Portrait von Jörg Behlen
Jörg Behlen
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Jörg Behlen zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Kamil Z. •

Frage an Jörg Behlen von Kamil Z. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Behlen,

anlässlich der bevorstehenden Wahlen, habe ich ein paar fragen, von denen sie schon einige beantwortet haben.

Was mich jedoch noch persönlich Interessiert ist,

1. Wie stehen sie zu den Studiengebühren deutscher Hochschulen?
und
2. Welche Einstellung vertreten sie bezüglich der Wehrpflicht? Notwendig und gerechtfertigt oder Unfair und unnötig?

Mit freundlichen Grüßen
Kamil Znamirowski

Portrait von Jörg Behlen
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Znamirowski,

Sie haben sehr lange auf meine Antwort warten müssen, dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich selbst bin ein Fan dieses Portals und verstehe durchaus, dass eine Antwort nach erst neun Tagen als spät empfunden wird.

Zu Ihrer Frage: Wie stehen sie zu den Studiengebühren deutscher Hochschulen?

Ich könnte mir die Sache einfach machen und Ihnen schreiben, dass Bildungspolitik Angelegenheit der Bundesländer sei. Ihrer Frage möchte ich aber nicht aus dem Weg gehen: Ich persönlich erkenne die Sorge, sich ein Studium nicht leisten zu können, als ernstzunehmend an. Ich denke Studiengebühren, die an den Hochschulen erhoben werden und nicht in die Länderhaushalte fließen dürfen, bieten auch Chancen. Die Studenten hätten stärkeren Einfluss auf die Studienbedingungen. Über ein erstes Monitoring in Baden-Württemberg: http://tinyurl.com/ktet74

Die Frage nach Fairness möchte ich näher beleuchten: Eine Höhe von monatlich ca. 80 Euro (480 Euro im Semester) liegt deutlich unter den Kindergartengebühren in meinem Landkreis Marburg-Biedenkopf.

Zur Frage von Ordnungspolitik im Bereich der Bildungseinrichtung Kindergärten: In Berlin kostet ein Ganztageskinderplatz einkommensabhängig bis zu 405 Euro im Monat. Das ist sehr zurückhaltend ausgedrückt ordnungspolitischer Unsinn, denn gleiche Leistung kann nicht unterschiedliche Rechnungshöhe nach sich ziehen. Wenn ein Handwerker bei seiner Rechnungsstellung den Einkommenssteuerbescheid seines Kunden einsieht, um den "fairen" Stundenlohn einzusetzen, dann sprächen wir von monopolistischer Preisbildung. Der Staat missbraucht sein Machtmonopol, um für eine gleiche Leistung unterschiedliche Preise erheben zu dürfen.

In einer emotionalisierten Diskussion spielen aber Vergleiche und mögliche Vorteile keine Rolle und werden einfach niedergewalzt. Das empfinde ich als bedauerlich, aber so sieht politischer Alltag nun mal aus. Die ordnungspolitischen Wirkungen einer kostenlosen Studienplatzes im Vergleich zu einem Hauptschulabsolventen mit sozialversicherungspflichtiger Lehre und anschließender Berufstätigkeit ist allerdings eindeutig. Er zahlt für den kostenlosen Studienplatz mit. Das gehört zur Wahrheit auch offen ausgesprochen. Das wird nur ungern gehört. Die ungleiche soziale Schichtung von Studentenanteilen liegt in unserem miserablen Vorschulsystem (nicht existent) und sozialer Schichtung des schulischen Bildungssystems. Alles andere ist Augenwischerei.

Zu Ihrer Frage: Welche Einstellung vertreten sie bezüglich der Wehrpflicht? Notwendig und gerechtfertigt oder Unfair und unnötig?

Diese Frage der so genannten „Wehrgerechtigkeit“ unterliegt heftigem politischem Streit. Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich eine Richtervorlage zur Frage der Wehgerechtigkeit als unzulässig erklärt: http://tinyurl.com/l7uhll

Eine Grundrechtseinschränkung wie die freie Wahl der Wohnung sollte sehr gut begründet werden. Wenn von 440.000 Männern fast die Hälfte aus verschiedenen Gründen ausgemustert werden, dann bedeutet dies: Entweder sind wir ein Volk von Bewegungsunfähigen oder aber die Kriterien wurden derart verändert, dass nur scheinbare „Gerechtigkeit“ hergestellt werden soll: http://tinyurl.com/cq8l9a

Die Wehrpflicht ist inzwischen unfair und darüber hinaus unnötig, davon sind wir Liberale überzeugt. Wenn 16 Prozent eines Jahrganges noch zum Wehrdienst eingezogen werden, von Wehr“gerechtigkeit“ zu sprechen, erscheint mir wenig plausibel.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Jörg Behlen