Frage an Joachim Spatz von Gernot G. bezüglich Familie
Hallo Herr Spatz,
sie haben ebenso für die Durchsetzung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes gestimmt.
Da ich Unterhaltszahler bin werde ich, durch die Erhöhung des Kinderexistensminimums, nun eine Erhöhung der Düsseldorfer Tabelle um etwa 14% hinnehmen müssen.
Nun meine Frage: Warum wurden Konsequenzen der Änderung des Existenzminimums (wie z.B. die Erhöhung des Mindestunterhaltes) nicht berücksichtigt?
Oder, wenn es denn berücksichtigt wurde: Finden Sie es korrekt, dass ich nun von heute auf morgen 14% mehr Unterhalt zahlen muss, bzw. finden Sie es korrekt, dass alle Unterhaltszahler von heute auf morgen bis zu 14% mehr Unterhalt zahlen müssen?
Weitere Frage: Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass es durch diese Unterhaltserhöhung vermutlich allen Kindern besser gehen soll, die Kinder aus Zweitfamilien (sprich das Kind meiner neuen Ehefrau und mir) unter solchen Gesetzen jedoch leiden müssen.
Auf Ihre Argumentation bin ich sehr gespannt. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Gawlik,
herzlichen Dank für Ihre Fragen zum Anstieg der Kindesunterhaltssätze zum 1. Januar 2010 auf abgeordnetenwatch.de, die ich Ihnen gerne beantworte. Warum wurden Konsequenzen der Änderung des Existenzminimums (wie z.B. die Erhöhung des Mindestunterhaltes) nicht berücksichtigt? Für die FDP-Bundestagsfraktion nimmt das Wohl der Kinder in unserer Gesellschaft eine herausgehobene Stellung ein. In diesem Sinne müssen sich die getroffenen Maßnahmen im Bereich der Unterhaltszahlungen immer an dem Anspruch messen lassen, ob unseren Kindern in ausreichendem Maße Unterstützung erfahren, zum Wohle aller Kinder. Finden Sie es korrekt, dass ich nun von heute auf morgen 14% mehr Unterhalt zahlen muss, bzw. finden Sie es korrekt, dass alle Unterhaltszahler von heute auf morgen bis zu 14% mehr Unterhalt zahlen müssen?
Zu Recht weisen Sie darauf hin, dass sich durch die Erhöhung des Kinderfreibetrages auch der Unterhaltsanspruch von Kindern erhöht hat. Dies liegt an einer direkten Verknüpfung zwischen dem Kinderfreibetrag im Einkommenssteuergesetz (§ 36 Abs. 6 EStG) und dem Mindestunterhalt im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1612a BGB). Ein erhöhter Mindestunterhalt für das Kind bedeutet also auf der anderen Seite in der Regel zwangsläufig eine erhöhte Belastung des Unterhaltschuldners. Diese Auswirkung war dem Gesetzgeber bewusst und wurde als Entscheidung zum Wohle des Kindes getroffen, schließlich soll durch den Mindestunterhalt das Existenzminimum eines Kindes gesichert werden. Der Kinderfreibetrag bildet das Existenzminimum eines Kindes ab, daher halte ich die Entscheidung auch für korrekt.
Die FDP-Bundestagsfraktion wird noch im Februar eine Expertenanhörung zum Thema Mindestunterhalt durchführen und danach entscheiden, ob gesetzliche Korrekturen im Unterhaltsrecht durchgeführt werden müssen, insbesondere im Hinblick auf die von Ihnen angesprochene Koppelung des Mindestunterhalts an den Kinderfreibetrag. Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass es durch diese Unterhaltserhöhung vermutlich allen Kindern besser gehen soll, die Kinder aus Zweitfamilien (sprich das Kind meiner neuen Ehefrau und mir) unter solchen Gesetzen jedoch leiden müssen.
Seit der Reform des Unterhaltsrechts orientiert sich der Kindesunterhalt an dem einkommenssteuerrechtlichen Kinderfreibetrag. Dies ist wie bereits erwähnt in § 1612a BGB geregelt. Diese Koppelung des Kindesunterhalts an den Kinderfreibetrag hat zur Folge, dass zeitgleich mit der Erhöhung des Kinderfreibetrages der Kindesunterhalt steigt. Wie hoch der Kindesunterhalt im Einzelfall ist, ergibt sich aus der so genannten Düsseldorfer Tabelle, die allerdings kein vom Deutschen Bundestag verabschiedetes Gesetz darstellt, sondern vom Oberlandesgericht Düsseldorf in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag e.V. herausgegeben wird und auch Empfehlungen zur Höhe des Selbstbehaltes ausspricht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat nun zwar zum 1. Januar 2010 die Unterhaltstabelle an die neuen Kinderfreibeträge angepasst, aber nichts an den Empfehlungen zum Selbstbehalt der Unterhaltspflichtigen geändert. Es hat allerdings bereits angekündigt, die Düsseldorfer Tabelle im Sommer dieses Jahres überprüfen zu wollen. Es ist anzunehmen, dass in diesem Zusammenhang auch die Höhe des dem Unterhaltspflichtigen zustehenden Selbstbehalts auf dem Prüfstand stehen wird. Selbstverständlich sind aber auch schon jetzt weiterhin die Bedarfskontrollbeträge zu Gunsten des Unterhaltsschuldners zu beachten. Können nicht alle Unterhaltsgläubiger vom Unterhaltsschuldner ausreichend bedient werden, so liegt ein sog. Mangelfall vor, in dem das zur Verfügung stehende Einkommen aufgeteilt werden muss, wobei aber auch hier nach der Unterhaltsrechtsreform richtigerweise Kinder zu bevorzugen sind.
In einem wesentlichen Punkt wurde die Tabelle allerdings bereits jetzt geändert, der für Unterhaltspflichtige im Einzelfall zu einer Entlastung führen kann: Bislang ging die Düsseldorfer Tabelle von drei unterhaltsberechtigten Personen als Regelfall aus. Nunmehr gelten die in der Tabelle ausgewiesenen Bedarfssätze regelmäßig für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere oder höhere Einkommensgruppen angemessen sein. Im Einzelfall kann es deshalb empfehlenswert sein, den Unterhalt unter diesem Gesichtspunkt neu errechnen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Spatz MdB