Frage an Joachim Lohse von Arndt O. bezüglich Verkehr
Guten Tag, warum legen Sie als "Zugereister" so viel Wert darauf das Fahrrad in Bremen zu pushen, obwohl Ihnen von allen Seiten - inkl. der der Fahrradfahrer - bei Ihren Entscheidungen so der Wind entgegen kommt?
Bremen lebt vom Verkehr (Hafen, Bahn etc). Warum stellen Sie sich so dagegen?
Guten Tag Herr Overbeck,
für die Förderung des Radverkehrs setze ich mich deshalb so konsequent ein, weil diese Verkehrsart über Jahrzehnte von der Stadt- und Verkehrsplanung vernachlässigt worden ist. Dabei wird das Fahrrad von 25% der Bremerinnen und Bremer für die täglichen Wege zur Arbeit, zum Einkaufen und zur Freizeit genutzt. Das seit ca. 1960 vorherrschende Leitbild der „autogerechten Stadt“ hat dazu geführt, dass den rollenden (und auch den parkenden!) Autos sehr viel von unserem knappen Straßenraum gewidmet wurde. Dies ging zu Lasten von Radfahrenden und Zu-Fuß-Gehenden, die also erheblichen Nachholbedarf haben. Deshalb richten wir konsequent Fahrradstraßen und neue, zeitgemäße Radwege ein. Auch erleichtern wir die Querung von Kreuzungen und großen Straßen, z.B. durch direkte Wegeführung wie am Breitenweg /Herdentorsteinweg, aber auch durch Zebrastreifen und Querungshilfen für Fußgänger, so auch die Fußgängerampel über die Richard-Boljahn-Allee bei der Berliner Freiheit.
Radfahren und Zu-Fuß-Gehen ist nicht nur gut für die Gesundheit, sondern auch für saubere Luft, für den Schutz des Klimas und für die Lebensqualität in der Stadt. Einer aktuellen Umfrage des Umweltbundesamtes zufolge wünschen sich 82% der Befragten, dass die Städte sich vermehrt kurzen Fußwegen, Fahrrad- und öffentlichem Nahverkehr zuwenden. Genau diesen Weg verfolgen wir hier in Bremen.
Ich bin davon überzeugt, dass dies auch im Interesse unserer Bremischen Wirtschaft ist: die Unternehmen befinden sich in einem zunehmenden Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte, und da spielen die sog. „weichen Standortfaktoren“ wie die Qualität des öffentlichen Raumes, saubere Luft, und Ruhe vor Verkehrslärm eine immer größere Rolle. Stetig steigende Tourismuszahlen bestätigen die große Attraktivität, die Bremen hier hat.
Diese Verkehrspolitik geht im Übrigen nicht zu Lasten des Autoverkehrs: je mehr Menschen den Umweltverbund aus ÖPNV, Radverkehr und bei Bedarf auch Car Sharing nutzen, desto mehr Platz haben die verbleibenden Autos. Das bedeutet: kürzere Autokolonnen auch in der Hauptverkehrszeit, und erleichterte Parkplatzsuche in der Innenstadt. Jahr für Jahr bestätigt die Statistik, dass Bremen im Vergleich zu anderen Großstädten mit die kürzesten Fahrzeiten und die geringsten Zeitverluste durch Staus hat. Zur weiteren Verbesserung, besonders auch für die Hafen- und Logistikunternehmen, bringen wir den Bau der A281 mit Hochdruck voran: im September 2014 haben wir den dritten Bauabschnitt (hinter dem GVZ) dem Verkehr übergeben, und ab April 2015 werden wir die Planfeststellungsunterlagen für den Abschnitt 2/2 beim Flughafen öffentlich auslegen.
Die Pläne für die weitere Verkehrsentwicklung sind in unserem aktuellen „Verkehrsentwicklungsplan 2025“ beschrieben, den wir im Einvernehmen nicht nur mit dem BUND und dem ADFC, sondern auch der Bremer Handelskammer und dem ADAC erarbeitet haben und den die Bremische Bürgerschaft – übrigens mit den Stimmen auch der CDU-Opposition! – beschlossen hat. Die EU-Kommission schätzt den Bremer „Verkehrsentwicklungsplan 2025“ als europaweit vorbildlich ein, wofür uns die EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc im März den diesjährigen „SUMP-Award“ für nachhaltige Verkehrsplanung in Städten verliehen hat."
Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Lohse