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Jörg Behlen
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Frage von Davin B. •

Frage an Jörg Behlen von Davin B. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Behlen,

einige Fragen an Sie:

1. Gerade im Angesicht der europäischen Integration, sehen Sie das Prinzip Nationalstaat auch als zukünftig gültig an, oder wären Sie eher für einen europäischen Bundesstaat?

2. Wie sehen Sie die Zukunft der Integration von Einwanderern? Mehr und mehr Stimmen werden laut, die diese Integration, wie sie jetzt vonstatten geht (bzw. nicht vonstatten geht) als gescheitert ansehen. Würden Sie dem bisherigen Weg folgen, und wenn nein, was würden Sie ändern, um die Bildung von Parallelgesellschaften, die sich mitunter im vollen Gange befindet, und auch die zunehmende Gefahr des islamischen Extremismus abzuwenden?

3. Was wollen Sie tun, um dem Demographieproblem entgegenzuwirken bzw. wollen Sie ihm entgegenwirken? Werden Sie sich dafür einsetzen, daß deutsche Frauen wieder mehr Kinder bekommen (können)?

4. Braucht Deutschland noch mehr Zuwanderung oder ist die "Schmerzensgrenze" bereits überschritten (in einigen Gegenden stellen Zuwanderer mittlerweile die Mehrheit)?

Mit freundlichen Grüßen!

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Antwort von
FDP

Sehr guter Herr Bußmann,

vielen Dank für Ihre vier Fragen, die ich gerne beantworte. Ich entschuldige mich für die Zeitverzögerung, doch bin ich in der Getreideernte und ihre Fragen waren nicht "aus dem Stegreif" zu beantworten. Da ich jede Antwort persönlich verfasse und nicht auf Formulierungen der Partei zurückgreife, ist hier meine persönliche Auffassung wiedergegeben.

Zu Frage 1:

Die Europäische Integration ist eine unvergleichliche historische Leistung für Frieden und Freiheit in Europa. Allerdings sind erhebliche Demokratiedefizite der EU als überzeugter Demokrat unübersehbar. In wesentlichen Haushaltsfragen z.B. hat das europäische Parlament kein Mitspracherecht. Der Vertrag von Lissabon verbessert die Situation erheblich, kann aber nicht über weiter existierende Schwächen hinwegtäuschen. http://tinyurl.com/b6auo3 Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Lissabon-Vertrag begrüße ich ausdrücklich, denn sie stärkt die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages. Wie die Mehrheit der Menschen lehne ich einen europäischen Bundesstaat ab.

Zu Frage 2:

Die Integration ist weit unter ihren Möglichkeiten geblieben, weil den Deutschen und den Ausländern nicht klar gesagt wurde, dass die ehemaligen "Gastarbeiter" auf Dauer hier leben und arbeiten werden. Den Migranten wurde entweder erzählt, eine Multikultikultur brauche keine gemeinsame Basis (GRÜNE), oder vollständige Assimilation sei zu verlangen bzw. Ausländer wären nur "zu Gast" (Konservative). Die Wahrheit ist, dass in meinem Wahlkreis Wohngebiete und Städte mit Mehrheit von Migranten bewohnt werden. Die Vorurteile sind auf beiden Seiten (in Teilen stark) ausgeprägt und ein Dialog bleibt zumeist aus. Für erfolgreiche Integration ist Hilfsbereitschaft, Leistungswillen und Integrationsfähigkeit notwendig. Ich besuche ohne Presse Sozialprojekte und Religionsgemeinschaften um für Bildung und Integration zu werben. Den Deutschen ist dringend anzuraten, sich ernsthaft um ihre Mitmenschen zu bemühen. Den Migranten sage ich, dass nur durch Bildung und die Beherrschung der deutschen Sprache ein erfolgreiches und selbst bestimmtes Leben möglich sein wird.

Ich gestehe als überzeugter Christ der Selbständig-Lutherischen Kirche allen Menschen jeder Glaubensrichtung im vollen Umfang das Recht auf Glaubensausübung zu. Das erwarte ich als Christ auch mir gegenüber. Jedem Fundamentalismus stehe ich als liberaler Christ ablehnend gegenüber. Das trifft für christlichen wie muslimischen Fundamentalismus zu.

Zu Frage 3:

Das Demographieproblem ist vielschichtig. Wer die Zahlen kennt, der weiß dass es eine starke soziale und weniger ethnische Schichtung gibt. Quelle: http://tinyurl.com/kq7cko Da unsere sozialen Umlagesysteme auf annähernd gleicher Geburtenrate basieren, liegt hier der größte Zündstoff zukünftiger Verteilungsauseinandersetzungen. Innerhalb von zwei Generationen halbiert sich die Zahl der Frauen. Die Politik hat mit dem Wohlfahrtsversprechen die Vorstellung kultiviert, auch ohne eigene Kinder im Alter abgesichert zu sein. Dies wird sich zukünftig als folgenreicher Irrtum herausstellen. Dass die Sozialsysteme bei der gegebenen Geburtenrate ihre Wohlfahrtsversprechen in Billionenhöhe einlösen können, halte ich vorsichtig formuliert für mehr als ambitioniert. Wer jedoch dies offen ausspricht, wird vom politischen Gegner und der Presse gebrandmarkt. Mein Buchtipp hierzu: Dr. Gisela Babel: "Die Gesundbeter" Rentendebatten in Deutschland. Deutschland braucht mehr Kinder, die zudem von ihren Eltern zu Toleranz, Mitmenschlichkeit und Leistungsbereitschaft erzogen werden. Die Kindergärten und Schulen sollen soziale Unterschiede zurückdrängen und die optimale Bildung jedem Kind zuteil werden lassen. Doch wieweit ist dies von der deutschen Wirklichkeit entfernt?

Zu Frage 4:

Eine "Schmerzgrenze" ist ein ungeeigneter Gradmesser für Integration. Denn der entscheidende Aspekt, wie sich ein Zusammenleben und die Leistungsbereitschaft aller Menschen in Deutschland entwickelt, hängt weniger von der Zahl der Migranten als von der Dialogfähigkeit und Bildung ab. Ein guter Bekannter ist gläubiger Muslim und Arzt, dazu anerkannt und hilfsbereit. Wer sollte ihn nicht schätzen? Wer kennt nicht einen Deutschen, der sich nicht besonders motiviert um Arbeit bemüht? An solchen Mustern lässt sich nicht argumentieren. Einen Menschen nach seiner Heimat oder seinem Glauben zu beurteilen, ist Vorurteil pur.

Eine Zuwanderung kann die zurück gehende Geburtenrate nicht ausgleichen, dazu wäre die Zahl der notwendigen Zuwanderer astronomisch hoch. Ein kurzer Artikel hierzu: http://tinyurl.com/kpbrec Außerdem bitte ich zu beachten, dass Deutschland seit letztem Jahr ein "Auswanderungsland" ist: WIWO http://tinyurl.com/nhp88k Das ist ein überdeutliches Alarmzeichen für unsere Gesellschaft.

In der Hoffnung Ihre auch mir wichtigen Fragen hinreichend beantwortet zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Jörg Behlen