Frage an Jörg Schimke von Georg W. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Schminke,
in dem Katalog an grünen Forderungen schreiben Sie, dass sich Rot-Grün für ein kostenfreies Bildungsjahr vor der Grundschule stark macht. Lesen Sie keine Zeitung? Die Schwarz-Gelbe Landesregierung hat das sogenannte Brückenjahr, das letzte Kindergartenjahr, seit Sommer 2007 in Form eines "fast" beitragsfreien Kindergartenjahres längst umgesetzt. Das heißt die Parteien, denen Sie ein bildungspolitisches "Armutszeugnis" ausstellen haben das längst umgesetzt, was Sie erst noch fordern! Aber es kommt noch toller: Durch das von Rot-Grün in Hannover eingeführte sogenannte Essensgeld ist das angeblich beitragsfreie letzte Kindergartenjahr in Wirklichkeit gar nicht beitragsfrei, sondern nur "fast" beitragsfrei, weil mit Gebühren durch die Hintertür belegt. Die Entlastung die der Stadt Hannover durch die Landesfinanzierung des beitragsfreien Kindergartenjahres entstanden ist, hätte die Stadt zur Rücknahme der Essensgebühren nutzen können, hat sie aber nicht und die Grünen in Hannover waren nicht bereit genau das einzufordern, sondern haben sich mit einem weniger als schadenfeinigen Kompromiss zufriedengegeben von der lediglich einige Geschwisterkinder profitieren.
So und jetzt nochmal die Frage, auf die Sie nicht wirklich geantwortet haben: Sind die Grünen bereit die dringend notwendigen Investitionen in die Bildungseinrichtungen Krippe, Kindergarten und Hort zu tätigen auch dann, wenn dafür Steuererhöhungen für Reiche oder eine Kreditaufnahme des Landes notwendig sind, so dass für die Eltern ein wirklich beitragsfreies Kindertagesstättenangebot in allen drei genannten Bereichen zur Verfügung steht, und alle Kinder darin mit einem deutlich besser ausgestatten Personal- und Ausstattungsschlüssel aufgenommen werden, ohne dass die Eltern über Beiträge, Gebühren oder Essensgeld dafür zur Kasse gebeten werden?
Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung Sie mit meiner wiederholten Frage nicht über Gebühr zu strapazieren
Georg Weil.
Lieber Herr Weil,
das von der schwarz-gelben Landesregierung eingeführte Brückenjahr hat gar nichts mit dem "Bildungsjahr" das die Grünen fordern zu tun. Außerdem haben wir alle lange auf die schon im Wahlprogramm 2003 von der CDU angekündigte Gebührenfreiheit gewartet. In der Zeit von 2003 bis 2007 wurden die Gesetzesinitiativen zur Gebührenfreiheit der Grünen im Landtag von der CDU/FDP Regierung abgelehnt. Erst ein halbes Jahr vor der Landtagswahl wurde ein Gesetz auf den Weg gebracht. Gerade wir Grüne haben im Kultusausschuss für wirkliche Gebührenfreiheit gestritten, unsere Änderungsanträge zum Gesetz konnten wir aufgrund der Mehrheitsverhältnisse nicht durchsetzen.
Das Bildungsjahr der Grünen soll verpflichtend sein und setzt auf verbindliche Qualitätsstandards in den Kitas, damit der Übergang zwischen Kita und Schule nicht dem Zufall überlassen bleibt.
Die Situation in Hannover ist Ihnen bekannt und Ihnen ist auch bekannt, dass es in Hannover eine rot-grüne Koalition gibt und Koalitionen sind auf Kompromisse angewiesen. Wir Grüne hatten eine andere Position, die sich aber nicht durchsetzen ließ - schade!
Jetzt zur Ihrer Frage: Wir Grüne sind bereit und haben im Rahmen der Haushaltsberatungen 2008 einen durchfinanzierten Vorschlag zur Qualitätsverbesserung in den Kitas, zum Bildungsjahr, zur Kostenfreiheit und auch zum Mittagstisch vorgelegt. Die notwendigen Zukunftsinvestitionen in Bildung und Betreuung lassen sich über Umschichtung im Landeshaushalt finanzieren, z.B. indem man auf kostspielige Großprojekte verzichtet. Außerdem wollen wir insbesondere Großkonzerne und vermögende Privathaushalte, entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit, zur Finanzierung des Gemeinwesens, heranziehen. Wir wollen die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer für private Haushalte. Eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer soll Erbschaften in Millionenhöhe stärker besteuern. Außerdem gibt es bei den Einkommensmillionären starke Steuerausfälle, die abgestellt werden müssen.
Da ich nicht auf ihrer Veranstaltung mit Professor Sell war und auch nicht dessen Forderungen / Statements kenne, kommt Ihre Frage bei mir als Wunsch nach einem Blankoscheck an. Mir erscheint es daher sinnvoller, die angesprochenen Thesen bei uns in der Landesarbeitsgemeinschaft Schule zu diskutieren. Dazu lade ich Sie herzlich ein. Unsere LAGs stehen nicht nur Mitgliedern sondern allen interessierten Bürgern offen. Sie sollen gerade Diskussionen wie diese und den Austausch fördern.
Grüne Grüße
Jörg Schimke