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Frage von Donald B. •

Frage an Jörg van Essen von Donald B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr van Essen,

der Gesetzentwurf Drs. 16/3439 der Bundesregierung, in dem für die §§ 182 und 184b StGB die Differenzierung zwischen zwischen Kindern und Jugendlichen, meiner Meinung nach zum Nachteil beider Gruppen, aufgehoben werden soll, wird rein formal mit der Umsetzungspflicht des EU-Rahmenbeschlusses "zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie" begründet.

Unabhängig davon, dass es jedenfalls den über den Erfordernisse des Rahmenbeschlusses hinausgehenden Regelungen immer noch an einer Begründung mangelt, habe ich dazu folgende Frage an Sie:

Wurde der Bundestag überhaupt und ausreichend an dem Zustandekommen des Rahmenbeschlusses beteiligt, wie es Art. 23 Abs. 3 GG verlangt?

Mit freundlichen Grüßen
Donald Buczek

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Buczek!

Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich finde Ihre Frage, ob der Bundestag ausreichend im Sinne des Art. 23 Abs. 3 GG an dem Zustandekommen des Rahmenbeschlusses beteiligt wurde, sehr interessant.

Unabhängig davon, möchte ich aber zunächst noch einmal auf einen Umstand hinweisen: Nach all den Mühen des Gesetzgebers - auch unter Beteiligung der SPD ! -, in den 90er Jahren ein modernes Sexualstrafrecht zu schaffen, hätte sich die Bundesregierung - zumal eine rot-grüne ! - bereits gegen den Rahmenbeschluss zur Wehr setzen müssen. Dieser entsprach schon damals nicht dem deutschen Verständnis eines modernen Sexualstrafrechts. Ich verweise in dieser Sache auf eine meiner früheren Antworten.

Ohne an dieser Stelle die Befassung der Gesetzgebungsorgane Anfang des neuen Jahrtausends mit dem Rahmenbeschluss näher zu erörtern, möchte ich an dieser Stelle zunächst auf eines hinweisen:

Grundsätzlich wird man wohl sagen müssen, dass die Beteiligung des Deutschen Bundestages an der europäischen Gesetzgebung in dieser Legislaturperiode - verglichen mit den vorangehenden - sehr viel besser geworden ist. Ich persönlich finde, dass man die Bedeutung des vor rund einem Jahr offiziell eröffneten Verbindungsbüros des Deutschen Bundestages in Brüssel nicht hoch genug einschätzen kann. Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßt diese Stärkung der Parlamentsrechte durch die Präsenz des Deutschen Bundestages in Brüssel.

Die Europapolitik - das zeigt gerade auch dieser Rahmenbeschluss - ist in zunehmendem Maße Innenpolitik geworden. Zuletzt wurde dies wieder bei der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie, das Antidiskriminierungsgesetz oder auch dem sog. EU-Haftbefehl deutlich.

Daher ist die frühzeitige Unterrichtung des Bundestages über geplante Initiativen, Rechtsetzungsakte und Entscheidungen auf der europäischen Ebene von großer Bedeutung, damit er als zentraler Gesetzgeber bereits in einem frühen Stadium auf die Entscheidungsfindung, insbesondere in der Bundesregierung und in den Organen der Europäischen Union Einfluss nehmen kann. Wir begrüßen ausdrücklich die Verpflichtung der Bundesregierung, den Deutschen Bundestag künftig frühzeitig, fortlaufend und schriftlich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten. Mehr als 80 Prozent der in Deutschland umgesetzten Rechtsakte haben ihren Ursprung in der Europäischen Union, ohne unmittelbare demokratische Legitimation, denn die wesentlichen europäischen Legislativfunktionen liegen entgegen allen Grundsätzen der Gewaltenteilung bei Mitgliedern der Exekutive.

Wenn man sich diese Verbesserungen betrachtet, wird man zu dem Ergebnis kommen, dass die Beteiligung des Bundestages Anfang des neuen Jahrtausends natürlich verbesserungsbedürftig war. Ich bin aber skeptisch, ob es zielführend ist, nun die gesamte Rechtsgrundlage aufgrund des Verfahrens in Frage zu stellen. Letztlich würde dies die gesamte europäische Gesetzgebung betreffen.

Ich werde mich an dieser Stelle - so sehr ich über diesen Rahmenbeschluss verärgert bin - nicht verkämpfen. Gleichzeitig versichere ich Ihnen, dass sich die FDP-Bundestagsfraktion für eine Umsetzung einsetzen wird, die nicht über die Vorgaben des Beschlusses hinausgeht und die in den 90er Jahren erreichte Differenzierung weitmöglichst bewahrt.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB,