Frage an Joachim Unterländer von Helmut H. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Unterländer,
heute lese ich in SZ-Online: "Die Jugendämter in Deutschland haben noch nie so viele gefährdete Kinder und Jugendliche in Obhut genommen wie 2012. Insgesamt waren es rund 40 200 Minderjährige und damit 1700 mehr als im Vorjahr...Die Zahlen werden seit 1995 erfasst, seit 2007 steigen sie ständig. 2007 waren es 43 Prozent weniger Fälle als 2012. Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der in Obhut genommenen Jungen und Mädchen lebten bei ihren Eltern oder einem Elternteil. Häufigster Grund waren überforderte Mütter und Väter (43 Prozent). Jeder zehnte junge Mensch, um den sich die Ämter kümmern mussten, kam ohne erwachsene Begleiter aus dem Ausland nach Deutschland. Das waren etwa fünfmal so viele wie 2007.
Mehr als jeder dritte (39 Prozent) Minderjährige kehrte nach der Betreuung wieder zu seinen Sorgeberechtigten zurück. Für ein knappes Drittel schlossen sich ambulante oder stationäre Hilfen an. In drei von vier Fällen war dies außerhalb der Familie etwa in einer Pflegefamilie, einem Heim oder einer betreuten Wohngemeinschaft. Bei 13 Prozent waren stationäre Hilfen notwendig, beispielsweise in einem Krankenhaus oder der Psychiatrie. Die anderen kamen entweder in ihre Pflegefamilie, ihr Heim oder eine stationäre Einrichtung zurück, aus der sie ausgebüxt waren oder wurden ins Ausland zurückgeschickt." (SZ 7.8.13)
Wenn mit dem Betreuungsgeld die Familie als zentraler Ort frühlindlicher Bindung und Erziehung unterstrichen werden soll, müssen die Familien dann auch zu nehmend befähigt werden, wenn sie der große Anteil an der Inobhutnahme sind. Sonst bekommen faktisch jene Recht, die "unfähige" Familien zugunsten einer totalen staatlichen Früherziehung entmündigen wollen. Was konkret tut die Bayerische Staatsregierung und das Familienministerium in Berlin gegen diese sehr bedenklichen Entwicklungen der "Überforderung von Familien"?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr Höfl,
sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Familie anlässlich der Inobhutnahme gefährdeter Kinder und Jugendlicher durch die Jugendämter in Deutschland.
Diesem Trend muss natürlich im Sinne der bestmöglichen Förderung von Kindern und Jugendlichen entgegengewirkt werden. Es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die notwendigen Kontrollinstrumentarien des Kinder- und Jugendhilferechts bei den Jugendämtern in den meisten Fällen funktionieren.
Aus meiner Sicht als Vorsitzender des Arbeitskreises für Soziales, Familie und Arbeit der CSU-Landtagsfraktion kann ich als notwendige Maßnahmen, um betroffenen Kindern und Familien zu helfen, nur auf folgende, von uns verfolgte Strategie verweisen:
- Stärkung der Familien durch gute Rahmenbedingungen, d. h. einen guten Familien-lastenausgleich (Elterngeld, Betreuungsgeld, Kindergeld und Kinderfreibeträge und familienfreundliche Arbeitsbedingungen für Mütter und Väter sowie im Freistaat Bayern das Landeserziehungsgeld)
- Preisgünstiger Wohnraum für Familien (auch in der Eigentumsbildung)
- Bedarfsgerechte und qualitativ gute Kinderbetreuungseinrichtungen sowohl für unter Dreijährige als auch altersübergreifende Einrichtungen
- Wesentliche Stärkung der niederschwelligen Konzepte der Eltern- und Familienbildung. Hierzu haben wir auf bayerischer Ebene ein Konzept entwickelt, wie in jeder kreisfreien Stadt und in jedem Landkreis die Angebote zur Elternstärkung und Elternbegleitung auch denen besser zugute kommen, die sie von sich aus nicht unmittelbar in Anspruch nehmen würden.
- Weitere Aufrechterhaltung der Koordinierten Kinderschutzstellen und der Vernetzung der familienbezogenen Beratung und Begleitung im Sinne einer weiteren Optimierung des Jugendschutzes
- Weiterentwicklung der Orte für Kinder und Familien hin zu Familienzentren, um auch Familien mit Problemen hier einen Raum zu geben.
Mit diesem punktuellen Gesamtkonzept, das aufgebaut worden ist und weiterzuentwickeln ist, wollen wir auch den von Ihnen beschriebenen Familien mit Kindern in besonderer Weise hilfreich zur Seite stehen.
Vielen Dank für Ihre Frage!
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Unterländer