Wann haben Sie erstmals erfahren dass eine zweimalige Impfung keine Vollimmunisierung bedeutet? Wie oft gehen Sie davon aus, dass Menschen zukünftig bei einer Impflicht jährlich geimpft werden müssen?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 4. Dezember 2021, in der Sie sich erkundigen, wie häufig künftig Corona-Impfungen notwendig sein werden.
Seit mehr als eineinhalb Jahren fordern uns die Coronavirus-Pandemie und die mit ihrer Bekämpfung verbundenen Maßnahmen heraus. Fest steht: Die Pandemie ist noch nicht vorbei, im Gegenteil. Fest steht aber auch: Impfen wirkt! Wir haben es dem Erfolg des Impfens zu verdanken, dass in den letzten Monaten das gesellschaftliche Leben in fast altbewährter Form zurückkehren konnte.
Wenn eine Person mit zwei Impfstoffdosen der in der EU zugelassenen COVID-19 Impfstoffe von BioNTech, Moderna und AstraZeneca oder mit einer Impfdosis des Impfstoffs von Johnson & Johnson geimpft wird, verfügt sie grundsätzlich über einen vollständigen Impfschutz gegen COVID-19. Im Jahr 2021 wiesen aber erste Studienergebnisse darauf hin, dass es bei bestimmten Personengruppen vermehrt zu einer reduzierten oder schnell nachlassenden Immunantwort nach einer vollständigen COVID-19-Impfung kommen kann. Dies gelte insbesondere für die Gruppe relevant immungeschwächter Patientinnen und Patienten sowie für Hochbetagte und Pflegebedürftige. In der Gesundheitsministerkonferenz am 2. August 2021 wurde deshalb erstmals über Auffrischungsimpfungen beraten und der Beschluss gefasst, bestimmten Personengruppen Auffrischungsimpfungen anzubieten. Dieses Angebot wurde mit Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 5. November 2021 auf alle Personen erweitert. Aufgrund der nachlassenden Immunantwort der COVID-19-Impfstoffe wird derzeit auch diskutiert, die Geltungsdauer der digitalen Impfzertifikate auf neun Monate zu verkürzen.
Momentan empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) allen Personen ab einem Alter von 18 Jahren eine COVID-19-Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff. Generell gilt, dass gerade jüngere und gesunde Personen auch 6 Monate nach der Grundimmunisierung noch einen sehr guten Impfschutz vor einer schwerwiegenden Verlaufsform von COVID-19 haben. Allerdings nimmt der Schutz vor einer Infektion (deutlich) über die Zeit ab. Zudem lässt die Auffrischimpfung einen längerfristigen robusten Impfschutz erwarten. Die Motivation in der aktuellen Situation auch jüngeren und gesunden Personen bereits nach 6 Monaten eine Auffrischimpfung zu empfehlen, besteht also neben der Aufrechterhaltung des Individualschutzes darin, die Übertragung von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren, um Infektionswellen abzuschwächen. Ein guter Individualschutz und eine reduzierte Übertragung tragen dazu bei, schwere Erkrankungs- und Todesfälle zu verhindern. Somit entlasten Auffrischimpfungen mittelfristig das Gesundheitssystem in Deutschland und sind insbesondere mit Blick auf mögliche nachfolgende Infektionswellen besonders wichtig.
Ob und, wenn ja, für wen, in Zukunft weitere Auffrischungsimpfungen nötig sein werden, ist noch nicht bekannt. Hierzu fehlen noch wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Schutzwirkung nach drei Impfstoffdosen über einen langen Zeitraum untersuchen. Zudem vermag kein Mensch vorherzusagen, ob, und wenn ja, wann sich neue Varianten des Corona-Virus entwickeln werden, die sich so grundlegend von dem Virustyp unterscheiden auf die aktuellen Vakzine zugeschnitten sind, dass es neu designter Impfstoffe bedarf. Solche Möglichkeiten liegen in der Natur der Sache und sind deshalb auch nicht Ausdruck einer schlechten Impfstoffqualität o.ä.. Derlei Nachjustierungsbedarf, den wir von den jährlichen Grippeschutzimpfungen kennen, kann also entstehen, muss aber nicht. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite des Robert Koch Instituts.
Sehr geehrte Frau S., die Impfungen, jetzt auch verstärkt die sogenannten „Boosterimpfungen“, sind weiterhin die sicherste und effektivste Methode, um eine Infektion oder einen schweren Verlauf einer Infektion zu vermeiden. Ich appelliere daher an jede und jeden, sich impfen zu lassen im eigenen Interesse und im Interesse aller Mitmenschen. Nur so kann es uns in Kombination mit weiteren Beschränkungen gelingen, die vierte Welle zu brechen und wieder zu mehr Normalität zu gelangen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen die Situation erläutern konnte und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute und stabile Gesundheit!
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL