Frage an Jörg Lühmann von Dr. Frank B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Lühmann,
mit Bestürzung mußte ich feststellen, daß die Bezirksversammlung Altona wieder Mittel für die Radverkehrsförderung verplant und damit verschwendet. Meines Wissens waren die Bezirke seit einigen Jahren (zum Glück) von der Vergabe solcher Mittel ausgeschlossen.
Natürlich ist die Mittelverwendung im Bezirk grausam schlecht - wie so oft in der Zeit bis 2001. So sollen Parkwege ausgebaut werden (vgl. Drucksache XVII -613: "Förderung des Radverkehrs"), die im vordringlich zu fördernden Alltagsradverkehr eine eher untergeordnete Rolle spielen.
Besonders schlimm: der Bezirk Altona hat sich mit einem unausgegorenen Radverkehrskonzept aus dem Jahr 2002, das im Jahr 2006 noch einmal bestätigt wurde, geradezu selbst verpflichtet, systematisch immer wieder die falschen Maßnahmen anzupacken. Dieses Konzept hat das Bezirksamt weitgehend alleine ausgearbeitet.
Ich weiß, daß Sie die Vergabe von Mitteln für die Radverkehrsförderung an die Bezirke immer wieder gefordert haben.
Wieso halten Sie die Vergabe von Mitteln für die Radverkehrsförderung an die Bezirke für richtig?
Müssen die Mittel dabei immer so fein verteilt werden, daß man im einzelnen Bezirk kaum eine vernünftige Maßnahme finanzieren kann?
Wäre nicht ein Wettbewerb zwischen den Bezirken ("The Winner Takes It All") der fachlichen Qualität der Planung zuträglicher?
Dabei könnte man durch die Bündelung dieser Mittel z.B. die Asphaltierung von Straßen im Verlauf von Velorouten oder bezirklichen Hauptrouten für den Radverkehr vorantreiben (in Altona z.B. Haubachstraße, Thedestraße, Chemnitzstraße oder Bleickenallee - Othmarscher Kirchenweg), die durch die Feinstverteilung der bezirklichen Mittel nach dem Gießkannenprinzip niemals in Angriff genommen werden könnten.
Sind Sie wenigstens dafür, daß die BSU die von den Bezirken geplanten Vorhaben nach fachlichen Kriterien prüft und die schlimmste Mittelverschwendung vor Baubeginn verhindert?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Bokelmann
Hamburg-Nienstedten
Sehr geehrter Herr Bokelmann,
Sie haben auf Ihre Anfrage ja gleich eine Petition folgen lassen, für die ich im Eingabenausschuss der Bürgerschaft als Berichterstatter bestimmt wurde. Nachdem die Antworten des Senats vorlagen habe ich eine "Senatsbefragung" im Ausschuss erbeten, weil die Antworten im schriftlichen Verfahren nicht ausreichten, damit ich mir ein umfassendes Urteil erlauben konnte. Deshalb antworte ich Ihnen erst jetzt, nachdem die Anhörung erfolgt ist, auf Ihre hier in diesem Forum gestellten Fragen:
Im Rahmen des Fahrradforums wurde übereinstimmend, also auch mit den Vertretern des ADFC gemeinsam festgestellt, dass auf der Grundlage des "Veloroutenkonzepts", welches selbstverständlich in der Zuständigkeit der Fachbehörde für ganz Hamburg entwickelt wird, in den Bezirken eigene, feinere Netze weiter entwickelt werden. Dies ist zum Teil dem Umstand geschuldet, dass eine hamburgische Fachbehörde nicht stadtweit dieselbe genaue Ortskenntnis haben kann, wie sie die Bezirke haben. In der alltäglichen Benutzung des Fahrrads ist aber auch die Gestaltung der Wege z.B. zur Schule oder zum Markt wesentlich entscheidender, als die Frage eines übergeordneten Fahrradroutennetzes durch die ganze Stadt.
Dazu kommt, dass mit der Bezirksverwaltungsreform auch erreicht werden sollte, Zuständigkeiten klarer zuzuordnen als bisher. Nun bestehen deutlich klarere Zuständigkeiten entweder bei der landesweiten Fachbehörde oder bei den Bezirken. Damit soll auch erreicht werden, dass sich Betroffene mit ihren lokalen Problemen zunächst an die Bezirke wenden können und es dort auch eine klar definierte Zuständigkeit und Handlungsmöglichkeit gibt.
Letztlich ist für eine erfolgreiche Radverkehrsförderung auch wichtig, dass sich die Bezirke nicht etwa übergangen fühlen und daraus das Gefühl entwickeln, nicht selber aktiv mitwirken zu können bzw. zu müssen. Aus diesen drei Gründen halte ich es für unabdingbar, die Bezirke in Fragen der Radverkehrsförderung aktiv zu beteiligen.
Selbstverständlich wäre es fragwürdig, wenn Bezirke nur so gering bemessene Mittel erhielten, dass auf dieser Basis keine wirksamen Maßnahmen ergriffen werden könnten und es ist auch überlegenswert, den Bezirken über die "Grundmittel" hinaus z.B. in einem Wettbewerbsverfahren die Möglichkeit zu geben, sich mit kreativen Vorschlägen um begrenzte zusätzliche Mittel zu bewerben. Ein Verfahren, bei denen ganze Bezirke aber völlig "leer" ausgehen, kann aber nun wirklich nicht dazu führen, dass überall in der Stadt mehr Fahrrad gefahren wird. Das aber ist und bleibt mein Ziel.
Vollkommen richtig finde ich Ihre Anregung, die Vorhaben der Bezirke fachlich und in Bezug auf die Verkehrssicherheit bei den zuständigen Landesbehörden prüfen zu lassen - und zwar ausdrücklich vor der Beschlussfassung in den Bezirken.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Lühmann