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Joachim Lohse
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Frage von Marion S. •

Frage an Joachim Lohse von Marion S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Lohse,

könnten Sie mir wohl erklären, warum der Parzellenstreifen am Fellendsweg/Werdersee, auf dem sich auch meine Parzelle befindet, eingeebnet werden soll, um dort die "Gartenstadt Werdersee" zu erbauen?? Es ist eine grüne Oase mitten in der Stadt. Ich teile meine Parzelle u.a. mit einem Kauzpärchen, das jeden Abend kommt, mit Kröten, Libellen, einem Fasan, vielen Singvögeln und den Hummeln, die ihr Nest dort errichtet haben. Als langjährige "Grün-Wählerin" ist mir unerklärlich, wie ich dieses städtebauliche Vorhaben mit verantwortungsvoller "grüner" Politik in Einklang bringen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre M. S.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Bremen ist eine wieder wachsende Stadt. Bemerkbar macht sich dies auch an einem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt. Angesichts steigender Mieten und Immobilienpreise sowie zunehmender Probleme der Wohnungssuchenden brauchen wir mehr – und vor allem mehr bezahlbare – Wohnungen. Mit Blick auf gesellschaftliche Trends, die demografische Entwicklung und die Struktur der Wohnungsbestände haben wir uns vorgenommen, 14.000 zusätzliche Wohnungen bis zum Jahr 2020 (im Vergleich zum Basisjahr 2009) zu schaffen. Dieses Ziel wurde im Jahr 2011 im Koalitionsvertrag festgeschrieben und bildet seitdem einen Schwerpunkt in der Arbeit des Bremer Senats. Aktuelle Wohnungsmarktprognosen bestätigen diese Größenordnung.

Die Erfüllung dieser Ziele im Wohnungsbau erfolgt ganz bewusst auf dem Wege der Innenentwicklung, d.h. innerhalb des bereits erschlossenen und bebauten Siedlungsraums. Damit wenden wir uns ganz bewusst gegen eine weitere Ausdehnung der Bebauung Bremens in der Fläche: wir wollen keine weitere Versiegelung im Feuchtgrünlandring, und wir werden auch nicht in Überflutungsräumen wie der Wümme- oder der Ochtumniederung bauen – genau hierin zeigt sich meines Erachtens verantwortungsvolle und ressourcenschonende Grüne Politik.

Auch dem erst vor kurzem von der Bremischen Bürgerschaft verabschiedeten Flächennutzungsplan liegt der Gedanke einer konsequenten Innenentwicklung – und damit ein Stopp der Versiegelung im Außenbereich – zugrunde. Dies bringt zugleich den Vorteil mit sich, dass vorhandene Infrastruktur wie Leitungen, Straßen, Wege und ÖPNV-Linien effektiver als bisher genutzt werden können. Dieser Paradigmenwechsel macht sich natürlich bemerkbar, denn Planung und Entwicklung integrierter Standorte im Kontext der „Inneren Stadt“ werden durch eine diskursfreudige Stadtgesellschaft begleitet, die sich in bisher nicht gekanntem Maße in verschiedenen Beteiligungsformaten einbringt, was ich ausdrücklich begrüße. Allerdings erfordern Stadtentwicklung und Städtebau dadurch besondere Kraftanstrengungen aller Beteiligten und sehr sorgfältige Planungsprozesse.

Mein Ressort hat das gesamte Stadtgebiet im Hinblick auf Flächen untersucht, die für den Wohnungsbau besonders geeignet sind und vorrangig entwickelt werden sollen. Eine Übersicht über die mehr als 30 Wohnbauflächen finden Sie über folgenden Link: http://www.wohnbauflaechen30plus.de/assets/Uploads/wohnungsbauflaechen-30-plus-.pdf .

Alle dort dargestellten Standorte werden benötigt, um die angestrebten Stückzahlen an Neubauwohnungen realisieren zu können.

Eine dieser Flächen ist die „Gartenstadt Werdersee“, die nach gründlicher Abwägung von der Deputation für Umwelt, Bau und Verkehr, Stadtentwicklung und Energie als Standort für den Wohnungsbau politisch beschlossen wurde. Die dort vorgesehene Bebauung findet in einem Umfeld statt, das u.a. durch die Nähe des Werdersees mit hochwertigen Grün- und Freiflächen überdurchschnittlich gut versorgt ist. Auch wird die Baudichte deutlich geringer ausfallen als in der benachbarten Siedlung am Fellendsweg, und sie wird von einer hochwertigen Grün- und Freiflächenentwicklung begleitet werden, so dass dort auch zukünftig Singvögel und andere Tierarten ihren Lebensraum finden werden.

Bei der von Ihnen genutzten Fläche handelt es sich laut Pachtvertrag um Grabeland, d.h. – anders als bei Kleingärten – um Brachflächen, die als eine Art Zwischennutzung mit besonders kurzen Kündigungsfristen verpachtet werden, bis sie ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden. Für Ihr Missfallen gegenüber der Tatsache, dass mit dem jetzt geplanten Wohnbauvorhaben der Verlust Ihres Grabelandes verbunden ist, habe ich Verständnis. Gleichwohl hoffe ich, dass Sie – auch mit Blick auf die vielen Wohnungssuchenden hier in Bremen – die Entscheidung dennoch akzeptieren können, und ich wünsche Ihnen, dass Sie alsbald eine geeignete Parzelle in einem der umliegenden Kleingartengebiete finden können.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Lohse