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Joachim Herrmann
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Frage von Horst H. •

Frage an Joachim Herrmann von Horst H. bezüglich Verkehr

Hallo,
Warum setzen sie sich nicht für ein Tempolimit von 120 oder 130 km/h auf Autobahnen ein? Damit ist ein wesentlich entspannteres Fahren mit unbestritten weniger Toten und es hilft auch etwas der Umwelt.
Fast alle Länder haben ein Tempolimit, teilweise schon länger mit sehr positiven Erfahrungen. Machen denn alle diese Länder etwas falsch??? Oder sind alle anderen nur „doof“ ???
Mit freundlichen Grüßen
Horst Heuschneider
82223 Eichenau

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Heuschneider,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29. Juli 2021. Sie thematisieren darin eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf deutschen Autobahnen. Hierzu darf ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Zum 01.01.2021 trat eine bundesweite Verwaltungsreform in Kraft, bei der die Zuständigkeit der Länder für Bundesautobahnen an den Bund zurückgeführt wurde. Die bis dahin vorhandenen Zuständigkeiten der Länder werden nun – je nach Thema – vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, vom Fernstraßenbundesamt oder der Autobahn GmbH des Bundes wahrgenommen. Mit Ihrer Fragestellung wäre nun das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Verordnungsgeber anzusprechen. Da eine eventuelle Gesetzesänderung aber auch der Zustimmung des Bundesrats bedarf, möchte ich hierzu gerne Stellung nehmen.

Die Diskussion um ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird seit Jahren immer wieder mit unterschiedlichsten Vorzeichen geführt. Zuletzt hat sich das Plenum des Bundesrats im Zusammenhang mit der StVO-Novelle und vor dem Hintergrund der Luftreinhaltung und der Lärmminderung am 14. Februar 2020 mit der Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung und Tempo 130 befasst.

Nach Maßgabe des Straßenverkehrsrechts gilt auf Autobahnen in Deutschland für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gewicht bis 3,5 t derzeit kein allgemeines Tempolimit. Das Straßenverkehrsrecht sieht für sie als Empfehlung lediglich eine Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 km/h vor. Für Lkw gilt ohnehin ein generelles Tempolimit von 80 km/h, für Omnibusse und Wohnmobile gelten max. 100 km/h. Diese bundesgesetzliche Konzeption zur Geschwindigkeitsregelung auf den Autobahnen hat sich in einer Gesamtschau aller Belange bewährt. Die Autobahnen in Deutschland sind, obwohl sie hohe Verkehrsmengen zu bewältigen haben, im Vergleich mit den deutschen Landstraßen und den Autobahnen in Europa, mit die sichersten Straßen. Die Gründe hierfür sind insbesondere der Ausbauzustand mit baulich getrennten Richtungsfahrbahnen, höhenfreie Anschlussstellen, besonders breite Fahrstreifen, die punktuelle Ausrüstung mit modernen Verkehrsbeeinflussungsanlagen sowie die an besonders kritischen Abschnitten vorhandenen Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverbote für Lkw.

Nach der derzeitigen Rechtslagen können individuelle verkehrsrechtliche Anordnungen nur unter sehr eng begrenzten Voraussetzungen angeordnet werden (§ 45 Abs. 9 Straßenverkehrs-Ordnung – StVO). Daher können Geschwindigkeitsbeschränkungen nur dann angeordnet werden, wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs eingeschränkt ist. Für die Beurteilung werden insbesondere die Verkehrsunfälle herangezogen und von einem Expertengremium, der Unfallkommission, bewertet. Streckenverbote wie eine Geschwindigkeitsbeschränkung können auch zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen angeordnet werden (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO). Auch insoweit ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Auf den Bundesfernstraßen, insbesondere auf Autobahnen, hat das Interesse des fließenden Verkehrs besonderes Gewicht, weil diese Straßen ihre Aufgabe, dichten Verkehr, auch über längere Entfernungen, zügig zu ermöglichen und das übrige Straßennetz zu entlasten, nur erfüllen können, wenn möglichst wenige Beschränkungen vorhanden sind.
Die Autobahnen im Freistaat Bayern machen derzeit ca. 1,9 % des Straßennetzes aus und umfassen ca. 4.600 km Richtungsfahrbahnen. Davon sind bereits heute auf ca. 930 km dauernde oder zeitweise Geschwindigkeitsbeschränkungen mittels Blechschilder ausgeschildert. Auf weiteren ca. 500 km werden Streckenbeeinflussungsanlagen mit Wechselverkehrszeichen betrieben. Damit unterliegen bereits heute ca. 30 % der Autobahnen besonderen Geschwindigkeitsregelungen. Alleine an diesem Beispiel können Sie sehen, dass bereits eine Vielzahl von verkehrsrechtlichen Maßnahmen ergriffen wurden und nach der Bewertung einzelner kritischer Bereiche auch noch folgen werden.

Sehr geehrter Herr Heuschneider, ich möchte mich für Ihr Engagement für die Sicherheit im Straßenverkehr bedanken und Ihnen versichern, dass es uns ein großes Anliegen ist, die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer auf bayerischen Straßen weiter zu erhöhen.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL

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