Frage an Joachim Spatz von Ralf S. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Spatz,
eine momentan sehr öffentlichkeitspräsente (und populäre) Forderung der FDP ist die Aussetzung der allg. Wehrpflicht.
Dass die allg. Wehrpflicht eigentlich gar nicht mehr rechtlich legitimiert ist, zeigen erst jüngst wieder Urteile von Landesgerichten (veränderte sicherheitspolit. Lage der BRD; ungerechte Einberufungspraxis...). Das Bundesverfassungsgericht "drückt" sich um eine klare Aussage hierzu. Es dürfte auch längst klar sein, dass wir mit einer Freiwilligenarmee (finanziell, dem Auftrag gerecht; inhaltlich) viele Vorteile nutzen könnten - ohne das unverzichtbare System der inneren Führung und der Einbindung der Armee in die Bevölkerung aufzugeben.
Ich arbeite beruflich mit Zivis. Die aktuell bundesweit existierenden 110.000 Zivistellen sollten arbeitsmarktneutral sein - sind es häufig aber nicht. Die Notwendigkeit der Zivis in ihren Einsatzstellen (v.a. Pflege) darf nicht als Argument gegen die Aussetzung der Wehrpflicht gelten. Dennoch interessiert mich, wie Sie die Folgen eines Wehrpflichtausstiegs v.a. auf das Gesundheitssystem einschätzen? Wie kann ein dem Zivildienst ähnliches Freiwilligensystem ausgebaut (es gibt bundesweit z.B. mehr BewerberInnen auf ein FSJ als es Einsatzstellen gibt!) werden? Wie können die durch den wegfallenden Zivildienst entstehenden Personallücken im Pflegebereich geschlossen und auch finanziert werden?
Ich freue mich auf Ihre Einschätzung und eine Rückmeldung hierzu.
Sehr geehrter Herr Sauer,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Themenkomplex Wehrpflicht/Zivildienst, die ich Ihnen sehr gerne beantworte.
Die FDP ist der festen Überzeugung, dass die Allgemeine Wehrpflicht so schnell wie möglich ausgesetzt werden muss. Zum einen, weil sie sicherheitspolitisch nicht mehr zu begründen ist, da Grundwehrdienstleistende für den Hauptauftrag der Bundeswehr - der Teilnahme an internationalen Einsätzen zur Friedenssicherung - nicht eingesetzt werden können. Zum anderen, hat die Wehr- und Dienstleistungsgerechtigkeit, vor allem durch die letzte Reformentscheidung, dramatisch abgenommen. So werden gegenwärtig nur noch rund 17 Prozent der jungen Männer zur Ableistung ihres Grundwehrdienstes einberufen. Etwa die gleiche Anzahl wird aufgrund der Kriegsdienstverweigerung zum Zivildienst einberufen. Dies bedeutet, dass lediglich nur gut ein Drittel der jungen Männer ihren Pflichtdienst ableisten müssen. Zwei Drittel werden hingegen nicht herangezogen. Ungerechter kann ein System kaum sein.
Die FDP ist daher für die Aussetzung der Wehrpflicht. Dies bedeutet gleichzeitig auch das Aus für den Zivildienst. Nichtsdestotrotz muss das Niveau der sozialen Leistungen, das derzeit von Zivildienstleistenden erbracht wird, aufrechterhalten erhalten bleiben. Dafür ist es notwendig, die Strukturen der Sozialdienste bereits heute an die Zeit ohne Zivildienst anzupassen. Sowohl die Dauer von Wehr- und Zivildienst als auch die Zahl der Einberufungen ging im letzten Jahrzehnt kontinuierlich zurück. Damit sank die Zahl von verfügbaren Arbeitsstunden der Zivildienstleistenden bereits erheblich, so dass bereits heute Handlungsbedarf besteht. Die FDP will deshalb vorhandene Potentiale für ehrenamtliches Engagement besser erschließen und z.B. mehr Plätze bei den Jugendfreiwilligendiensten (FSJ) schaffen. Gleichzeitig müssen mehr reguläre Erwerbsstellen bei den heutigen Beschäftigungsstellen des Zivildienstes eingerichtet werden. Hierfür will die FDP für einen begrenzten Zeitraum Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt gewähren, d.h. die Haushaltsmittel für den Zivildienst sollen für gezielte Beschäftigungsförderung im Sozialbereich und zum Ausbau des bürgerschaftlichen Engagements verwendet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Spatz