Frage an Joachim Herrmann von Peter N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Herrmann,
in Bezug auf Ihre Antwort hier: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/joachim-herrmann/fragen-antworten/571003
Sie nennen dort eine IFT Studie und schreiben:
"In ihr deutet sich an ..."
...dass es zu einer Reduzierung des Cannabiskonsums kommt, wenn ein Ermittlungsverfahren subjektiv als "Warnschuss" erlebt wurde.
Und: "Von den befragten *ehemaligen* Konsumentinnen und Konsumenten gab ein substantieller Teil als Grund für die Abstinenz an, keine Schwierigkeiten mit dem Gesetz bekommen zu wollen."
Können Sie mir sagen wo das genau steht dass die Androhung von Strafverfolgung eine signifikante (!) Zahl an Abschreckung hervorbringt?
Nun ich habe mal recherchiert. Ich habe die komplette Studie(IFT 2018, bzw. nirgendwo gefunden. Leider. Aber diverse Auszüge. Und da stand sinngemäß: "Es kann nicht gesagt werden ob Strafverfolgung was bringt oder nicht"
Dafür fand ich aber etwas in der IFT 98:
Das Verbot spielt beim Entschluss, den Cannabiskonsum einzustellen so gut wie keine Rolle. Laut der Repräsentativumfrage des Instituts für Therapieforschung (Kraus/Bauernfeind 1997) gaben von den befragten ehemaligen Cannbiskonsumenten folgender Prozentsatz als Grund an warum sie aufgehört haben: (IFT98)
"Angst vor Bestrafung": 2,8 Prozent
Und da geht es auch nicht um diejenigen die nicht mit Drogen angefangen, sondern aufgehört haben.
Also meine Frage jetzt: Welche Belege haben Sie und wo genau (Studie (möglichst unabhängig), Name, Seite) steht, dass Abschreckung wirkt. Weil 3% - das würde ich nicht gerade als Effizient oder Erfolg bezeichnen. Also woher nehmen Sie die Gewissheit das die Strafverfolgung, effizient (!), abschreckt?
Und wie passt das zu immer mehr Konsumentenzahlen und Delikten? Zahlen hatte ich an in meiner ersten Anfrage genannt. Das zeigt doch das Strafandrohung offenbar *nicht* wirkt.
Sehr geehrter Herr Nuding,
Ihre weitere Nachricht im Kontext der Legalisierung von Cannabis habe ich erhalten. Ich darf Ihnen hierzu Folgendes mitteilen:
Die Studie „Retrospektive Kohortenstudie zu den Auswirkungen von cannabisbezogenen Ermittlungsverfahren und Präventionsmaßnahmen“ wurde von dem Forscherteam des IFT-Nord (Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung) in mehreren Peer-reviewed Journals wissenschaftlich publiziert. Die Ergebnisse der Studie zu dem Thema „Ermittlungsverfahren“ wurden ausführlich in dem Zeitschriftenartikel „Prädiktoren und Auswirkungen von Ermittlungsverfahren wegen Cannabis“ in der Fachzeitschrift „Das Gesundheitswesen“ (Hanewinkel R et al., online 2020) veröffentlicht, der kostenpflichtig beziehbar ist.
An der retrospektiven Kohortenstudie nahmen demnach 10.432 Personen zwischen 15 und 46 Jahren teil. Die Rekrutierung erfolgte im Jahr 2018 über soziale Medien. 88,6 % hatten jemals in Ihrem Leben Cannabis konsumiert. Von den Befragten, die niemals bzw. ehemals konsumierten, gaben 63,4 bzw. 44,8 % als Grund für die Abstinenz an, keine Schwierigkeiten mit dem Gesetz bekommen zu wollen. Damit war die aktuelle Gesetzeslage für Personen relevant, die kein Cannabis konsumieren, d.h. die Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes waren sowohl für Nie- als auch für ehemalige Konsumenten ein Grund, Cannabis nicht bzw. nicht mehr zu konsumieren.
Insgesamt stellt die Beschränkung der Verfügbarkeit von suchterzeugenden Substanzen durch gesetzgeberische Maßnahmen ein bewährtes Mittel zur Eindämmung des Konsums dar. Wichtig sind zudem auch universelle Präventions- und Hilfemaßnahmen, vor allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sowie indizierte bzw. selektive Prävention für Menschen mit einem überdurchschnittlichen Risiko zu konsumieren.
Derartige wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen mich in meiner Haltung, die Legalisierung von Cannabis konsequent abzulehnen. Im Übrigen darf ich Sie auf meine umfangreichen Antworten zu ähnlichen Fragestellungen, welche mir hier über das Portal abgeordnetenwatch.de gestellt wurden, verweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann