Frage an Jörg Behlen von Robert G.
Sehr geehrter Herr Behlen,
mit Interesse habe ich Ihre Beantwortung der hier gestellten Fragen gelesen. Ich bin (Bundestags-)Erstwähler und setze mich für ein schwarz-gelbes Bündniss mit einer starken FDP ein. Inhaltlich bin ich also schon überzeugt, es geht mir vorliegend um die Beantwortung einer wahltaktischen Frage.
Leider stehen, das haben Sie in der Antwort auf eine andere Frage in diesem Portal selbst festgestellt, die Chancen für ein FDP-Direktmandat schlecht. Nach meinem bisherigen Stand würde ich am Sonntag mit der Erststimme CDU wählen, allerdings mit einem sehr flauen Gefühl im Magen – spätestens nach der Abstimmung zum ZugErschwG halte ich die CDU an sich für unwählbar. In den "sauren Apfel" würde ich beißen, um so dabei zu helfen, in Marburg ein SPD-Direktmandat zu verhindern – denn ein solches hilft weder schwarz-gelb, noch der FDP. Aus diesem Blickwinkel erscheint es mir – trotz großer Bedenken – sinnvoll, einem (wenn auch in Marburg sehr sympathischen) CDU-Mann meine Erststimme zu geben.
Wie stehen Sie dazu? Weshalb lohnt sich auch bei der Erststimme das Kreuz bei der FDP?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
R. Gerstberger
Sehr geehrter Herr Gerstberger,
vielen Dank für Ihre wichtige Frage zum Wahlrecht. Meine Kandidatur war von Beginn an auf einen engagierten Erst- und Zweitstimmenwahlkampf ausgerichtet - warum?
Unter anderem weil ich folgende neun Punkte kategorisch ablehne:
1. die verfassungswidrige Kürzung der Pendlerpauschale;
2. den verfassungswidrigen Abschuss von gekidnappten Flugzeugen;
3. die verfassungswidrige Pauschalisierung bei Kindern im ALG II;
4. das von mir als verfassungswidrig empfundene Internetsperrengesetz (ZugErschwG);
5. den andauernden Versuch, den Weg für Militäreinsätze im Inland freizumachen;
6. den ständigen Anlauf der Volksparteien unsere Grundrechte einzuschränken und die Bürokratie aufzublähen;
7. den Gesundheitsfonds als Türöffner einer sozialistischen Einheitskasse;
8. die "Rentensicherung" als größten ordnungspolitischen Irrsinn seit Erfindung des umlagefinanzierten Rentensystems und Bestechungsversuch der Rentnergeneration zu Lasten der Jüngeren;
9. die Abwrackprämie, die mit fünf Milliarden Steuerverschwendung die Absatzprobleme der Automobilindustrie über die Bundestagswahl hinauszögern sollte.
Diese Liste ließe sich fast beliebig erweitern.
Sie haben vielleicht Recht, dass meine Chancen in den Bundestag als Direktkandidat einzuziehen, gering sein mögen. Wenn Sie einen Teil oder sämtliche der oben genannten Punkte wie ich ablehnen, so dürfte Ihnen die Wahl beider Kandidaten der Großen Koalition schwer fallen. Auch mit Ihrer Erststimme drücken Sie Ihre politische Meinung aus. In einem Mehrheitswahlrecht ist jede Stimme für den unterlegenen Kandidaten ohne Wahlerfolg. Bei der letzten Bundestagswahl 2005 lag der SPD Bewerber 10,9% vor dem damaligen CDU-Bewerber.
Eine Kostprobe des Unionsbewerbers aus dieser Woche können Sie hier nachlesen: OP 21.09.2009: http://tinyurl.com/n8qmhv
Ich möchte nicht die Strategie des Mitbewerbers bewerten müssen, das überlasse ich seinen eigenen "Parteifreunden" nach dem Wahlausgang. Ein Zitat aus oben genannter Quelle: "Stimmen an Bewerber kleinerer Parteien sind verlorene Stimmen." So gesehen dürfte in meinem Wahlkreis Marburg-Biedenkopf niemand den CDU-Bewerber wählen, da in den letzten 19 Jahren der Direktbewerber der Union immer zu der "kleineren Partei" gehörte. Die in dem Interview geäußerten Verleumdungen gegenüber meiner Partei möchte ich nicht weiter kommentieren. Jedem mündigen Bürger bleibt dies selbst überlassen.
Mein Antwortinterview am darauf folgenden Tag ist ebenfalls im Portal der OP 22.09.2009 zu finden: http://tinyurl.com/lmvo6n
Dort äußere ich mich über Politik und auch die Hintergründe des Erst- und Zweitstimmenwahlkampfes. Ich kandidiere für die Menschen in meinem Landkreis Marburg-Biedenkopf. Wenn ich dies nicht hätte wahrnehmen wollen- mein Listenplatz auf der hessischen Landesliste genügte.
Gerne lade ich Sie zu unserem Wahlabend ab 17:00 im TTZ (ehem. Jägerkaserne) ein. Ich selbst werde bis ca. 19:15 im Landratsamt das Eintreffen der Gemeindewahlergebnisse mit den anderen Kandidaten verfolgen und anschließend zu den Liberalen hinzukommen. Ich lade Sie wie alle anderen Wähler herzlich ein-unabhängig Ihrer persönlichen Wahlentscheidung.
Mit liberalen Grüßen
Jörg Behlen