Frage an Jochen Ott von Sebastian B. bezüglich Gesundheit
Lieber Herr Ott,
drei Fragen zum Fluglärm über Köln:
1. Hessen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz reichten am 1. März Anträge an die Länderkammer ein, um eine Regelung für den Schutz der Bevölkerung gegen Auswirkungen des Nachtfluglärms zu erwirken. Wird NRW unter der Regierung der SPD einen ähnlichen Weg gehen?
2. Sie sprachen sich mehrfach gegen ein Verbot des nächtlichen Frachtflugs am Flughafen Köln-Bonn aus wirtschaftlichen Gründen aus. Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des nächtlichen Frachtflugs wurde an anderen Standorten ebenfalls gestellt, sowohl im internationalen Raum als auch in Deutschland, etwa beim Flughafen Frankfurt. Es gibt verschiedene Stimmen, die Ihrem Argument widersprechen. So sollen die wirtschaftlichen Vorteile - mehr Arbeitsplätze für einige wenige Arbeitnehmer, höhere Steuereinnahmen der Kommunen, Profit der direkt beteiligten Unternehmen - einem wesentlich höheren volkswirtschaftlichen Schaden gegenüber stehen. Dieser würde etwa durch weniger Leistung bei der Arbeitskraft derjenigen hervorgerufen, die Nachtfluglärm ausgesetzt seien. Darüber hinaus gebe es einen enormen Wertverlust von Immobilien im überflogenen Gebiet. Auch würden die Mehrkosten durch gesundheitliche Beeinträchtigung der Betroffenen die Einnahmen der Wirtschaftsunternehmen und Kommunen bei Weitem übersteigen. Was denken Sie über diese Ansichten?
3. Vom Ministerium für Verbraucherschutz gibt es eine öffentlich zugängliche Lärmkarte von NRW ( http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de ). Für den Kölner Norden gibt es keine Daten bezüglich des Fluglärms. Eine Anfrage an das Ministerium wurde derart beantwortet:
"Die Ballungsräume, zu denen die Stadt Köln gehört, berechnen die Lärmkarten selbst. Ihre Ergebnisse werden dann im Umgebungslärmportal des Landes veröffentlicht. Von der Stadt Köln liegen bisher noch keine Lärmkarten für die 2. Stufe vor, daher sind diese Flächen noch weiß."
Wie kann das sein in einer Stadt, in der seit Jahren über Fluglärm diskutiert wird?
Sehr geehrter Herr Barsch,
zunächst vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Fluglärm, zu denen ich gerne Stellung nehme. Dabei muss ich zum dritten Teil einräumen, die Gründe für die fehlende Lärmkartierung für den Kölner Norden nicht zu kennen, weshalb ich diesbezüglich bei der Stadt Köln anfragen werde, um Ihnen die Antwort sodann später nachzureichen.
Die Haltung und Vorgehensweise der NRW-Landesregierung erläutere ich wie folgt:
Die NRW-Landesregierung hat ein Anhörungsverfahren zum Nachtflugverbot für Passagierflüge am Kölner Flughafen abgeschlossen. Innerhalb von vier Wochen wurden Flughafen, Flugunternehmen, Lärmschutzkommission und Kommunen zum geplanten Nachtflugverbot befragt. Im rot-grünen Koalitionsvertrag wurde vereinbart, zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens ein Nachtflugverbot für Passagiermaschinen durchzusetzen. Darauf hoffen auch viele Anwohner, die sich durch zu laute Flieger in ihrer Nachtruhe gestört fühlen.
Die letztendliche Entscheidung liegt jedoch beim Bundesverkehrsministerium in Berlin, das in seiner Aufsichtsfunktion einem landesgesetzlichen Verbot die Zustimmung verweigert hat, so die Entscheidung des Bundesverkehrsminister Ramsauer.
Eine weitergehende rechtliche Auseinandersetzung zur Streichung der Passagiernachtflüge am Kölner Flughafen allein wird zu keiner deutlichen Verbesserung der Situation der Anwohner führen. Die eingesetzten Passagiermaschinen sind deutlich leiser, als die meist viel älteren und dadurch sehr lauten Frachtflugzeuge. Deshalb muss bedacht werden, wie ein Gesamtkonzept aussieht. Meines Erachtens muss die Debatte auf zwei Ebenen geführt werden:
Wir brauchen Rechtssicherheit für alle Beteiligten auf der Einen und einen offenen Dialog aller Akteure auf der anderen Seite. Als Wahlkreisabgeordneter bin ich von beiden Seiten gewählt worden – sowohl von den betroffenen Bürgern als auch von den Beschäftigten des Flughafens. Daher setze ich mich für einen offenen Dialog zwischen Flughafenbetreiber und Anwohnern und konkrete Verbesserungen ein. Ich möchte beiden Seiten helfen, mit konkreter Politik vor Ort Lösungen zu entwickeln, die für alle praktikabel sind.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass sich das Nachtflugverbot für Passagiere rechtlich nur schwer durchsetzen lässt. Das Verkehrsministerium hat darauf hingewiesen, dass es hier eine Genehmigung des Bundesverkehrsministers geben muss. Auch hier bringen langwierige rechtliche Auseinandersetzungen keine Verbesserungen für die Anwohner, weil sie keine kurzfristige Lärmreduzierung ermöglichen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es mir sinnvoller, sich mit Fed-EX und UPS an einen Tisch zu setzen und darüber zu reden, dass möglichst kurzfristig Boeing´s wie z.B. die 747 und die neue 777 bzw. generell leisere Antriebe für den Frachtverkehr einsetzen, damit die lautesten Flieger vom Himmel verschwinden! Das bringt den Anwohnern doch wesentlich mehr und verspricht schnellere Abhilfe! Denn Nachts stören in erster Linie die lauten Maschinen wie die betagte MD-11 beim Schlafen, und das sind eben nicht die Passagierflieger.
Was die Interessenabwägung zwischen Wirtschaftsfaktor und Anwohnerlärmschutz anbetrifft, bleibe ich dabei, die Unternehmen nicht einfach nur zu beschimpfen, sondern gemeinsam mit ihnen nach Wegen zu suchen, in moderne Maschinenantriebe zu investieren und somit Entlastungen für die Anwohner kurzfristig zu ermöglichen.
Die Wirtschaft und die Beschäftigten brauchen den Frachtnachtflug. Die neue Lärmschutzregelung der Bundes- und der Landesregierung nimmt den Flughafen zunächst zusätzlich aus der Verantwortung. Für die Menschen innerhalb der Einflugschneise hat dies zur Folge, dass die Gelder für neue Lärmschutzfenster erst in 5 Jahren erstattet werden. Hier gilt es jetzt die freiwilligen Leistungen des Flughafens zu erhalten. Hierfür setze ich mich ein!
Im Übrigen brauchen wir bei den Themen Nachtflugverbot und Luftverkehrsabgabe schnelle europäische Initiativen und Regelungen, die rechtlich halt- und durchsetzbar sind. Hier ist das Europaparlament gefordert, verbindliche Festlegungen zu treffen. Es ist doch absurd, wenn die Holländer die Luftverkehrsabgabe einführen, nach 1 Jahr wieder abschaffen, und dann bei uns die Bundesregierung sie wieder einführt. Das ist doch keine vernünftige ´europäische´ Politik!“
Wir brauchen weiterhin alle Leute an einem Tisch, um über Technologiealternativen und –Lösungen zu diskutieren, und wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass insbesondere im Nachtflugbereich durch technische Verbesserungen mehr Ruhe einkehrt. Das hilft den Menschen wirklich, anstatt die Fortführung der endlosen ´Was-wäre-wenn-Diskussion´ auf dem Rücken der Arbeitnehmer und Betriebsräte auf dem Flughafen. Der Koalitionsvertrag gilt, aber es geht mir darum, im Dialog mit den Menschen und den Beschäftigten echte Verbesserungen zu erreichen, egal ob Wahlen stattfinden oder nicht. Beschimpfen sollte man dann Andersdenkende nicht.
Zu Ihrer dritten Frage möchte ich Ihnen folgenden Link der Stadt Köln empfehlen:
http://www.stadt-koeln.de/3/umwelt/laerm/suche/
Dort finden Sie alle relevanten Lärmdaten - wie Sie sehen, sind die Güterbahn der HGK und der Autoverkehr die Hauptlärmtreiber in Köln- Niehl.
Der Fluglärm - bei Tag und bei Nacht - übersteigt in Niehl bisher die relevanten 55 dB nicht.
Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne weiterhin an uns.
Ihr Jochen Ott MdL