Frage an Joachim Herrmann von Robert M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Herrmann,
können sie bitte, aufgrund des Vorfalles in Würzburg, https://twitter.com/matwannilar/status/1361466196156104704?s=21, (Twitter Link, Geschädigte Person schildert den Hergang und das Verhalten der Polizei Unterfranken, bei der Gegendemonstration gegen Covidleugner. Die geschädigte Person ist Cannabis Patient und nahm dort ihre Medizin zu sich. Die Person konnte sich ausweisen und hatte als Legitimation drei Cannabis Rezepte und zwei Cannabisausweise bei sich. Auch bot sie an, die Polizei könne sich bei der Apotheke rückversichern.)
mitteilen, welche Papiere bzw. Unterlagen ein Cannabis Patient bei sich tragen muß, um solche Übergriffe und Misshandlungen zu vermeiden?
Wie gedenken sie der Polizei zu vermitteln, dass Cannabis seit 2017 als Medizin zugelassen ist UND seit Dez. 2020 die UN bestätigte, dass es sich um eine Heilpflanze handelt!
Mit freundlichen Grüßen ihre Antwort erwartend
R. M.
Sehr geehrter Herr Meyer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 17. Februar 2021. Zu der von Ihnen angesprochenen Kontrolle kann ich Ihnen gegenüber, sowohl aus Gründen des Datenschutzes als auch aufgrund der Tatsache, dass Ermittlungsverfahren anhängig sind, keine Stellung beziehen. Insoweit bitte ich Sie um Ihr Verständnis. Ich werde Ihnen im Folgenden gerne allgemein zu Ihren Fragen antworten:
Zutreffend führen Sie aus, dass Cannabis als Arzneimittel verordnet werden kann. Mit dem Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften, das am 10. März 2017 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln erweitert. Bei allen Cannabisarzneimitteln handelt es sich grundsätzlich um Betäubungsmittel der Anlage III zu § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes. Durch die Polizei ist folglich grundsätzlich immer zu prüfen, ob eine entsprechende medizinische Verordnung vorliegt oder der Besitz dieses Betäubungsmittels einen Verstoß gegen die geltende Rechtslage ist.
Bei entsprechenden polizeilichen Kontrollen ist der rechtmäßige Besitz von medizinischem Cannabis grundsätzlich durch den Kontrollierten glaubhaft zu machen. Dies kann beispielsweise durch die Kopie eines aktuellen Betäubungsmittelsrezepts erfolgen. Der Nachweiswert dieses Dokuments steigt, sofern diese Kopie durch den Stempel und eine Unterschrift der abgebenden Apotheke versehen ist. Ein Verordnungsnachweis in Form eines Ausweises wurde in Deutschland durch den Bundesgesetzgeber nicht vorgesehen.
Ferner orientieren sich die polizeilichen Maßnahmen am jeweiligen Einzelfall. Sollten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Besitzes bestehen, wird polizeilicherseits in einem ersten Schritt versucht, diese durch weitere Abklärungsmaßnahmen auszuräumen. Sofern dies nicht gelingt, müssen weitere polizeiliche (Überprüfungs-)Maßnahmen folgen, die bis zur (temporären) Sicherstellung des Cannabis reichen können.
Abschließend darf ich Ihnen meine Haltung zu Cannabis im Generellen darlegen. Es handelt sich bei Cannabis keinesfalls um eine ungefährliche Droge oder eine harmlose Substanz, zumal sich der Wirkstoffgehalt von Cannabis in den letzten Jahren mehr als verdoppelt hat. Unter anderem deshalb sind die gesundheitlichen Folgen und die erhöhte Suchtgefahr auch sehr problematisch. Beim Gebrauch pflanzlicher Cannabinoide bestehen unterschiedlich ausgeprägte Risiken für körperliche Erkrankungen (z. B. Herz-Kreislauf-Beschwerden), kognitive Störungen (z. B. Einschränkungen in Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit, Psychomotorik), Abhängigkeitsentwicklung, psychische Störungen (z. B. Psychosen) und psychosoziale Folgen (z. B. verminderte Bildungschancen). Als besondere Risikofaktoren für die Entwicklung eines riskanten oder abhängigen Konsums sind unter anderem ein früher Konsumbeginn in der Adoleszenz, intensive Gebrauchsmuster und instabile familiäre Beziehungen bekannt.
Der Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung von 2019 spricht von 18.710 Menschen in Deutschland, die aufgrund von psychischen oder Verhaltensstörungen aufgrund von Cannabinoiden vollstationär in Kliniken behandelt werden mussten (abrufbar unter https://www.drogenbeauftragte.de/service/publikationen/).
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch Ihren Blick in die USA lenken, wo seit der Legalisierung von Cannabis in Colorado im Jahr 2013 die Zahl der Besuche von ärztlichen Nothilfeeinrichtungen aufgrund der Wirkung des Cannabiskonsums im Zeitraum bis 2017 angestiegen ist. Zudem kam es in demselben Zeitraum auch zu einer deutlichen Steigerung der Zahl der stationären Aufenthalte in Kliniken aufgrund des Cannabiskonsums. Auch diese Informationen aus den USA belegen meiner Meinung nach deutlich, welches Gefahrenpotential in Cannabis steckt - gerade auch für junge Leute. Für weiterführende, umfassende diesbezügliche Informationen darf ich Sie z. B. auf die Website www.rmhidta.org hinweisen.
Ich trete daher entschieden und konsequent einer Verharmlosung von Cannabis entgegen. Allerdings möchte ich betonen, dass davon unberührt selbstverständlich die Möglichkeit bleibt, Cannabis bei einer vorliegenden schwerwiegenden Erkrankung unter bestimmten Voraussetzungen als Arzneimittel haus- und fachärztlich zu verordnen und verordnet zu bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL