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Jörg van Essen
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Frage von Christiane L. •

Frage an Jörg van Essen von Christiane L. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr van Essen,

ich habe zwei Fragen zu unserer deutschen Gesetzgebung:
1. Warum müssen mittlerweile fast alle Gesetze, die von der Regierung beschlossen werden, aus Karlsruhe korrigiert werden, trotz hochbezahlter Experten, die die Gesetze ja formulieren,
2. warum muss die EU uns in Deutschland sagen, welche Gesetze diskriminierend sind, trotz der ... s. 1.
Ich denke, dass hier sehr viel Steuergeld mutwillig verschleudert wird.
Ist geplant, diese Steuerverschwendung einzudämmen, indem man evtl. einmal die betr. Experten austauscht bzw. deren Gehälter kürzt wegen fehlenden Fachwissens?

Ich bedanke mich und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Christiane Lauer-Härtel

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Lauer-Härtel!

Vielen Dank für Ihre Zuschrift zur Gesetzgebung. Zunächst: Die Behauptung, dass "mittlerweile fast alle Gesetze, die von der Regierung beschlossen werden, aus Karlsruhe korrigiert werden" stimmt so nicht. Der Gesetzgeber hat auch in den letzten Wahlperioden sehr viel Gesetze beschlossen, die unbeanstandet bleiben. Gleichzeitig ist Ihr Eindruck ja auch nicht verkehrt und hat seine Ursache insbesondere in der Gesetzgebung der rot-grünen Regierungsmehrheit der 15. Wahlperiode unter Führung von Bundeskanzler Schröder. Die Antwort auf eine schriftliche Frage meines früheren Unionskollegen Dr. Gehb MdB gibt einen guten Überblick über die Gesetzgebung aus der rot-grünen Regierungszeit, die in Karlruhe Schiffbruch erlitt (BT-Drs. 16/9684, dort Ziffer 5), ein Link habe nachfolgend eingeblendet:

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/096/1609684.pdf

Dabei kamen die Niederlagen vor dem Bundesverfassungsgericht aber häufig nicht überraschend. Die von Ihnen kritisierten Experten hatten z.B. bei der Gesetzgebung zum Europäischen Haftbefehl oder zum sog. Luftsicherheitsgesetz schon im Gesetzgebungsverfahren eindringlich vor den verfassungsrechtlichen Problemen gewarnt. Es liegt also nicht an den "hochbezahlten Experten" - eine Juristenschelte ist fehl am Platze. Vielmehr geht es bei jeder Gesetzgebung um politische Verantwortung. Diese tragen die jeweiligen Regierungsfraktionen. In meinen Augen war auch der Umgang der damaligen rot-grünen Mehrheit mit unserer Verfassung ein Grund für ihre Abwahl durch die Wählerinnen und Wähler im Jahr 2005. In einer Demokratie hat es der Wähler in der Hand, die politisch Verantwortlichen auszutauschen!

Die Entscheidungen dokumentieren in meinen Augen auch, dass unsere Gewaltenteilung in Deutschland gut funktioniert: Das Bundesverfassungsgericht wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Das gilt vor allem für die Durchsetzung der Grundrechte!

Auch Ihre Kritik an der EU-Gesetzgebung möchte ich so pauschal nicht teilen. Gleichzeitig ist auch der Deutsche Bundestag in den letzten Jahren im Hinblick auf Gesetzgebungsvorhaben aus Brüssel sehr viel sensibler geworden. So haben wir u.a. ein Verbindungsbüro des Deutschen Bundestages in Brüssel eingerichtet, das insbesondere ein Frühwarnsystem sein soll. Auch hat sich meine Fraktion am Ende der 16. Wahlperiode ganz intensiv an einer verfassungsgemäßen Ausgestaltung der Begleitgesetzgebung zum Vertrag von Lissabon beteiligt. Wie Sie wissen, hatte das Bundesverfassungsgericht im Juni 2009 entschieden, dass zwar das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hingegen das ursprüngliche Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union dem Bundestag und Bundesrat im Rahmen von europäischen Rechtssetzungs- und Vertragsänderungsverfahren keine hinreichenden Beteiligungsrechte eingeräumt hat.

Es ist ein großer Erfolg, dass nach fast einem Jahrzehnt Verhandlungen am 01.12.2009 der Lissabon-Vertrag in Kraft getreten ist. Die EU hat damit eine neue Rechtsgrundlage. Der Vertrag von Lissabon stärkt die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, den Einfluss des Parlamentes und sorgt für mehr Transparenz in allen EU-Entscheidungen:

http://www.bundesregierung.de/nn_1272/Content/DE/Artikel/2009/11/2009-11-30-
vertrag-von-lissabon.html

Es kann hier nicht die Rede davon sein, dass "Steuergeld mutwillig verschleudert wird". Vielmehr bedeutet die EU gerade für Deutschland zu allererst viele Chancen - sowohl wirtschaftlich wie politisch. Allein der lang anhaltende Frieden in Zentraleuropa ist ein Wert an sich!

Gleichzeitig kann ich Ihnen versichern, dass sich die FDP gegen Steuerverschwendung - egal auf welcher politischen Ebene einsetzt.

Mit unserem Koalitionsvertrag haben wir einen klaren Kompass, unser Land aus der Krise zu führen. Dabei ist zuallererst Wachstum der Schlüssel für positive Veränderungen. Der Koalitionsvertrag nennt nicht ohne Grund zu allererst das Wort Wachstum. Diesem haben wir uns alle verpflichtet und wir werden uns genau dafür in der Regierung einsetzen. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist ein erster wichtiger Schritt.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB