Frage an Joachim Spatz von Markus N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Spatz,
Über das Unabhängige Zentrum für Datenschutz Schleswigholstein musste ich von dem Beschluss zur Fortentwicklung des Meldewesens (17/7746 und 17/10158) erfahren.
Über die grundsätzliche Notwendigkeit darf man geteilter Meinung sein.
Mich Interessiert hier vor allem Ihr Standpunkt zur Änderung des §44(3) von einer Zustimmungspflicht zu einer Widerspruchsoption.
Wenn ich mich richtig an Ihre Koalitionsvereinbarung erinnere hatten sie hier eine Stärkung des Datenschutzes der Bürgerinnen und Bürger festgeschrieben. Die Änderung des Innenausschusses in dem von mir angesprochenen Punkt widerspricht nun diametral diesem Ansinnen.
Wie stehen Sie persönlich zu diesem Gesetzentwurf und insbesondere zu den Datenschutzrechten der Bürgerinnen und Bürger?
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Neese
Sehr geehrter Herr Neese,
herzlichen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch zum Thema Meldewesen,
die ich Ihnen gerne beantworte.
Bei der Föderalismusreform wurde vereinbart, das Meldewesen in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes zu überführen. Mit der Schaffung des Bundesmeldegesetzes wird nunmehr von der neu geschaffenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes Gebrauch gemacht. Damit soll gewährleistet werden, dass einheitliche Standards bei den Melderegistern eingeführt und mithin in einer mobiler werdenden Gesellschaft Bürokratie abgebaut und zudem den Bedürfnissen der Informationsgesellschaft auch in der öffentlichen Verwaltung entsprochen werden.
Daher war Ziel des Gesetzgebungsverfahrens, das geltende Recht quasi auf einen Nenner zu bringen und in Bundesrecht zu überführen. Das neue Melderecht bildet daher das geltende Recht aus den derzeit bestehenden Landesmeldegesetzen ab. Unberührt bleibt zudem die Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes, welches selbstverständlich nach wie vor auf die Datenverarbeitung in den Meldebehörden umfassend Anwendung findet. Darauf werde ich später nochmal zurückkommen.
Die von Ihnen angesprochene Änderung des § 44 erklärt sich wie folgt: Es sollte erreicht werden, dass jeder Bürger bei der Anmeldung von seinem zuständigen Meldeamt darauf hingewiesen werden muss, dass er der Weitergabe seiner Daten - auch mit Wirkung für die Zukunft - widersprechen kann. Ein Widerspruch ist jederzeit, also auch nach der Anmeldung, noch möglich. Eine solche Widerspruchsmöglichkeit bestand bislang nur für Parteienwerbung. Die neue Regelung im Bundesmeldegesetz erweitert die Möglichkeit jedes Einzelnen, Herr seiner Daten zu bleiben. Durch die Pflicht zur Zweckangabe wird darüber hinaus die Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger gesteigert, da sie wie schon heute auch weiterhin selbstverständlich bei der Meldebehörde Auskunft darüber verlangen können, wie mit ihren Daten umgegangen wurde.
Ich bin der Meinung, dass durch die neue Regelung der Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger erhöht wurde. Denn: Die Nutzung der so erlangten Daten unterliegt selbstverständlich weiterhin dem Bundesdatenschutzgesetz. Damit besteht nach den Regeln des Bundesdatenschutzgesetzes ein Anspruch des Betroffenen, gegenüber einem Unternehmen Auskunft, Berichtigung und Löschung seiner Daten zu verlangen.
Das neue Melderecht ist kein Freibrief für Datenhandel oder Werbung. Vielmehr bietet es ein Plus an Transparenz und Datenschutz im Vergleich zum geltenden Recht. Raum für Befürchtungen, die Kommunen könnten durch den Verkauf von Melderegisterdaten künftig ein Geschäft zu Lasten des Datenschutzes machen, besteht nicht. Die Rechtslage wurde im Gegenteil dahingehend verbessert, dass das zusätzliche Widerspruchsrecht eingeführt wurde und damit die Weitergabe von Melderegisterdaten einschränkt wird. Darüber hinaus wurde dem Anspruch der christlich-liberalen Koalition zur Stärkung des Datenschutzes dahingehend Rechnung getragen, dass bei Melderegisterauskünften zum Zwecke von Werbung oder Adresshandel künftig der Zweck angegeben werden muss. Die Daten dürfen dann nur zu diesem Zweck verwendet werden, eine Zweckentfremdung ist bußgeldbewehrt.
Ich bewerte die durch den Gesetzesentwurf bzw. den Änderungsantrag der Koalition im Innenausschuss erreichten Verbesserungen als eine echte Fortentwicklung des Meldewesens. Ab 2014 gilt nun bundesweit ein neues einheitliches Melderecht. Bisher gab es ein Rahmengesetz des Bundes und 16 Landesmeldegesetze. Im neuen Bundesmeldegesetz werden - in Einklang mit dem Bundesdatenschutzgesetz - weiterhin hohe Datenschutzstandards eingehalten. Für die FDP-Bundestagsfraktion war dabei darüber hinaus wichtig, dass mit dem neuen Recht kein zentrales Melderegister geschaffen wird, wie es in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen worden war. Es wird weiter bei der dezentralen Speicherung in den zuständigen Meldebehörden bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Spatz