amt gewählt worden, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden und nicht, um sich parteipolitisch zu profilieren. Bestätigt das die Ansicht der Menschen, dass die FDP sich nur für die wohlhabende Klientel einsetzt?

Mit freundlichen Grüßen

Heidi Walter

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Walter!

Vielen Dank für Ihre Fragen, auf die ich gerne eingehen möchte.

Sie werden verstehen, dass ich aus aktuellem Anlass ein paar Bemerkungen zu dem Dresdner Bildungsgipfel vorwegschicken möchte. In meinen Augen ist deutlich geworden, dass Union und SPD in der Bildungspolitik meilenweit voneinander entfernt sind. Die meisten Fragen blieben offen. Zurecht kritisierte mein Parteifreund, der NRW-Innovationsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, dass wir klare Zusagen, feste Termine und verbindliche Budgets vermissen.

Nachfolgend habe ich Ihnen außerdem einen Link zu einem Hörfunkinterview mit Herrn Prof. Pinkwart zum Bildungsgipfel eingefügt:

http://www.wdr5.de/sendungen/morgenecho/details.html?tx_wdr5ppfe_pi1%5BshowU
id%5D=1675691&tx_wdr5ppfe_pi1%5BbeitragsUid%5D=11952&cHash=418470b7d8

Ihre pauschale Aussage, das deutsche Bildungssystem liege darnieder, kann ich so nicht stehen lassen. Während beispielsweise Schweden herbe Rückschläge bei der letzten PISA-Untersuchung verzeichnen musste konnten sich einige der deutschen Bundesländer im PISA-Spitzenfeld behaupten. Das FDP-mitregierte Baden-Württemberg lag zum Beispiel deutlich über dem OECD-Durchschnitt.

Die Bundesländer mit einem hohen Gesamtschulanteil (so z.B. Bremen, Hamburg, NRW) schnitten dagegen deutlich schlechter ab. Die Gesamtschulinitiative der damaligen rot-grünen NRW-Landesregierung führte sogar dazu, dass das allgemeine Bildungsniveau sank und gleichzeitig die Chancen für Kinder aus sozial schwachen Elternhäusern noch schlechter wurden.

Deswegen teile ich die Auffassung des PISA-Koordinators Prof. Prenzel, der die Defizite deutscher Schulen eher in der mangelnden Eigenständigkeit und Selbstorganisation als im Bereich der Schulstrukturen erkennt.

Zudem möchte ich darauf verweisen, dass unsere Berufsschulen und unser Duales System der beruflichen Bildung durchaus ihrer Aufgabe gerecht werden - schließlich tragen sie dazu bei, dass wir unter einer deutlich geringeren Jugendarbeitslosigkeit (14,8%) zu leiden haben als bspw. Finnland (20,1%) oder gar Schweden (22,6%).

Schließlich zu den Studienbeiträgen: Laut Statistischem Bundesamt gibt es keinen Hinweis dahingehend, dass Studienbeträge zu einer sozialen Selektion unter den Studierenden führen. Vielmehr stellen sie eine Investition in die eigene Zukunft dar - ein Hochschulabschluss schützt nicht zuletzt effektiv vor Arbeitslosigkeit und Armut.

Verärgert bin ich über Ihre Annahme, meine Partei habe "die wohlhabende Klientel" im Fokus. Seit Jahren kämpfen wir für die verlorene Mitte in unserer Gesellschaft. Unser Partei und Fraktionsvorsitzender, Dr. Guido Westerwelle, MdB, hat mehrfach deutlich gemacht, dass die FDP der Anwalt der Mitte ist. Auf der Webseite der FDP-Bundespartei finden Sie eine Vielzahl unserer Vorschläge, wie wir die Mitte stärken wollen:

http://www.fdp-bundespartei.de/webcom/show_article.php/_c-1076/_nr-13/i.html

Wir wissen, dass immer mehr Menschen das Gefühl haben, dass sie von diesem Aufschwung nicht profitieren. Obwohl sie jeden Morgen aufstehen und zur Arbeit gehen. Obwohl sie ihre Kinder versorgen und Steuern zahlen. Wir haben deswegen auch die Kampagne "Wo bleibt mein Aufschwung?" gestartet:

http://www.liberale.de/webcom/show_article.php/_c-459/_nr-569/i.html

Die FDP ist der Anwalt der Mitte. Das gilt auch in der Bildungspolitik.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB,
Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion