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Frage von Dieter G. •

Frage an Jörg van Essen von Dieter G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr van Essen ! (Berichterstatter der FDP-Fraktion)

Die Gesetzentwürfe von SPD und CDU/CSU werden nach zweimaliger Absetzung von der Tagesordnung des Bundestages demnächst wieder im Rechtsausschuss beraten. Die Opposition(Die Linke, Grüne, FDP), sowie sechs von acht Sachverständigen bei der Anhörung als auch die Medien hatten erhebliche
Kritik am Gesetzentwurf geäußert. Dieser Kritik möchte ich mich
anschließen und habe dazu drei Fragen, die Sie mir bitte beantworten möchten:

1.Es soll ein neuer Straftatbestand zu § 184 StGB geschaffen werden –Jugendpornografie. Dazu soll das "Schutzalter" auf 18 Jahre angehoben werden. Damit werden in Zukunft alle Jugendlichen unter 18 Jahren als Kinder eingestuft. Frage: Mit welcher Begründung halten Sie eine solch jugend-kriminalisierende Anhebung für notwendig und rechtmäßig?

2.In Zukunft soll auch das sogenannte "Posting" als Kinder- und
Jugendpornografie unter Strafe gestellt werden. Mit diesem latenten Rechtsbegriff stehen alle bisher legalen FKK-Aufnahmen auf dem Prüfstein zur verbotenen Pornografie. Frage: Wie wollen Sie dieser Rechtsunsicherheit entgegen wirken ?

3.Die bisher geltende Gesetzgebung und Rechtsprechung hat sich aus der Sicht des Gesetzgebers und der Justiz bewährt. Abgesehen von den EU-Richtlinien gibt es keine zwingende Not das Sexualstrafrecht erneut zu verschärfen. Frage: Weshalb also sollen neue Täter produziert und in Folge der ganze Justizapperat damit belastet werden?

Medienwirksame Gewalttaten an Kindern/Jugendlichen wurden dazu benutzt die Gesetze immer wieder neu zu verschärfen. Ich würde mir deshalb wünschen, dass es zum Gesetzentwurf eine weitere Anhörung von Sachverständigen gibt, die aus dem Fachbereich der Sexualwissenschaft etc. kommen. Mit Sicherheit
wird es dann weitere Kritik gegen eine Strafverschärfung geben. Stimmen auch Sie im Bundestag gegen ein neues Sexualstrafrecht !!

Mit freundlichen Grüßen
Dieter Gieseking

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Gieseking!

Vielen Dank für Ihre E-Mail. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich Ihre Fragen nur summarisch beantworte. Ich darf Ihnen aber versichern, dass die FDP-Bundestagsfraktion dem Gesetzgebungsvorhaben sehr kritisch gegenübersteht.

Der Gesetzentwurf fällt weit hinter die differenzierte Betrachtungsweise der Sexualstrafrechtsreform, wie sie unter einer schwarz-gelben Regierung vorgenommen wurde, zurück.

Nach all den Mühen des Gesetzgebers - auch unter Beteiligung der SPD ! -, in den 90er Jahren ein modernes Sexualstrafrecht zu schaffen, hätte sich die Bundesregierung - zumal eine rot-grüne ! - bereits gegen den Rahmenbeschluss zur Wehr setzen müssen. Dieser entsprach schon damals nicht dem deutschen Verständnis eines modernen Sexualstrafrechts. Wir haben in den 90er Jahren entsprechend der jeweiligen Entwicklungsschritte zum Erwachsenwerden eine unterschiedliche Schutzbedürftigkeit gesehen und berücksichtigt. Ein 17-jähriges Mädchen mit einem Säugling gleichzusetzen ist absurd und ein Rückfall hinter damals Erreichtes.

Insbesondere dem Druck der FDP-Bundestagsfraktion ist es zu verdanken, dass das Vorhaben Ende 2007 innerhalb weniger Wochen zwei Mal von der Tagesordnung des Deutschen Bundestages abgesetzt wurde. Auch ich verbinde damit die Hoffnung, dass damit Einsicht verbunden ist und habe Ende 2007 eine entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht, die Sie bestimmt schon kennen; falls nicht, habe ich zu Ihrer Information einen Link zu dieser eingefügt:

http://www.fdp-fraktion.de/webcom/show_websiteprog.php/_c-649/_lkm-566/_nr-9527/bis-/i.html

Erste Einlassungen von SPD-Politikern stimmen mich leider skeptisch.

Ich teile Ihre Einschätzung im Hinblick auf weiteren Beratungsbedarf. Auch Ihre Anregung, auf eine weitere Anhörung mit Experten aus der Sexualwissenschaft zu drängen, finde ich persönlich erwägenswert.

Ich habe in diesem Gesetzgebungsverfahren von Beginn an auf eine eingehende Beratung gedrängt. Erst auf Druck der FDP-Bundestagsfraktion kam es im Juni 2007 überhaupt zu der von Ihnen erwähnten Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Ich habe selten so eine breite Kritik von (auch von den Regierungsfraktionen selbst benannten) Sachverständigen an einem Gesetzentwurf erlebt. Dennoch hat die Bundesregierung an dem Gesetzentwurf (in lediglich leicht veränderter Form) festgehalten.

Ich habe dieser E-Mail einen Änderungsantrag der FDP-Bundestagsfraktion angefügt, den wir ursprünglich im Rechtsausschuss zur Abstimmung stellen wollten. Aus diesem ist unsere Position gut ersichtlich.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB,
Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion