Frage an Jörg Lühmann von Niko B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Lühmann,
heute nachmittag wurde ich als Radfahrer in der Drosselstr. zwischen Steilshooper und Bramfelder Str. gezwungen, den in schlechtem Zustand befindlichen Radweg zu benutzen, anstatt wie ich es wünschte, weiter auf der gut ausgebauten Fahrbahn zu fahren. Ich wies die Beamten darauf hin, dass meiner Information nach bei schlechten Radwegen keine Benutzungspflicht herrscht. Einer der Beamten antwortete mir, dass ich falsch informiert sei, weil überall wo ein blaues Radwege-Schild stehe, die Benutzungspflicht herrsche. Was ja so nicht stimmt. Der Radweg sei zudem "in gutem Zustand", sagte er mir, ohne den Radweg begutachtet zu haben. Außerdem verbot er mir "jede weitere Diskussion" mit ihm, da diese "den Verkehr aufhält". Ich ließ mir die Karte mit den Namen beider Beamten geben. Leider war das nicht mein erstes Erlebnis dieser Art.
Ich möchte Sie fragen, ob eine Möglichkeit besteht, gegen solche Rechtsunsicherheit beim Radfahren und auch gegen ein solches Obrigkeitsdenken, wie es die Beamten angesichts der komplizierten Sachlage an den Tag legen, endlich eine tragfähige generelle Regelung für Radfahrer zu finden. Sie wissen sicher, dass gerade zwischen Barmbek und der Innenstadt (aber auch in anderen Teilen Hamburgs) die Radwege in miserablem Zustand sind und oft nur mit großem Risiko für die eigene Gesundheit befahrbar sind (weitere prominente Beispiele: An der Alster stadtauswärts, Mundsburger Damm, Hamburger bis Bramfelder Str., Hellbrookstr., etc. aber auch die in manchen Jahren von Herbst bis Winterende nicht von Laub und Matsch befreiten Radwege An der Alster, auf denen man bei Regen zusätzlich ca. 2 Meter hohe Spritzwasserfontänen durch Autos erhält, die durch die Kuhlen in der Fahrbahn fahren usw.) Zum anderen möchte ich Sie fragen, was unternommen wird, um seitens der Polizei, aber auch seitens der Autofahrer die Aufmerksamkeit für die schlechte Benutzbarkeit der Hamburger Straßen für Radfahrer zu schärfen.
Vielen Dank
Niko Breyer
Sehr geehrter Herr Breyer,
ich kann Ihren Unmut über den schlechten Zustand zu vieler Radwege in Hamburg sehr gut nachvollziehen. Was in dieser Stadt passieren würde, wenn für den Autoverkehr ähnlich schlechte Wege angeboten würden, mag man sich kaum vorstellen.
Eine Förderung des Fahrradverkehrs dient nicht nur denen, die Fahrrad fahren, sondern liegt im Interesse der ganzen Stadt, denn Fahrradfahren ist eine der umweltfreundlichsten und stadtverträglichsten Verkehrsarten überhaupt: Fahrradfahren schont das Klima, erzeugt keine gesundheitsgefährdenden Abgase oder Feinstäube und ist leise. Je mehr Menschen in Hamburg das Fahrrad nutzen, umso mehr wird also die Umwelt entlastet und die Gesundheit aller gefördert. Die Förderung des Fahrradverkehrs ist im Vergleich zu den Kosten anderer Verkehrsarten wesentlich günstiger und nachhaltiger. Diese Chance wird in Hamburg trotz hervorragender topografischer Ausgangsbedingungen nicht genutzt: Mit einem Anteil von unter 10 Prozent ist Hamburg eines der Schlusslichter deutscher Städte. Das Klima für den Radverkehr ist in Hamburg im bundesweiten Vergleich sogar besonders schlecht.
Das wollen wir ändern und den Fahrradanteil mittelfristig, also bis 2020 sogar verdreifachen und gleichzeitig die Zahl der Fahrradunfälle verringern - mit durchgängigen Fahrradrouten, mehr und besseren Fahrradstellplätzen und erleichterten Mitnahmemöglichkeiten in U- und S-Bahnen. Auch in Hamburg soll mit dem Fahrrad die Nutzung der Fahrbahn der Normalfall werden. Nur wo separate Radverkehrsführungen unbedingt notwendig sind, müssen diese den Regelwerken entsprechend hergestellt werden. Dabei ziehen wir Fahrradstreifen auf den Fahrbahnen baulichen Radwegen auf den Bürgersteigen eindeutig vor. Diese Lösung ist für Fahrradfahrerinnen komfortabler und sicherer. Außerdem werden so die Konflikte zwischen FahrradfahrerInnen und FußgängerInnen minimiert.
Leider sieht die Realität teilweise noch anders aus und die Behörde für inneres bzw. die Polizei beharren darauf, aus Sicherheitsgründen Radwegebenutzungspflichten zu verhängen. Meine logische Forderung, dass eine Radwegebenutzungspflicht unbedingt eine Benutzbarkeit der Radwege voraussetze, wird dort schlicht bestritten. Auch wenn auf Radwegen so viel Schnee oder Laub angehäuft wurden, dass ganz offenkundig dort nicht gefahren werden kann, verweigert die Behörde die Freigabe der Fahrbahnen für Fahrradfahrer. Angeblich, um Radfahrer zu schützen!
Diesen Unsinn wollen wir beenden. Dafür brauchen wir allerdings mehr politische Macht und hoffen daher darauf, auch mit Ihrer Hilfe nach der Wahl am 24. Februar in die Regierungsverantwortung zu kommen, um in Hamburg bessere Bedingungen für FahrradfahreInnen und FußgängerInnen zu schaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Lühmann