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Jörg Lühmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gerhard W. •

Frage an Jörg Lühmann von Gerhard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Lühmann,

wie Ihnen sicher bekannt ist, ist die große Mehrzahl der Wähler Ihrer Partei nicht an einer Fortsetzung des CDU-Senats unter Ole von Beust interessiert.

Die derzeitigen Stellungnahmen zur möglichen Regierungsbildung lassen aber erwarten, dass Ole von Beust und seiner CDU das Weiterregieren ermöglicht wird - mit Ihrer Hilfe / der Unterstützung und Beteiligung Ihrer Partei.

Sicher ist Ihnen bekannt, dass nach den aktuellen Umfragen eine rot-grüne Mehrheit unwahrscheinlich ist, und Sie sich deshalb "nach der Decke strecken" müssen.
Rot-Grün wäre vermutlich unter einer Bedingung möglich: durch eine Akzeptanz von seiten der Linken.
GAL-Sprecherin Anja Hajduk erklärte dies für ausgeschlossen.
Statt der Möglichkeit, Rot-Grün in Absprache mit der Linken (die etwa in Berlin als verlässlicher Regierungspartner akzeptiert wird) wahrzunehmen, bevorzugt Ihre Partei - im wahrscheinlichen Fall, dass es für Rot-Grün nicht reicht -Verhandlungen mit der CDU über Schwarz-Grün (entsprechend der Stellungnahme von Sprecherin Anja Hajduk).

Nach der Stellungnahme Ihrer Sprecherin brachen die Umfragewerte für Ihre Partei stark ein und anschliessend erleben wir, wie Spitzenkandidatin Goetsch Front gegen die CDU macht und erklärt "derzeit" gebe es keine Basis für eine Koalition mit der CDU.

Woher können nun die Wähler der Grünen wissen, dass dies "derzeit" nicht am Wahlabend abgelaufen ist, wenn das Wahlergebnis ausfällt, wie die aktuellen Umfragen, und man in Ihrer Parteiführung entscheidet: "Rot-Grün mit Tolerierung von links wollen wir nicht; wir gehen mit Ole" (weil dies als einzige Option der Mitregierung bleibt) ?

Werden Sie ggf eine schwarz-grüne Koalition mit Ihrer Stimme unterstützen und von Beust als Bürgermeister wählen?

Oder sind Sie / Ihre Partei bereit, die Ausgrenzung der Linken zu beenden, anstatt dem CDU-Senat das Weiterregieren mit Ihrer Beteiligung zu ermöglichen?
Sind Sie / Die Grünen bereit, eine Koalition mit der CDU definitiv auszuschliessen?

freundliche Grüße

GW

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Wendebourg,

wenn nach der Wahl nur die drei Fraktionen der CDU, SPD und der GAL in der Bürgerschaft vertreten sind, reicht es für einen Politikwechsel zu einem rot-grünen Senat. Und genau das ist unser erklärtes Ziel!

Ihre Frage zielt dagegen auf eine Situation ab, die nur entsteht, wenn die FDP und / oder "Die Linke" in die Bürgerschaft einziehen sollten. Insofern müssen sich gerade diejenigen, die heute damit liebäugeln, "Die Linke" zu wählen, ernsthaft fragen, ob sie ein rot-grünes Reformbündnis für Hamburg damit selbst verhindern wollen.

"Die Linke" selbst hat sich übrigens noch nicht einmal zu einem Tolerierungsangebot gegenüber SPD und GAL durchringen können - ein entsprechender Vorstoß des Landesvorstandes wurde auf einem Parteitag wieder zurückgenommen.

Aber ich gebe Ihnen auch zu: An einer Tolerierung eines rot-grünen Minderheitensenats habe ich ganz persönlich auch gar kein Interesse, weil ich eine belastbare Mehrheit in der Bürgerschaft für die Übernahme der Regierungsverantwortung als zwingende Voraussetzung erachte.

Was nun passieren wird, wenn in der kommenden Bürgerschaft vier oder fünf Fraktionen vertreten sein sollten, wird im Wesentlichen davon abhängen, mit wem SPD und CDU jeweils Gespräche aufnehmen wollen. Sollte sich also die CDU in dieser Situation an uns wenden, kann ich mir nicht vorstellen, wie die bestehenden deutlichen Widersprüche zwischen den Positionen der CDU und unseren Forderungen für einen Politikwechsel in Übereinstimmung gebracht werden sollen. Ich glaube nicht, dass es einen schwarz-grünen Senat geben wird, weil eine rechnerische Mehrheit von CDU und GAL noch lange keine inhaltliche Übereinstimmung ergibt!

Deshalb wiederhole ich mich: Wir wollen einen Wechsel zu einem rot-grünen Senat und der ist auch möglich. Die Entwicklung in den Umfragen zur Bürgerschaftswahl zeigt eine Tendenz zu rot-grün, die uns insgesamt ermutigt, dass dieses Ziel erreichbar ist. Die letzte Umfrage weist 35% für die SPD und 11% für die GAL aus, ergibt zusammen 46%. Die CDU fällt auf 40% und die Linke erreicht 6%, ergibt zusammen ebenfalls 46%. Die FDP zieht mit 4% nicht in die Bürgerschaft ein. Eine rot-grüne Mehrheit ist also durchaus möglich und wir werden bis zum Wahltag am 24. Februar weiter intensiv dafür arbeiten, diese Mehrheit zu erreichen.

Gefährdet wird ein rot-grüner Senat zurzeit noch durch einen möglichen Einzug der Partei "Die Linke" in die Bürgerschaft. Diese Gefahr können die Wählerinnen und Wähler in Hamburg aber leicht bannen und dann gibt es einen Politikwechsel in Hamburg mit einer stabilen und verlässlichen Mehrheit für die Einführung der modernen Stadtbahn, für die Wiedereinführung eines echten Sozialtickets, für eine engagierte Förderung des Fahrradverkehrs, für "Shared Space"-Projekte und vieles mehr, um nur einige mir besonders nahe liegenden Aspekte der Verkehrspolitik zu nennen.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Lühmann