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Frage von Arnd H. •

Frage an Jörg van Essen von Arnd H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr von Essen,

bei der Abstimmung über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare haben sie mit Nein gestimmt. Welche inhaltlichen Gründe haben Sie dazu bewogen? Warum sind Sie gegen eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare?

Mit freundlichen Grüßen

Arnd Hill

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Hill,

Zunächst einmal: Ich bin mit Nachdruck für eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare. Bei der Abstimmung ging es einzig und allein um den vorliegenden fehlerhaften Gesetzentwurf von Bündnis‘90/Die Grünen.

Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Jerzy Montag hatte wegen seiner verfassungsrechtlichen Bedenken im Rechtsausschuss dem Gesetzentwurf seiner eigenen Fraktion nicht zugestimmt. Er ist absichtlich der namentlichen Abstimmung im Plenum ferngeblieben.
Dies macht deutlich, dass es offensichtlich durchgreifende Bedenken gegen den konkreten Gesetzentwurf der Grünen gibt. Ich habe deshalb überhaupt keine Bedenken gehabt, gegen diesen Gesetzentwurf zu stimmen.

Trotzdem werde ich mich politisch weiter mit aller Kraft für eine Gleichstellung auf rechtlich einwandfreier Grundlage einsetzen. Aus diesem Grund habe ich mit anderen Kollegen eine Erklärung zur Abstimmung abgegeben. Diese lautet wie folgt:

zu TOP 11 a) Entschließungsantrag von Bündnis 90 / Die Grünen (Vorlage eines Gesetzes zur vollen Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften)

Die FDP hat in der Koalition mit der Union zahlreiche Schritte zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartner durchgesetzt, so die volle Gleichstellung im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht, bei der Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer sowie beim BAföG. Auf Initiative des Bundeswirtschaftsministers ist im aktuellen Entwurf des Jahressteuergesetzes die Gleichstellung bei den vermögensbildenden Leistungen vorgesehen. Die Bundesjustizministerin bereitet zudem ein Rechtsbereinigungsgesetz für das Recht eingetragener Lebenspartnerschaften vor, mit dem die Gleichstellung in einer Reihe von weiteren Rechtsbereichen umgesetzt werden soll.

Anders als im Koalitionsvertrag angelegt, ist die steuerliche Gleichstellung der Lebenspartner mit der Ehe immer noch nicht umgesetzt. Insbesondere im Einkommensteuerrecht gibt es aus unserer Sicht ein verfassungsgemäßes Gebot, angesichts der gleichen Unterhalts- und Einstandspflichten wie bei Ehegatten die Lebenspartner auch in der Einkommensteuer wie Ehegatten zu behandeln.

Als Abgeordnete der FDP-Bundestagsfraktion teilen wir das Ziel der völligen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe, insgesamt können wir aber wegen des bestehenden Koalitionsvertrages mit CDU und CSU dem vorliegenden Entschließungsantrag nicht zustimmen.

Wir fordern aber den Bundesminister der Finanzen auf, als weiteren Schritt zur Gleichstellung unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Ungleichbehandlung bei Einkommensteuer, Wohnungsbauprämie und Riester-Rente aufgehoben wird.

zu TOP 11 b) Gesetzentwurf von Bündnis 90 / Die Grünen (Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare)

Die FDP hat in ihrem Grundsatzprogramm die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare als politisches Ziel beschlossen.

Viele FDP-Abgeordnete haben daher bereits auf eine Befragung des ColognePride auf die Frage, ob sie die Öffnung der Ehe befürworten, mit Ja geantwortet. Die Frage bezog sich aber ausdrücklich nicht auf den vorliegenden Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen.

Dem vorliegenden Gesetzentwurf mangelt es an Sorgfalt. In letzter Minute - nicht etwa wie üblich im Rechtsausschuss, sondern im Plenum - legt Bündnis 90/Die Grünen einen Änderungsantrag vor, mit dem ein gravierender Fehler korrigiert werden soll. Nach dem bisherigen Wortlaut bezog sich die Inkrafttretens-Regelung nicht auf die Verkündung des Gesetzes, sondern auf den 1. Januar 2012, der bereits abgelaufen ist. Nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfes hätten ab diesem Stichtag keine eingetragenen Lebenspartnerschaften mehr geschlossen werden dürfen. Seit dem 1. Januar 2012 geschlossene eingetragene Lebenspartnerschaften wären wohl unwirksam gewesen.

Der zentrale Mangel des Gesetzentwurfes besteht darin, dass keine ausreichende verfassungsrechtliche Prüfung vorgenommen wurde, ob eine einzelgesetzliche Regelung ausreicht oder ob angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich wäre. Wegen dieses Mangels hat auch der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Jerzy Montag, im Rechtsausschuss nicht für den vorliegenden Gesetzentwurf gestimmt.

Als Abgeordnete der FDP-Bundestagsfraktion teilen wir das Ziel der Öffnung der Ehe, jedoch können wir wegen des bestehenden Koalitionsvertrages mit CDU und CSU, aber auch wegen der genannten fachlichen Schwäche des Gesetzentwurfes diesem nicht zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB