Frage an Joachim Spatz von Wolf Michael K. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Spatz,
in Ihrer Antwort vom 20.1.2010 bezogen auf die aktuelle Familienpolitik schreiben Sie: " ... Grundsätze liberaler Familienpolitik sind aber Wahlfreiheit des Lebensentwurfs, ... Ein liberaler Staat setzt daher zwar familien- und kinderfreundliche Rahmenbedingungen durch ..., die eine Entscheidung für Kinder durch eine echte Wahlfreiheit ermöglichen. ...".
Die gegenwärtige Familienpolitik hingegen benachteiligt Familien, die sich entscheiden, ihre Kinder zuhause zu erziehen, indem die Erziehungsleistung nicht in der Rentenberechnung in angemessener Höhe berücksichtigt wird, und Doppelverdiener werden gegenüber dem gerade genannten Modell durch Gewährung von Lohnersatzleistungen bevorzugt behandelt. Desweiteren werden Doppelverdiener mit kostenlosen Krippenplätzen versorgt, Alleinverdiener mit Vollzeitelternteil zu Hause gehen leer aus (Im Gegensatz beispielsweise zu Schweden, wo Wahlfreiheit bedeutet, daß Eltern, die sich entscheiden, Ihre Kinder zu Hause zu erziehen, den finanziellen Aufwand der Bereitstellung eines Krippenplatzes ausgezahlt bekommen).
Wie passt die von Ihnen zitierte "echte Wahlfreiheit" mit der Realität in Deutschland zusammen?
Mit freundlichen Grüßen aus Würzburg,
Wolf Michael Kröger
Sehr geehrter Herr Kröger,
eine gute Kinderbetreuung und frühe Förderung für alle Kinder gehören zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben in Deutschland. Damit junge Menschen ihren Wunsch nach Kindern auch verwirklichen können, sind bedarfsgerechte Betreuungsangebote, gute Qualität und Trägervielfalt zu gewährleisten. Dabei spielt die Kindertagespflege als besonders flexible und familiennahe Betreuungsform eine zentrale Rolle. Daher stehe ich auch voll hinter der Bereitstellung von Krippenplätzen für die Kinder jener Eltern, die sich entscheiden, nach der Geburt ihres Kindes wieder in die Erwerbstätigkeit einzusteigen.
Die von Ihnen parallel dazu ins Spiel gebrachte finanzielle Benachteiligung jener Eltern, die ihre Kinder lieber zu Hause erziehen, kann ich nicht nachvollziehen. Sie vergleichen an dieser Stelle zwei verschiedene Sachverhalte, die man nicht miteinander in Verbindung setzen kann. Bei dem einen (Elterngeld/Kindergeld) handelt es sich um eine finanzielle Unterstützung des Staates, bei dem anderen (Krippenplatz) um eine infrastrukturelle Unterstützungsleistung des Staates. Wenn sich die Eltern dafür entscheiden, die eine Leistung nicht in Anspruch zu nehmen, ergibt sich daraus keine Verpflichtung des Staates, die Eltern dafür finanziell zu entschädigen - zumal mit dieser Regelung meiner Ansicht nach eine Reihe von Fehlanreizen gesetzt würden.
Zu der von Ihnen bemängelten Anrechnung der Erziehungsleistung in der Rentenberechnung will ich grundsätzlich festhalten, dass die rentenrechtliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten mit Wirkung zum 31. Dezember 1991 von 12 auf 36 Monate erhöht wurde. Diese Monate wirken sich rentenbegründend und rentensteigernd wie Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Erwerbstätigkeit aus. Sie werden mit 100 Prozent des Durchschnittsentgeltes bewertet. Die Beiträge zahlt der Bund. Dementsprechend vermag ich nicht zu erkennen, inwiefern die „gegenwärtige Familienpolitik“ Familien benachteiligt, die sich entscheiden, ihre Kinder zuhause zu erziehen.
„Echte Wahlfreiheit“ bedeutet für mich nicht, dass der Staat für alle denkbaren Lebens- und Erziehungsmodelle die gleichen Unterstützungsleistungen zur Verfügung stellt. Selbstverständlich hat der Staat ein Interesse daran, dass junge Menschen, v.a. Frauen, nach der Geburt ihrer Kinder dem Arbeitsmarkt und damit auch der Solidargemeinschaft wieder zur Verfügung stehen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass junge Familien nicht auch dann unterstützt werden, wenn sie sich dafür entscheiden, ihre Kinder lieber zu Hause zu erziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Spatz MdB